Italien: Die Wahlsieger*innen stehen Rechtsaußen

06.03.2018, Lesezeit 5 Min.
Gastbeitrag

Italien hat gewählt – und zwar rechts. Die 5-Sterne-Bewegung und die rassistische Lega sind die Gewinner*innen. Die linken Parteien schnitten hingegen schwach ab. Sowohl Silvio Berlusconi als auch Mateo Renzi scheiterten beide beim Comeback-Versuch.

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Luigi Di Maio strahlt in die Kamera. Seine Partei Movimento 5 Stelle (M5S) ist die stärkste bei dieser Wahl und erreichte 32,7 Prozent der Stimmen. Das rechte Bündnis um Berlusconi und die Lega hat zwar zusammen mehr Stimmen bekommen, ist aber zu schwach, um zu regieren. Um Di Maio wird bei der Regierungsbildung kein Weg herumführen – auch durch das miserable abschneiden der Sozialdemokratie, die auf nur 18,7 Prozent kamen. Alleine wird er jedoch nicht regieren können, er braucht Koalitionspartner. Di Maio sagte noch am Wahlabend: „Wir sind eine politische Kraft, die das ganze Land repräsentiert. Wir vertreten den gesamten Stiefel.“

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Ein Blick auf die Wahlkarte verrät, dass M5S eine Partei des Süden ist. Im Großraum Neapel haben sie die absolute Mehrheit eingeholt. In jeder der Regionen Süditaliens und den beiden großen Inseln Sizilien und Sardinien hat die Partei über 40 Prozent der Stimmen erhalten. In den Regionen Mittelitaliens sind es immer noch zwischen 30 und 40 Prozent. Zum Norden nimmt der Stimmanteil ab und sinkt nur in Südtirol unter 20 Prozent. Eine Übersicht der Wahlergebnisse gibt es auf La Repubblica.

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Di Maio als Ministerpräsident?

Bei seiner Pressekonferenz nach der Wahl gibt sich Di Maio staatstragend. Man biete allen anderen Parteien Gespräche an. Salvini von der Lega hat bereits abgesagt. Matteo Renzi, der mit seiner Partito Democratico (PD) ein unerwartet schlechtes Ergebnis bekam, wird nach der Regierungsbildung zurücktreten und empfahl seiner Partei den Weg in die Opposition.

Eine Regierung aus M5S und PD trotzdem bleibt eine Option. Eine Koalition nach rechts mit der Forza Italia (FI) von Silvio Berlusconi ist auch möglich. M5S ist durchaus flexibel, was politische Inhalte angeht.

Panorama: Instabilität

Für die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone öffnet sich nun ein Panorama der Ungewissheiten. Um eine Regierung bilden zu können, muss jede Kraft Koalitionen mit anderen Parteien schließen. Doch wie diese aussehen könnten, ist noch ungewiss. Bisher hatte sich die M5S geweigert, jegliche Bündnisse mit anderen Parteien einzugehen. Doch mit den Wahlen änderte sich die Situation. Alle Analyst*innen stimmen darin überein, dass das Wahlergebnis ein klarer Ausdruck der Krise des Zweiparteiensystems und der traditionellen Parteien ist. Dafür spricht auch die für Italien niedrige Wahlbeteiligung. Es deutet sich eine weitere Krise der Regierungsbildung in der EU an.

Keine Comebacks für Renzi und Berlusconi, dafür Erfolg bei der Lega

Nach seiner letzten Regierungszeit schien es, als hätte Italien mit Berlusconi abgerechnet. Er wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt und darf bis 2019 kein politisches Amt mehr ausüben. In den letzten Umfragen stand seine Partei bei 16 Prozent – bei der Wahl bekam er nur 14 und rutschte in seiner eigenen Wahlallianz hinter Salvinis rassistische und rechte Lega zurück. Die erhielt mit 17,4 Prozent das beste Ergebnis in der Parteigeschichte.

Die Lega, bis vor kurzem noch Lega Nord, versucht seit Monaten sich als gesamt-italienische konservativ-rechte Partei zu etablieren. Statt gegen arme Süditaliener*innen zu hetzen, fuhr die Partei einen aggressiven Anti-Migrations-Wahlkampf. Im Norden ging die Rechnung auf. Besonders in Venetien und der Lombardei ist die Lega auf Volksparteistärke. Trotz langjähriger Hetze gegen Süditalien ist die Lega auch hier stärker geworden und erreichte in jeder Region etwas über fünf Prozent. In Neapel hingegen ist die Partei mit weniger als drei Prozent unbedeutend.

Salvini führt nun das rechte Bündnis an und hat Berlusconi als Anführer des rechten Blocks abgelöst. Berlusconi war nur im Süden stärker als Salvini. Berlusconis Comeback ist somit gescheitert.

Auch der ehemalige Ministerpräsident Matteo Renzi, der erneut für die PD antrat, kassierte das schlechteste Ergebnis in der Parteigeschichte, nämlich 18,7 Prozent. Lediglich in den absoluten Hochburgen der Partei, der Toskana und der Emilia-Romagna, erhielt er ein gutes Ergebnis. Seinen Platz als Parteivorsitzender wird er räumen. Bei der Europawahl 2014 erhielt die Partei noch 41 Prozent.

Flop für Faschos

Die offen faschistischen Kleinparteien Casa Pound und Forza Nuova blieben hinter ihren Erwartungen zurück. Casa Pound erhielt 0,9 Prozent. Ihr Führer hatte vor den Wahlen verkündet, alles unter einem Prozent wäre eine Niederlage. Auch Forza Nuova blieb mit 0,4 Prozent schwach. Die mit Berlusconi verbündeten Postfaschist*innen der Fratelli d’Italia waren mit 4,3 Prozent etwas schwächer als erwartet.

Die Gefahr, die von diesen Gruppen ausgeht, ist natürlich nicht gebannt. In den letzten Monaten kam es zu einer Welle rechter Gewalt. Deren Höhepunkt war ein Terrorangriff mit einer Schusswaffe auf schwarze Menschen in Macerata, einer Stadt in Mittelitalien.

Schlechte Ergebnisse bei Linken Parteien

Die linke Abspaltung der PD, Liberi e Uguali, erhielt mit 3,4 Prozent ein miserables Ergebnis. In den Umfragen lag sie meist zwischen fünf und sieben Prozent. Ihre bekanntesten Köpfe, D’Alema und Bersani hatten als Teil der PD selbst neoliberale Reformen angestoßen.

Bei Potere al Popolo sieht es nicht besser aus. Lediglich 1,1 Prozent konnte sie für sich überzeugen. In ihrer absoluten Hochburg, dem Zentrum von Neapel, schaffte sie das beste Ergebnis mit 3,7 Prozent. Bei dieser Wahl wählten besonders viele Arbeiter*innen rechts. Die radikale Linke war nicht in der Lage, ein überzeugendes antikapitalistisches Programm zu entwerfen.

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