Bahnstreik gestoppt: Widerstand gegen den Vergleich von Bahn und EVG-Führung organisieren!

13.05.2023, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Radowitz / Shutterstock.com

Der ab Sonntag angekündigte 50-stündige Warnstreik im Nah- und Fernverkehr fällt aus. Die Deutsche Bahn war vor Gericht gezogen, skandalöserweise hat die EVG-Führung ohne jede Rücksprache mit ihren Mitgliedern einem Vergleich vor Gericht zugestimmt.

Mit einem Eilantrag war die Deutsche Bahn am Samstag vor Gericht gezogen, um den Streik verbieten zu lassen, den sie als „unverhältnismäßig“ bezeichnete. Als wäre dieser Angriff auf das Streikrecht durch den Konzern noch nicht skandalös genug, hat sich die Verhandlungsführung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vor dem Arbeitsgericht Frankfurt auf einen Vergleich eingelassen. Demnach wird der Streik nun gerichtlich untersagt. Der genaue Inhalt und die Bedingungen des Vergleichs sind aktuell noch unbekannt – es handelt sich damit um ein völlig intransparentes Verfahren.

Das Verbot stellt einen vollkommen undemokratischen Angriff auf den Arbeitskampf der Kolleg:innen dar, denen ohne jede Möglichkeit der Mitsprache nun ihr Streikrecht geraubt wurde. Das ohnehin restriktiv ausgelegte Streikrecht in Deutschland, das etwa keinen politischen Streik vorsieht, wird damit noch weiter gegen die Kolleg:innen eingesetzt. Es zeigt sich einmal mehr, dass die Sozialpartnerschaft, also die Suche nach Kompromissen mit den Unternehmen durch die Gewerkschaftsbürokratie, sich gegen die Arbeiter:innen richtet.

Das Beenden von Streiks einfach durch Gerichtsbeschluss von oben könnte kaum undemokratischer sein. Es ist in Zusammenhang zu sehen mit der konzertierten Aktion der Bundesregierung, mit der Streiks eingedämmt werden sollen und mit der medialen Hetze der letzten Monate, die die berechtigten Forderungen der Kolleg:innen und ihre Kampfmittel diffamieren. Die Bahn behauptet, ein angemessenes Angebot vorgelegt zu haben, doch liegt es in Wirklichkeit weit unter dem Inflationsniveau. Die Bahn bietet 10 Prozent mehr Geld für mittlere Einkommen und 2.850 Euro Einmalzahlung, bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Die EVG hatte 12 Prozent, mindestens aber 650 Euro, bei einer Laufzeit von einem Jahr gefordert.

Mit dem Streikverbot zwingen Bahn und die Bürokratie der EVG die Kolleg:innen in eine Position, in der sie kaum für einen Inflationsausgleich kämpfen können. Auch die letzten großen Tarifrunden in Metall- und Elektroindustrie sowie im Öffentlichen Dienst wurden von oben beendet, ohne dass es überhaupt zur Urabstimmung gekommen wäre. Im Hafen hatte die ver.di-Verhandlungsführung sich ebenfalls auf ein gerichtliches Urteil eingelassen, das den Streik für mehrere Wochen unterbrach.

Das Vorgehen der EVG-Bürokratie ist ein Skandal. Es dient nur dem Konzern und der Bundesregierung. Es braucht jetzt Versammlungen der Kolleg:innen an ihren Arbeitsplätzen und in den Gewerkschaftsgliederungen, um Widerstand gegen die undemokratischen Methoden zu organisieren. In diesem Sinne werben wir aktuell auch bei der Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung dafür, dass die Entscheidungen in Arbeitskämpfe durch die Streikdemokratie der Kolleg:innen zu führen sind, nicht durch die bürokratischen Apparate. Mit dieser Perspektive wollen wir eine antibürokratische Strömung in den Gewerkschaften aufbauen. Das Verbot des Eisenbahnstreiks zeigt einmal mehr die Dringlichkeit dieser Aufgabe.

Anlässlich des Vergleichs gab es bei der Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung auch eine Solidaritätsaktion mit der Rede eines Eisenbahners.

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Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung, Bochum. Foto: Simon Zamora Martin

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