Erzwingungsstreik für 100 Milliarden für Bildung statt für die Bundeswehr!

14.12.2022, Lesezeit 5 Min.
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Bild: Maxi Schulz

In Berlin halten Lehrer:innen ihren achten Warnstreik dieses Jahr ab. Sie fordern kleinere Klassen, also bessere Lern- und Arbeitsbedingungen. Schuld an dem Versagen des Bildungssystems ist die Regierung. Unsere Antwort muss Erzwingungsstreik heißen!

Der heutige Streik findet in einer brisanten politischen Situation statt: Im Februar wird die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt. Alle Versprechen, die im Wahlkampf 2021 gemacht wurden, werden wieder rausgeholt. Von der Verringerung der Klassengrößen war damals in den Wahlprogrammen noch die Rede aller aktuellen Regierungsparteien. Im Koalitionsvertrag der „Zukunftshauptstadt“ wurde dieses Ziel am Ende aber nicht verankert!

Über ein Jahr nach der Wahl hat sich die Lage an den Schulen weiter verschärft: Es fehlen 20.600 Schulplätze – 1.000 ukrainische Kinder haben noch immer keinen – und der Putz fällt vielerorts von der Wand. Die Wahlwiederholung bringt unsere Forderungen in die Berliner Öffentlichkeit und der Streik wird zu einem starken Mittel, um die Politik zu bewegen.

Das ist bitter nötig. Denn Mitte Juli war an die Öffentlichkeit gelangt, dass die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken eine Milliarde Euro in der im Haushalt eigentlich von ihnen selbst verankerten Schulbauoffensive gekürzt hatten. Auch die 300 Millionen Euro, die in Schulbau und -sanierung gesteckt wurden, wirken gegen die Kürzung nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

In Berlin fehlen derzeit 1.000 Lehrkräfte. Und trotzdem hat die Landesregierung für dieses Jahr 6,55 Millionen Euro in der Lehrkräftebildung gekürzt. Nach einem Jahr R2G gibt es außerdem immer noch zu wenig Studienplätze und auch diesen November wurden 2.700 Bewerber:innen auf ein Lehramtsstudium abgelehnt.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Nur zum Vergleich, wo die Prioritäten der Landesregierung liegen: RRG steckt 1,5 Millionen Euro in neue Elektroschock-Taser für die Berliner Polizei, 3,75 Millionen Euro in die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor und 190 Millionen Euro Coronahilfen in Start Ups. Die Bundesregierung beschloss 100 Milliarden Euro extra für die deutsche Bundeswehr. SPD und Grüne sind auf Landes- und Bundesebene für genau diese Politik verantwortlich, wo Geld in Waffen und Aufrüstung statt Schulen und Bildung fließt.

Wir brauchen Geld, um die maroden Schulgebäude zu sanieren und neue Studienplätze zu schaffen, statt Milliardenprofite, die in die Taschen der DAX-Aktionär:innen fließen. Wo das Geld hingeht, ist eine politische Entscheidung und deshalb sind wir heute auf der Straße!

Der Streik für all das geht nun schon seit über acht Monaten. Aber die Landesregierung reagiert nicht. Das liegt auch daran, wie wir streiken. Damit ein Streik seine Forderungen durchsetzen kann, muss er Druck aufbauen. Die Führung der GEW macht gerade nur einmal im Monat einen Warnstreik mit symbolischer Wirkung. Festgelegt haben diesen Rhythmus nicht die Lehrer:innen, sondern die Gewerkschaftsspitze, deren Aufgabe es ist, den Arbeitskampf der Lehrer:innen zu unterstützen. Es ist schließlich der Streik der Lehrer:innen, den diese so demokratisch wie möglich führen sollten. So sollten zum Beispiel die Sitzungen der Tarifkommission öffentlich für die Streikenden sein. Wenn die GEW-Führung den Lehrer:innen diese Forderung verweigert, braucht es Streikversammlungen an allen Schulen.

Zu einem demokratischen Streik gehört es auch, dass es die Streikenden sein sollten, die darüber entscheiden, wann, wie lange, wofür und mit wem gestreikt werden soll. Wenn sämtliche Streiktage seit dem Streikbeginn alle hintereinander, statt über 8 Monate verteilt gewesen wären, dann wären schon damals in der ganzen Stadt Büros leer geblieben, Bahnen und Fabriken still gestanden. Denn wenn die Schule schließt, können die Grundschüler:innen und Jugendlichen nicht die ganze Zeit alleine zu Hause bleiben, sodass auch die Produktion in den Betrieben, in denen ihre Eltern arbeiten, nicht einfach weiterlaufen kann.

Der angezogenen Handbremse ein Ende

Dafür müssen aber auch alle anderen an Schulen Beschäftigten von der GEW zum Streik aufgerufen werden. Nur so kann der Kampf gewonnen werden. Denn momentan können und werden sie von den Schulleitungen an Streiktagen dafür eingesetzt, die Betreuung der Kinder sicherzustellen.

Außerdem würden viele von ihnen, wie die Lehrkräfte auch, unmittelbar von kleineren Klassen profitieren. Offensichtlicherweise wollen die Hauptamtlichen das aber nicht – und deswegen passiert es nicht. Aber diese Entscheidung sollten die Streikenden treffen! Das ist ihr Streik!

Es ist auch ihre Stadt, in der R2G mit dem Verrat des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ gerade beweist, dass sie unsere Forderungen nicht umsetzen wird. Wir müssen unsere Interessen also selbst vertreten.

Genauso wie die Beschäftigten der Berliner Krankenhäuser, die für den TV Entlastung gestreikt haben, können auch wir mit unserem Streik für einen TV Gesundheitsschutz ein Zeichen setzen: Wir wissen, was diese Stadt braucht, damit sie wirklich lebenswert ist. Wir sind Berlins Rückgrat. Gemeinsam mit den Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst, den Krankenhäusern und der Stadtreinigung, können wir genug Druck aufbauen, um unsere Forderungen durchzusetzen. Für bessere Arbeits-, Lern- und Lebensbedingungen!

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