„Die Einschränkung des Streikrechts ist ein Angriff auf alle Lohnabhängigen.“

16.04.2015, Lesezeit 4 Min.
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// Interview mit Erdogan Kaya //

Erdoğan Kaya ist Busfahrer bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und aktiv in der gewerkschaftlichen Basisgruppe ver.di aktiv, die Teil des bundesweiten Aktionsbündnisses „Hände weg vom Streikrecht – für volle gewerkschaftliche Aktionsfreiheit!“ ist. Als Basisgewerkschafter kämpft er nicht nur für die Verteidigung des Streikrechts, welches aktuell von der Bundesregierung in Frage gestellt wird, sondern auch für seine Ausweitung.

Die Bundesregierung arbeitet mit dem sogenannten „Tarifeinheitsgesetz“ an der Einschränkung des Streikrechts. Wird dieser Angriff auf das Streikrecht unter den KollegInnen an der Basis diskutiert?

Kaum. Es gibt natürlich Gründe, warum über die Einschränkung des Streikrechts an der Basis nicht diskutiert wird. Wer soll die Diskussion in die Basis tragen? Da sind besonders die Vertrauensleute gefragt. Sie sollten eigentlich die Diskussion in die Belegschaft tragen. Das funktioniert meistens nicht, weil auch in den unterschiedlichen Gremien von Vertrauensleuteversammlungen bis zu Betriebsgruppenvorständen darüber keine Diskussionen stattfinden. Es sind leider sehr wenige, die versuchen, mit den KollegInnen darüber zu diskutieren.

Über die Personengruppe der MigrantInnen bist Du auch in ver.di-Gremien, u.a. im Gewerkschaftsrat. Wie wird in ver.di über die Frage des Streikrechts diskutiert?

In der letzten Gewerkschaftsratssitzung Anfang März haben wir über den Stand der Unterschriftenkampagne mit den zwei anderen DGB-Gewerkschaften NGG und GEW diskutiert. Circa 70.000 Unterschriften sind gegen die Einschränkung des Streikrechts gesammelt worden. Das ist schon viel.

Aber die drei Gewerkschaften haben zusammen ungefähr zweieinhalb Millionen Mitglieder. Wir sind mit dem Verlauf der Kampagne nicht richtig zufrieden. Alle Bereiche wurden nochmal aufgefordert, die Kampagne in die Betriebe zu tragen. Ob und wie das gehen soll, müsste vor Ort geklärt werden. Fakt ist: Von einer großen Bereitschaft kann man bisher nicht reden.

Spielt die Diskussion um eine Ausweitung des Streikrechts noch eine Rolle?

Das sollte sie eigentlich. In verschieden Kreisen wird auch über die Ausweitung des Streikrechts diskutiert. Es sind aber immer noch kleine Gruppen, die darüber eine Diskussion führen. Die Diskussion über die Ausweitung des Streikrechtes hat die breiten Massen noch nicht erreicht. Dabei ist diese Frage von größter Bedeutung. Wir müssen in den Betrieben mit den KollegInnen darüber diskutieren, um aus der Verteidigungsposition in die Offensive zu gehen.

Wie hat ver.di in Deinem Betrieb das Streikrecht zum Thema gemacht?

Kein ver.di-Gremium in unserem Betrieb hat das Streikrecht zum Thema gemacht. Wir haben unter anderem mit unserer Zeitung aktiv – das ist die Zeitung der Gruppe ver.di aktiv – und mit einer Veranstaltung versucht, KollegInnen für dieses Thema zu sensibilisieren.

Du hast mit KollegInnen bei der BVG diese Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv gegründet. Ihr habt euch u.a. für eine Einbeziehung der geflüchteten KollegInnen in die Gewerkschaften eingesetzt, wie auch für die demokratische Kontrolle der SekretärInnen ausgesprochen. Wie steht ihr zum Thema Streikrecht?

Streikrecht ist unser Grundrecht. Es muss von uns verteidigt und ausgebaut werden. Die Einschränkung des Streikrechts ist ein Angriff auf alle Lohnabhängigen. Wir können uns nur verteidigen, wenn wir den Kampf offensiv und gemeinsam mit allen Gewerkschaften führen.

Es gibt beim „Tarifeinheitsgesetz“ leider große Differenzen zwischen den DGB-Gewerkschaften. Eine Zusammenarbeit mit den anderen kleinen Gewerkschaften wie GDL, Marburger Bund, UFO usw. ist oft nicht erwünscht. Wir sind der Meinung, dass wir alle zusammen verantwortungsbewusst handeln müssen, egal in welcher Gewerkschaft wir organisiert sind. Denn nur gemeinsam können wir ArbeiterInnen unsere Rechte verteidigen und unsere Forderungen durchsetzen!

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