Berlin-Brandenburg: ver.di Betriebsgruppe von IKEA Tempelhof lehnt Verhandlungsergebnis ab

15.07.2019, Lesezeit 5 Min.
Gastbeitrag

In einem "Offenen Brief an die ver.di-Tarifkommission und die Kolleg*innen im Einzelhandel" haben die Kolleg*innen der ver.di Betriebsgruppe von IKEA Berlin-Tempelhof, unterstützt vom "Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di" und von der "ver.di aktiv – Basisgewerkschaftsgruppe", die Ablehnung des Verhandlungsergebnisses in der Tarifrunde des Einzelhandels in Berlin-Brandenburg gefordert. Wir spiegeln hier den offenen Brief.

1

Offener Brief an die ver.di-Tarifkommission und die Kolleg*innen im Einzelhandel

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bevor der Tarifkampf in Berlin und Brandenburg überhaupt begonnen hat, soll er nach nur einem Gespräch zwischen dem Handelsverband Berlin-Brandenburg HBB und der ver.di-Verhandlungskommission unter der Führung von Erika Ritter schon beendet sein. Am 5. Juli 2019 einigte man sich darauf, das Ergebnis aus NRW zu übernehmen und das, obwohl die Große Tarifkommission erst am 11. Juli 2019 zugestimmt hat.

Für unsere Region hatten wir nicht nur ähnliche Forderungen wie in NRW aufgestellt, sondern dazu noch eine kürzere Laufzeit von nur 10 Monaten und eine Arbeitszeitangleichung auf 37 Stunden für alle Beschäftigten im Einzelhandel. Das Verhandlungsergebnis von 3 Prozent im ersten Jahr, aber höchstens 76 Euro und 1,8 Prozent im zweiten Jahr und eine Laufzeit von zwei Jahren (!) ist für uns sogar noch weiter von den Forderungen entfernt, als in anderen Bundesländern.

Von der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags ist gar keine Rede mehr. Dabei wäre sie bitter nötig, um die tausenden von Kolleg*innen aus der Armut zu befreien, die ihnen bei der Beschäftigung in Ketten wie real, Karstadt und Co. droht, wo sie bis zu einem Viertel weniger verdienen, als in Filialen mit ver.di-Tarifbindung. Das können wir nicht akzeptieren! Wir bei IKEA Tempelhof waren und sind bereit, für unsere gemeinsam aufgestellten Forderungen zu streiken und wollen, dass unsere Gewerkschaft alle Beschäftigten dazu aufruft, mit uns gemeinsam die Arbeit niederzulegen.

Wir fordern die Mitglieder der Tarifkommission auf, in ihrer Sitzung am Montag, dem 15. Juli 2019 gegen die Vereinbarung zu stimmen und gemeinsam mit ver.di und den Kolleg*innen in den Filialen in die unmittelbare Vorbereitung eines Arbeitskampfes zu gehen.

Wir billigen eine Vorgehensweise nicht, in dem über unsere Köpfe hinweg ein Ergebnis verkündet wurde, über das niemand außerhalb der Verhandlungskommission diskutieren und schon gar nicht entscheiden konnte. In der offiziellen Pressemitteilung von ver.di wird nicht einmal erwähnt, dass die Tarifkommission dem Verhandlungsergebnis noch zustimmen muss.

Stattdessen hätte die Verhandlungskommission den Stand zurück in die Betriebe tragen müssen. Es wird immer gesagt, dass ver.di eine „Mitmachgewerkschaft“ ist, in der die Mitglieder entscheiden. Hier wurde alles dafür getan, damit sie nicht entscheiden können.

In den Verhandlungen wurde eine Widerspruchsfrist zur Vereinbarung bis zum 15. Juli 2019 um 16 Uhr vereinbart. Diese Widerspruchsfrist zu akzeptieren, heißt einen Diskussionsprozess in den Betrieben unmöglich zu machen. Die Verhandlungskommission hätte das als inakzeptabel ablehnen müssen. Wirkliche Demokratie in der Gewerkschaft bedeutet, dass nur die Mitglieder in einer verbindlichen Abstimmung und nach genügend Zeit für die Meinungsbildung über das Ergebnis abstimmen können. Die Entscheidung sollte weder bei der Tarifkommission, noch bei der Verhandlungskommission oder Verhandlungsführung liegen.

Wir möchten den Mitgliedern der Tarifkommission sagen, dass wir hinter ihnen stehen, wenn sie dieses Ergebnis auf nachvollziehbaren Gründen ablehnen wollen. Wir wissen, dass viele Beschäftigte im Einzelhandel nach den Abschlüssen der letzten Tarifrunden die Faust in der Tasche geballt haben. Einige sind frustriert und verlassen die Gewerkschaft. Wir wissen auch, dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können. Dafür brauchen wir eine Gewerkschaft, die wirklich bereit ist, für unsere Forderungen zu kämpfen. Deshalb schweigen wir nicht und richten uns an alle Kolleg*innen der Branche. „Wir sind mehr wert“, heißt es bei ver.di immer. Deshalb sagen wir ganz deutlich: „Da ist mehr drin!“

Mit solidarischen und kämpferischen Grüßen,

Die ver.di-Betriebsgruppe bei IKEA Tempelhof

Unterstützung:

Danny Albrecht, ver.di VL / DGB-Kreisvorsitzender Landkreis Dahme-Spreewald*
Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di
ver.di aktiv – Basisgewerkschaftsgruppe
René Arnsburg, Fachbereichsvorstand 8, ver.di Berlin-Brandenburg
Andreas Müller Ikea Tempelhof
Uwe Geilfuß Ikea Tempelhof
Stamatios Tsonis Ikea Food
Jana Forster Ikea Food
Carolin Domack Ikea
Oliver Bogs Ikea Tempelhof
Mathias Völcker Recovery Ikea
Fatma Yilmaz Ikea Tempelhof .
Kristina Takacs Ikea Tempelhof
Robert Meister Ikea
Andreas Tetzlaff Kundenservice/ Kasse
Angela Ollman Kundenservice / Family
Suna Taskin Küchenverkauf
Lars Brinkmöller Kundenservice
Katrin Tauchnits / Schwerbehindertenvertreterin
Carsten Naunapper
Beate Botzenhardt Küchenverkauf
Henry Helmchen ikea
Christophe Vastel Recovery ikea
Claudia Alscha Ikea Food
Michael Focke ikea Logistik
Niko Dorendorf Ver.di Mitglied/Krankenpfleger
Ronny David Friedrich Landesgeschäftsstellenleiter Piratenpartei Brandenburg
Alexander Kunath Rechtsreferendar/ Juso Vorsitzender Landkreis Dahme-Spreewald
Lothar Nätebusch IG BAU/ Dgb Kreisvorstandsmitglied Landkreis Dahme-Spreewald
Detlef Hornung Real Wildau
Jörg Laugsch Rentner/ Die Linke Lds
Norbert Büring Bürokaufmann/Linke lds
Alexandra Briese ikea
Emil Beganovic logistic ikea
Susen Schmeichel Küchenverkauf ikea
Tanja Schlichting SB. Ikea
Gabriela Freitag HFB 07/08
Kerstin Werth Ikea
Max Knab Ikea
Olaf Seck Küchenverkauf
Michael Hilliger von Thile Küchenverkauf
Reinhard Mrzik Kunde vom Realmarkt Kolkwitz

*Positionsangaben dienen lediglich zur Kenntlichmachung der Person.

Mehr zum Thema