Vom Boden in die Luft: Pilot:innen wollen streiken

29.07.2022, Lesezeit 3 Min.
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Quelle: Shutterstock (Tamerlan Aliyev)

Der von ver.di ausgerufene Streik des Lufthansa-Bodenpersonals ist vorerst beendet. Jetzt wollen die Pilot:innen den Streik in die Lüfte tragen: “Wir bluffen nicht.”

Der Warnstreik von ungefähr 5000 Beschäftigten des Lufthansa-Bodenpersonals hat am Mittwoch zu mehr als 1000 Flugausfällen geführt. Darüber haben wir bereits an anderer Stelle berichtet. Hintergrund waren die stockenden Tarifverhandlungen zwischen ver.di und dem Konzern. Trotz drastischer Verteuerung der Lebenshaltungskosten durch die Inflation haben die Angestellten bereits seit drei Jahren keine Lohnerhöhungen erhalten. Gleichzeitig hat die Lufthansa trotz staatlicher Hilfen massiv Stellen abgebaut, was für die Beschäftigten zudem erhöhte Belastungen bedeutet. Dementsprechend fordern sie jetzt eine Lohnsteigerung von 9,5 Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr. Der Konzern bietet bislang aber nur ein Angebot aus Festbeträgen bei einer Laufzeit von 18 Monaten an und kommentiert die Arbeitsniederlegungen in folgender ideologischer Formulierung: “Wir hätten darüber auch weiter reden können […] Aber die ver.di hat sich für diesen radikalen Schritt entschieden.” Dabei ist die Radikalität des Arbeitskampfes noch deutlich zu intensivieren.

Der Streik bei der Lufthansa reiht sich einerseits in eine internationale Welle von Streikbewegungen ein. So gab es in den letzten Wochen europaweite Streiks in der Luftfahrtbranche. Außerdem finden Kämpfe in verschiedenen Bereichen des Verkehr- und Logistiksektors statt: Es streikten zum Beispiel die deutschen Hafenarbeiter:innen und die britischen Eisenbahner:innen.

Andererseits sehen sich die Bosse der Lufthansa jetzt auch mit den Forderungen der Pilot:innen konfrontiert, die das Momentum der Bodenstreiks in die Luft tragen wollen. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) bereitet sich gerade mittels einer Urabstimmung bis Sonntag auf einen Arbeitskampf vor. Marcel Gröls, Tarifvorstand von Cockpit, kündigt an: „Wenn sich die Mehrheit der Piloten dafür ausspricht, bedeutet das nicht, dass gleich gestreikt wird. Aber es ist ein Warnsignal. Und: Wir bluffen nicht.“ Mit diesen klar kämpferischen Worten soll der Anspruch auf 5,5 Prozent mehr Lohn und einen automatischen Inflationsausgleich geltend gemacht werden. Denn: Auch hier laufen die Verhandlungen schon seit Monaten: “Wir sind redebereit. Aber unsere Geduld ist begrenzt.” Auch sind sich die Beschäftigten über die arbeiter:innenfeindlichen Strategien des Unternehmens bewusst. Die Lufthansa wehrt sich beispielsweise durch spalterische Unternehmensstrukturen gegen einheitliche Tarifverträge. Auch dagegen soll sich der Arbeitskampf richten.

Wir als Klasse gegen Klasse unterstützen die Streiks und solidarisieren uns sowohl mit dem Bodenpersonal als auch mit den Pilot:innen. Als Arbeiter:innen und Linke haben wir die Aufgabe, uns nicht auf die ideologischen Ablenkungsmanöver der bürgerlichen Medien einzulassen, welche versuchen, die Urlauber:innen gegen die Arbeiter:innen auszuspielen. Statt uns zurückdrängen zu lassen, müssen wir unsere Anstrengungen verstärken, unseren Ton verschärfen und die Kampfmaßnahmen erweitern. Wie wir sehen, können Konzerne schon bei einem eintägigen Streik massiv unter Druck gesetzt werden. Wie lange es dauern wird, bis die Gewerkschaftsforderungen bestenfalls uneingeschränkt durchgesetzt werden, müssen wir in den nächsten Wochen kompromisslos auf den Prüfstand stellen. Bringen wir den Streik vom Boden in die Luft, und wieder zurück!

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