Für einen kämpferischen CSD in Münster!

21.08.2023, Lesezeit 6 Min.
1
Foto: Tabea Krug

Die Hochschul- und Arbeiter:innengruppe von Klasse Gegen Klasse lädt alle Queers, Gewerkschafter:innen und Linken ein, den CSD in Münster dieses Jahr kämpferisch zu gestalten.

Neben einem gemeinsamen, gewerkschaftlich und sozialistisch orientierten Demoauftritt planen wir dieses Jahr rund um das Thema “Queere Befreiung” eine Reihe von Aktivitäten: Am Donnerstag, den 24. August wollen wir in Vorbereitung auf die große Demonstration gemeinsam ein Banner malen. Den Ort dafür erhaltet ihr auf Anfrage per Instagram oder per Mail. Zum gemeinsamen Demoauftritt treffen wir uns am Samstag, den 26. August um 13:45 Uhr vor der Aasee-Mensa, Bismarckallee 11. In der Woche nach dem CSD, am Dienstag, den 29. August um 18 Uhr veranstaltet die ver.di Jugend Münsterland eine Filmvorführung von “Pride” im Cinema & Kurbelkiste, an der Warendorfer Straße 45. Anschließend gibt es eine Diskussionsrunde. Der Film erzählt die wahre Geschichte eines Bündnisses von queeren Aktivist:innen mit streikenden Minenarbeitern und ihren Familien im Großbritannien der frühen 1980er Jahren. Wir werden uns den Film gemeinsam anschauen und treffen uns dafür um 17:45 Uhr vor dem Kino. Eine Woche später, am Donnerstag, den 7. September um 19 Uhr, veranstalten wir dann ein offenes Treffen im Odak Kulturzentrum an der Wolbecker Straße 1. Wir werden dort gemeinsam über das Thema “Queere Befreiung und Klassenkampf” diskutieren und dabei überlegen, wie wir den Kampf gegen Unterdrückung mit dem Kampf zur Überwindung des Kapitalismus verbinden können.

Wir wollen mit unseren Aktivitäten den CSD nicht den Liberalen und Unternehmer:innen überlassen. Stattdessen wollen wir uns gemeinsam an den revolutionären Ursprüngen der Bewegung orientieren. In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmen, die Polizei und auch Regierungsparteien des kapitalistischen Staates die CSDs angeeignet, um sich ein queeres Image zu geben. Die Riots am Stonewall-Inn 1969 in New York waren aber im Gegenteil ein Akt des Widerstandes gegen diesen Staat und sein Unterdrückungsorgan, die Polizei. Die Riots erinnern uns daran, dass queere Befreiung nicht ohne Kampf, nicht ohne Widerstand gegen die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse erreicht werden kann. Das gilt heute ebenso wie vor 54 Jahren.

Denn queere Rechte sind weltweit bedrängt: Dieses Jahr wurden in den USA bereits über 500 transfeindliche Gesetzesentwürfe eingebracht. Sie zielen darauf ab, trans Personen den Zugang zu medizinischer Grundversorgung, rechtlicher Anerkennung, Bildung und dem Recht, ihr Queersein öffentlich zu zeigen, zu verwehren. Dieser von rechts geführte Kulturkampf ist jedoch längst kein rein US-amerikanisches Phänomen mehr. Auch in Deutschland gibt es zunehmend Hass und auch gewaltvolle Angriffe auf LGBTQIA+ Menschen. Vor einem Jahr starb der 25 Jährige Malte C. bei einem transfeindlichen Angriff am Rande des Münsteraner CSDs. Und das war kein Einzelfall, allein im letzten Jahr gab es in Deutschland über 1600 Gewalttaten gegen queere Menschen, die Dunkelziffer ist sehr hoch.

Die letzten Wochen und Monate waren in Deutschland zudem geprägt von einem Umfragehoch der AfD, einer nach rechts vermittelnden CDU und einem allgemeinen Rechtsruck im Parlament und im Diskurs. Auch auf den vermeintlich liberalen Flügel des Bürgertums ist kein Verlass: Noch vor zwei Jahren inszenierten sich die FDP und die Grünen im Wahlkampf als progressiv, queerfreundlich und feministisch. Die Reformen, die sie ankündigten, waren damals schon längst überfällig und sind es heute umso mehr. So ist das Selbstbestimmungsgesetz immer noch nicht in Kraft getreten. Und dem aktuellen Entwurf nach, sollen lediglich die finanziellen und bürokratischen Hürden für Namens- und Personenstandsänderungen gesenkt werden. Die umständlichen und diskriminierenden Vorgaben bezüglich medizinischer Transitionsschritte und die damit verbundenen hohen Kosten sollen nicht angetastet werden. Außerdem behält sich die Ampel im Gesetzentwurf vor, trans Frauen und nicht-binäre Personen, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugeschrieben wurde, im Verteidigungsfall in die Armee einzuziehen. So weit ist es also mit der Fortschrittlichkeit.

Eine sich als fortschrittlich bezeichnende Regierung kann also vielleicht mit kleinen Reförmchen die Lebensrealitäten von trans Menschen ein bisschen verbessern, aber dies stellt keine Befreiung dar. Auch hier ist der Rechtsruck von Bedeutung: Progressive Gesetzesreformen können im Rahmen des bürgerlichen Staates in der nächsten Legislaturperiode ganz einfach rückgängig gemacht werden. Nur eine sozialistische Überwindung dieses Staates kann die Erhaltung unserer Errungenschaften garantieren.

Denn wir denken, dass queere Unterdrückung in die Struktur des Kapitalismus eingeschrieben ist. Der Kapitalismus spart viel Geld damit, dass die Reproduktionsarbeit wie kochen, waschen und Kinder zu erziehen zu einem großen Teil in der Kleinfamilie unbezahlt verrichtet wird. Dies ist ein Grundpfeiler des Kapitalismus. Der Kapitalismus braucht diese Kleinfamilie und wird tatsächliche queere Befreiung nie zulassen. Auch wenn heutzutage immer wieder betont wird, wie freiwillig und aus tiefer Liebe wir die Ehe und die Familie eingehen, stecken immer noch gewaltige ökonomische Strukturen dahinter. Diese prägen unsere Vorstellungen von Familie und Partnerschaft. Wer da nicht rein passt, sei „anders“. Der Kapitalismus beruht auf der Spaltung der Arbeiter:innen: Wer ist „normal“, wer nicht?

Nur die Arbeiter:innenklasse kann die soziale Ungleichheit aufheben, da die Arbeiter:innen das gesamte System am Laufen halten. Diese ist queerer, migrantischer und weiblicher denn je. Queerfeindliche, sexistische und rassistische Ideologien dürfen uns nicht spalten lassen. Stattdessen muss die queere Bewegung mit der Arbeiter:innenklasse zusammenstehen: gegen den Rechtsruck und die Kürzungen der Regierung und für ein Leben ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Wir wollen die Streiks an unseren Arbeitsplätzen, Universitäten und Schulen politisieren und ausweiten, sprich das kapitalistische „Weiter So“ in Frage stellen.

Termine in Münster

Donnerstag, den 24.08.23, 19 Uhr:
Gemeinsames Bannermalen für die CSD-Demonstration
(Ort auf Anfrage über Instagram oder per Mail)

Samstag, den 26.08.23, 14 Uhr (Treffpunkt um 13:45 Uhr):
CSD-Demonstration
Bismarckallee 11, 48151 Münster

Dienstag, den 29.08.23, 18 Uhr:
“Pride” Filmvorführung der ver.di Jugend Münsterland
Cinema & Kurbelkiste, Warendorfer Str. 45, 48145 Münster

Donnerstag, den 07.09.23, 19 Uhr:
Offenes WdK und KGK-Workers Treffen
Odak Kulturzentrum, Wolbecker Str. 1, 48155 Münster

Mehr zum Thema