Grüner Stadtparteitag: Hebammen fordern Beschluss für einen unbefristeten Erhalt ihres Kreißsaals

28.01.2023, Lesezeit 5 Min.
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„Die Frauen und Familien, und nicht zuletzt die Mitarbeiter:innen der München Klinik brauchen eine dauerhafte und verlässliche Lösung.” Die Kolleg:innen fordern „einen Beschluss des Stadtrats, der das unbefristete Fortbestehen des Neuperlacher Kreißsaals sichert!”

Vergangene Woche wurde öffentlich, dass die Stadtratsfraktion der Grünen die zuvor beschlossene Schließung der Neuperlacher Geburtshilfe voraussichtlich bis mindestens 2028 aussetzen will. Der lange Kampf der Kolleg:innen aus der Geburtshilfe in Neuperlach begann mit einer Petition des Teams für den Erhalt ihres Kreißsaals, die inzwischen über 22 Tausend Unterschriften hat. Nun ist ein erster Erfolg sicher: Die grün-rote Mehrheit im Stadtrat will den Kreißsaal zumindest bis 2028 erhalten.

Auf ihrem Stadtparteitag vergangenen Donnerstag stimmte die Basis der Grünen mit großer Mehrheit für den Antrag „Geburtshilfe Neuperlach erhalten”, der von der Grünen Jugend und dem Ortsverband Ramersdorf-Perlach eingereicht wurde. Kolleginnen, deren monatelanger Widerstand diese Wendung bewirkt hat, nahmen an der Versammlung teil, um den Grünen als stärkste Kraft im Stadtrat zu zeigen, dass der Kampf mit der Verschiebung noch nicht vorbei ist.

Der nun am vergangenen Donnerstag angenommene Antrag, der von Sanne Kurz (MdL) vorgetragen wurde, fordert die Grün-Rosa Stadtfraktion auf, sich für einen entsprechenden Stadtratsbeschluss einzusetzen”. Weiter sollen bis dahin mit aller Kraft Möglichkeiten ausgelotet werden, den Standort dauerhaft zu erhalten. Dabei sind alle politischen Ebenen in die Lösungsfindung mit einzubeziehen.”

Die Grünen wollen die Entscheidung bis 2028 verschieben. Darüber hinaus gibt es nur Versprechungen. Wir waren mit den Kolleginnen dort, um zu sagen: Das reicht nicht. Wir fordern einen Beschluss für einen dauerhaften Erhalt der Geburtshilfe und natürlich der für die Versorgung notwendigen Frauenklinik in Neuperlach. Auf Initiative der Grünen Jugend und Sanne Kurz wurde den Kolleg:innen die Möglichkeit gegeben, vor der Versammlung zu sprechen. Dabei betonte Michelle, Hebamme in Neuperlach, dass das Ziel mit einer Verlängerung bis 2028 noch nicht erreicht ist. […] Die Frauen und Familien, und nicht zuletzt die Mitarbeiter:innen der München Klinik brauchen eine dauerhafte und verlässliche Lösung.” Weiter fordert Michelle im Namen ihres Teams einen Beschluss des Stadtrats, der das unbefristete Fortbestehen des Neuperlacher Kreißsaals sichert!”

Die Notwendigkeit eines solchen Beschlusses machte Michelle deutlich, indem sie auf die extrem kritische Lage der geburtshilflichen Versorgung in ganz Deutschland aufmerksam machte: In den vergangenen 30 Jahren wurden beinahe 50% der Kreißsäle bundesweit geschlossen. Die Gründe dafür: Wirtschaftliche Faktoren und Personalmangel. Gleichzeitig verließen, so Michelle, reihenweise Hebammen den Beruf, weil die Arbeitsbedingungen eine bedürfnisorientierte Betreuung der Frauen unmöglich machen.” All das ist im Kreißsaal in Neuperlach bis jetzt noch nicht der Fall: Die Kolleg:innen sind ein stabiles Team, das meistens eine 1:1 Betreuung der Frauen ermöglichen kann. (Dies sind Punkte die die Grünen in ihrem Koalitionsvertrag als Ziele für die geburtshilfliche Versorgung nennen) Der Kreißsaal versorgt über dies nicht nur Frauen in Münchens größtem und ärmsten Stadtteil, sondern auch Frauen aus dem gesamten Stadtgebiet und dem Münchner Umland, die den Kreißsaal aufgrund der guten Betreuungsbedingungen auswählen.

Angesichts der unsicheren Pläne der Umstrukturierung der München Klinik, betonte Michelle, dass es sich bei dem Kampf der Kolleg:innen auch weitergehend, um einen Kampf für stabile, wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung” in ganz München in allen Bereichen handelt. Aus der Grünen Basis bekam sie darauf enthusiastischen Applaus, viele filmten und fotografierten die Rede. Danach sprach Stadtratsabgeordnete Dr. Hannah Gerstenkorn über den Kampf für den Erhalt, indem sie versuchte die Forderungen der Kolleg:innen so darzustellen, als gingen sie nur um ihre eigene Station und nicht um eine sichere, wohnortnahe kommunale Gesundheitsversorgung insgesamt, wie es die Kolleg:innen immer wieder betonen. Zuvor hatte sich Gerstenkorn , die auch im Aufsichtsrat der München Kliniken sitzt, in den vergangenen Wochen gegen den Erhalt ausgesprochen. Sie implizierte damit, dass der Erhalt des Kreißsaal in Neuperlach automatisch Kürzungen und Schließungen an anderer Stelle bedeuten würde. Doch genau gegen diesen ökonomistischen Umgang mit der kommunalen Gesundheitsversorgung richten sich die Kolleg:innen aus Neuperlach und bekommen für ihren Kampf breite Unterstützung von Kolleg:innen sowohl innerhalb der eigenen, als auch aus anderen Kliniken. (U.a. von den Kolleg:innen aus Harlaching)

Auch wenn der Antrag auf die Unterstützung des Erhalt bis mindestens 2028 mit großer Mehrheit angenommen wurde und der Stadtrat voraussichtlich auch so entscheiden wird , wissen wir, dass der Kampf um die geburtshilfliche Versorgung in Neuperlach und der Kampf für eine flächendeckende, patient:innenzentrierte kommunale Gesundheitsversorgung noch nicht vorbei ist. Die Grünen sind nicht nur stärkste Kraft im Stadtrat, der die volle Kontrolle über die München Klinik (MüK) hat, sondern sitzen mit Personen wie Gerstenkorn auch im Aufsichtsrat der MüK. Wenn sie sich den Kampf für ein für alle zugängliches, gut erreichbares und gut ausgestattetes Gesundheitswesen” auf die Fahne schreiben, in dem die Belange der Patient*innen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen” haben sollen, dann wollen wir auch entsprechende Entscheidungen hinsichtlich des Kreißsaal, aber auch der gesamten kommunalen Gesundheitsstruktur sehen!

Die Kolleginnen und das Solidaritätskomitee sind sich einig: Es gibt noch viel zu tun!

Nächstes Treffen des Solidaritätskomitees


Dienstag, 14. Februar, um 19 Uhr
Café Leo 11, Katholische Hochschulgemeinde, Leopoldstr. 11

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