Gorillas Workers‘ Collective: Öffentliche Antwort auf die Pressemitteilung von Gorillas
In Solidarität mit den Streikenden bei Gorillas wollen wir hier Platz geben, um die Stellungnahme des Gorillas Workers' Collective zur neuesten Pressemitteilung des Managements zu spiegeln.

Berlin, 08.07.2021 – Wir, die Arbeiter:innen von Gorillas, halten die Pressemitteilung der Firma mit dem Titel “Leichtere Rucksäcke und mehr – Gorillas setzt erste Maßnahmen für FahrerInnen um”, veröffentlicht am 07.07.2021, für eine weitere Beleidigung, nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit, sondern auch gegenüber den Arbeiter:innen. Diejenigen, die es unkritisch und ohne die Arbeiter:innen, vor allem diejenigen, die schon länger im Unternehmen sind, nach ihrer Meinung zu fragen, haben sich nur an dem grotesken Schauspiel beteiligt, das dieses Unternehmen zu inszenieren versucht. Ihre Haltung war bisher, bestehende Probleme oder verpfuschte Lösungen als echte Verbesserungen darzustellen. Wir wollen dies an einigen Punkten verdeutlichen.
Das Unternehmen behauptet, den bewussten Schritt weg von der “Gig-Economy” gemacht zu haben und einen Arbeitsvertrag anzubieten, im Gegensatz zum Freelancer-Status, den „andere Unternehmen“ anbieten. Das ist im besten Falle irreführend! Diese „anderen Unternehmen“, auf die sich Gorillas bezieht, befinden sich außerhalb von Deutschland, wo die Arbeitsbestimmungen noch nicht auf dem Niveau sind, das die Arbeiter:innen hier erkämpft haben! Es handelt sich um Standards, die nun nach gerichtlichen Auseinandersetzungen, in die der ehemalige CEO von Deliveroo verwickelt war, durch deutsches Recht vorgeschrieben sind; Die gleiche Person, die dann zeitweise eine Rolle als CEO bei Gorillas innehielt.
Das Unternehmen behauptet, Elektrofahrräder und die komplette Ausrüstung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Nach Gesetz muss der Arbeitgeber seinen Arbeiter:innen alle Ausrüstungen zur Verfügung stellen, die für die Ausübung ihrer Pflichten benötigt werden. Gorillas erfüllt nicht einmal das absolute Minimum, da Rucksäcke, Helme und Regenkleidung geteilt werden, nach der Schicht in den Lagerhallen bleiben und selten bis nie gereinigt werden. Trotz der Abnutzung werden sie nicht ersetzt oder repariert und sind völlig unhygienisch. Außerdem stellt Gorillas kein Schuhwerk, keine Sommerkleidung, keine Telefonhalterungen, die für eine sichere Arbeit essentiell sind, sowie Arbeitstelefone und andere für die Arbeit notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung. In vielen Lagern sind die Fahrräder für die Auslieferungen rechtlich ungeeignet und befinden sich in einem verwahrlosten Zustand. Viele Modelle haben nur eine Vorderradbremse und eine Rücktrittbremse und schaffen sehr gefährlicher Situationen auf Arbeit. Die meisten, wenn nicht alle verwendeten Fahrradmodelle haben keine Federungen. Zur Veranschaulichung: Allein in der letzten Woche gab es drei Unfälle auf Krankenhausniveau im Bergmannkiez, zwei davon am selben Abend, verursacht durch ungeeignete Fahrräder. Unfälle mit Fahrrädern stehen auf der Tagesordnung und können durch eine gute Schulung der Arbeiter:innen und eine regelmäßige Wartung der Fahrräder verhindert werden.
Für das Lagerpersonal, von dem viele seit langem geeignete Handschuhe, Schuhe, Kleidung und Gürtel fordern, gibt es überhaupt keine Ausstattung.
Gorillas behauptet, dass irgendeine wundersame App die Probleme der Arbeiter:innen beim Tragen ihrer Rucksäcke ändern wird. Auch das ist irreführend, denn sie ignorieren völlig die Forderungen der Arbeiter:innen nach einer Möglichkeit, ihnen die Rucksäcke vom Rücken zu nehmen. Der wiederholte Aufprall von Glasflaschen gegen die Wirbelsäule hat chronische Auswirkungen auf die Rücken der Arbeiter:innen. Eine Realität, die das Unternehmen kennt und gerne die Kosten an den deutschen Staat bzw. an die Staaten, aus denen die Arbeiter:innen kommen ausgliedert, damit diese Rechnungen für diese behinderten Menschen übernehmen. Und die Lösung, die Gorillas vorführt? Eine Monate alte, fast unsichtbare Funktion, die nicht nur ungenau ist, sondern auch nicht in den Lagerhäusern verwendet wird. Die objektive Maßnahme, Rucksäcke mit Waagen auf den Tischen wiegen zu lassen, damit das Limit von 10kg nicht überschritten wird, wird völlig ignoriert. Außerdem haben die Erfahrungen vieler Monate zeigt, dass es eine große Lücke zwischen der Erstellung der Politik und der Umsetzung gibt, denn es fehlt eindeutig an Mechanismen zur Sicherstellung der Rechenschaftspflicht auf der Ebene der Lagerhäuser. Zudem behauptet Gorillas in der Pressemitteilung, dass das Unternehmen kleinere Rucksäcke gewährleistet. Diese kleineren Rucksäcke sind jedoch nicht wasserdicht und gewinnen an Gewicht, wenn sie an regnerischen Tagen in Wasser getränkt werden.
Weitere Bedenken:
- Anders als in der Pressemitteilung angegeben, wurden nicht alle Zahlungsprobleme des letzten Monats gelöst. Es gibt viele Arbeiter:innen, denen immer noch wichtige Teile ihres Gehalts fehlen, obwohl sie ihre Probleme den Verantwortlichen mitgeteilt haben. Beweise sind leicht vorhanden.
- Das Team, das für die Fragen der Riders zuständig ist, hat sich zwar verdoppelt, aber die Qualität der Betreuung hat sich dadurch in keiner Weise verbessert. Aus der Sicht eines Riders hat es den Anschein, dass das besagte Team keine angemessene juristische Ausbildung erhält. Der einzige Kommunikationskanal ist per E-Mail. Trotz zahlreicher Anfragen über Monate hinweg wird eine direkte Telefonverbindung zur Erleichterung der
Kommunikation nicht bereitgestellt. - Gorillas verspricht, den möglichen Trinkgeldbetrag zu erhöhen. Die Frage sollte eher lauten, warum Gorillas die möglichen Trinkgelder überhaupt begrenzt.
- Gehaltsabrechnungen können nur am Computer eingesehen werden. Viele Arbeiter:innen haben keinen täglichen Zugang zu Computern. Daher verlangt das Unternehmen von den Arbeitern, dass sie Zugang zu teuren Tools haben ohne irgendwelche Einrichtungen zur Verfügung zu stellen.
- Mit einem PR-Trick bietet Gorillas einem kleinen Prozentsatz von Lagern einige Vorteile an, während andere diese nicht genießen. Dies erlaubt es ihnen zu behaupten, dass sie diese bestimmte Sache überall durchsetzen, wobei sie „vergessen“ zu erwähnen, dass es keine allgemeine Regel ist (wie z.B. einen richtigen Küchenbereich, den nur Neukölln hat, oder gute Fahrräder, die wiederum nur das neue Lager hat).
Bitte beachtet, dass die oben genannten Punkte nur einen kleinen Teil unserer Missstände als Arbeiter:innen bei widerspiegeln. Ein Forderungskatalog wurde von einer Versammlung von Gorillas-Arbeiter:innen erstellt, die bei der Protestaktion vor der Schönhauser Allee 180 in Berlin am Montag, den 28. Juni 2021 anwesend waren. Der Forderungskatalog wurde während des Protestes persönlich an die Geschäftsleitung übergeben. Wir haben der Geschäftsleitung eine Frist bis zum 14. Juli 2021 gesetzt, um die 19 aufgeführten Forderungen zu erfüllen.
E-Mail: gorillasworkers@zohomail.com
Twitter: @gorillasworkers
Telegramm-Kanal: https://kutt.it/gorillas
In Solidarität,
Gorillas Workers‘ Collective
For reference, the 19 demands created at the Workers' Assembly we're referring to are accessible below. (3/3) pic.twitter.com/EzyeBd6gQc
— Gorillas Workers Collective (@GorillasWorkers) July 8, 2021
IBAN: DE48430609677918887700
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: SPENDEKX6HV9
oder per Paypal: Wir stellen den Paypal-Account von Klasse Gegen Klasse zur Verfügung, um Spenden für Gorillas-Arbeiter:innen zu sammeln. Jeder Cent, der per Paypal gesendet wird, wird direkt an die Streikkasse weitergegeben.
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Die Umschlaglager von Gorillas sind sehr schlecht organisiert und würden einer Prüfung durch die Berufsgenossenschaft nicht standhalten. Fehlende Betriebssicherheit und extreme Lärmbelästigung der Anwohner sind an der Tagesordnung. Miethaie wie Akelius nutzen die Vermietung von Gewerbeeinheiten an Gorillas zur Vertreibung der Mieter*innen im Wohnbereich.