Festung Europa: 62 Geflüchtete vor Italien ertrunken

27.02.2023, Lesezeit 3 Min.
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In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist ein Fischerkahn mit bis zu 250 Geflüchteten an der Küste Italiens in der Nähe von Crotone, Kalabrien, an Felsen zerschellt. Die Zahl der bestätigten Toten stieg inzwischen auf 62 – darunter mindestens 12 Kinder.

Den ganzen Sonntag und Montag hindurch suchten Rettungskräfte nach weiteren Personen. Leblose Körper wurden über mehrer Kilometer verstreut an der Küste gefunden. Unter den bestätigten Todesopfern sind mindestens 30 Frauen und 12 Kinder. Die Zahl könnte noch weiter steigen, denn es ist nicht bekannt, wie viele Personen genau sich vor dem Unglück auf dem Boot befanden. Circa 80 Menschen konnten gerettet werden oder aus eigener Kraft an Land schwimmen.

Verantwortlich für die neuerliche Katastrophe ist die Europäische Union, die trotz tausender Tote im Mittelmeer weiter auf Abschreckung setzt und sichere Fluchtrouten behindert. Anfang Januar hat die neue rechte italienische Regierung ein Dekret erlassen, welches vorsieht, dass zivile Seenotretter:innen nur noch eine Rettung pro Einsatz im Mittelmeer durchführen dürfen, bevor sie wieder einen Hafen ansteuern müssen. Laut Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen ist mit einem weiteren Anstieg der Toten durch das Europäische Grenzregime im Mittelmeer zu fürchten.

Roberto Occhiuto, Regionalpräsident Kalabriens bezeichnete das neuerliche Bootsunglück gegenüber der ARD als “Tag der Trauer für Kalabrien” und wies auf die Verantwortung der EU hin: “Tragödien wie diese müssen am Vortag vermieden werden und dürfen nicht am Tag darauf erlebt werden.” Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni halten indes am rechten Kurs fest und versuchen die Verantwortung auf die Organisator:innen der Überfahrten zu schieben. Als Lösung fordert der Innenminister, “dass die Abfahrten der Boote gestoppt werden müssen.“

Die Strategie der Regierungen Europas ist es, Geflüchtete und Seenotretter:innen zu kriminalisieren, anstatt ihnen zu helfen. In vielen Ländern sind zivile Seenotretter:innen in skandalösen Prozessen der Schleuserei angeklagt. Noch mehr betroffen von der Kriminalisierung sind aber die Geflüchteten selbst. Alleine in Griechenland saßen 2019 insgesamt 1905 Personen wegen Schleuserei in den Gefängnissen, die meisten waren selbst geflüchtet. Untersuchungen belegen, dass die verhafteten Migrant:innen nicht diejenigen sind, die Überfahrten organisieren und finanziell von ihnen profitieren, sondern dass die Angeklagten aufgrund der rassistischen EU-Politik eingesperrt werden.

Die Toten sind eine Folge dieser Politik der Repressionen gegen Seenotretter:innen und der Aufrüstung des Grenzregimes und Frontex. Alle europäischen Grenzen sind eine Gefahr für Menschen, die fliehen – egal aus welchem Grund. Nur zehn Tage vor dem Schiffsunglück an der italienischen Küste wurden in Bulgarien 18 Tote in einem LKW gefunden.

Auch beim letzten EU-Gipfeltreffen wurde die Aufrüstung der rassistischen und menschenverachtenden Asylpolitik der EU weiter verschärft. Es drohen Zäune nach dem Vorbild der USA sowie Asylverfahren direkt an den Grenzen, um noch schneller abschieben zu können.

Die Politiker:innen der EU haben das Blut von zehntausenden Menschen an ihren Händen. Entgegen dieser mörderischen Migrationspolitik, die zwischen „guten“ und „schlechten“ Geflüchteten spaltet, müssen die Gewerkschaften und soziale Organisationen zu Mobilisierungen aufrufen. Die Aufnahme von Geflüchteten in die Arbeiter:innenorganisation spielen angesichts sozialer Krise und den Spaltungsversuchen eine dringende Aufgabe. Der Kampf gegen die Abschiebepolitik muss sich gegen den Militarismus wenden, das nichts Weiteres bedeutet, als Fluchtursachen herzustellen, während soziale Bereiche hierzulande gekürzt werden.

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