„Verteidigungsunterricht“ bald an bayerischen Schulen?

28.03.2025, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Sisacorn / shutterstock.com

Gibt es bayerischen Schulen bald „Verteidungsunterricht“, wo unter anderem Schusswaffengebrauch mit Minderjährigen trainiert werden soll?

Während der Entscheid zur Aussetzung der Schuldenbremse durch den alten Bundestag noch keine zehn Tage her ist und damit die Finanzierung der zukünftigen Kriegskredite feststeht, wird über die Einführung von „Verteidigungsunterricht“ an Schulen diskutiert. Der Bayerische Rundfunk befragte die Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, zur Einführung eines neuen Faches, bei dem die Schüler:innen unter dem Motto „Verteidigung“ lernen sollen.

Als Inspiration nannte der BR den verpflichtenden Verteidigungsunterricht in Lettland. Dort zählt seit Beginn dieses Jahres Verteidigung als Schulfach, das alle Schüler:innen der zehnten und elften Klasse verpflichtend besuchen müssen. In diesem Schulfach wird ihnen nicht nur Geländeorientierung mit Kompass gelehrt, sondern auch der Umgang mit Schusswaffen. Neben dem Aspekt, den Umgang mit einer Schusswaffe und die „Kriegstauglichkeit“ zu üben, solle es im Falle einer Einführung des Faches laut Fleischmann auch die „die psychologische Kompetenz“ geschult werden. Der „Umgang mit Emotionen und Ängsten“ müsse „ein wichtiges Element in diesem Fach“ darstellen. 

Den Kindern den Krieg schon in der Schule zu normalisieren scheint eine gute Nachricht für die deutsche Bundeswehr zu sein, da sie weiterhin über „Personalmangel“ klagt. Trotz der vielen Werbekampagnen auf sozialen Medien, im öffentlichen Bereich und der Kooperation zwischen dem bayerischen Kultusministerium und der Bundeswehr, welche seit 2010 besteht und Jugendoffizieren ermöglicht, in den Unterricht an bayerischen Schulen zu kommen, lässt sich nur ein geringer Anteil der Jugendlichen für den freiwilligen Wehrdienst begeistern. Deswegen nütze es laut Marcel Bohnert vom Bundeswehrverband nichts mehr, auf Freiwilligkeit zu setzen. 

Dem solle mit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht entgegengewirkt werden, einen ersten Schritt – die Einführung eines „neuen Wehrdienstes“ – in diese Richtung wollte schon das Verteidigungsministerium unter Boris Pistorius mit positiven Stimmen aus SPD und Grünen umsetzen. Diese Debatte nimmt nun auch in den Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung eine wichtige Rolle ein. Allerdings steht eine Wiedereinführung der Wehrpflicht noch immer äußerst unbeliebt bei der jüngeren Altersgruppe da. So unterstützen unter den Minderjährigen weniger als 12,5 % einen verpflichtenden Wehrdienst


Um dieses Stimmungsbild nachhaltig zu verändern, könnten nun die Jüngsten mit Kriegspropaganda erzogen werden. Schon die bisherige Kooperation des bayerischen Kultusministeriums mit der Bundeswehr ist ein massiver Eingriff in das Bildungssystem durch das Militär. Die Einführungs eines solchen Faches wäre ein weiterer Schritt, uns als Gesellschaft, aber vor allem die Lehrkräfte, als auch Eltern und die Schüler:innen kriegstüchtig zu machen. Im Interview mit dem BR stimmt die BLLV-Präsidentin der Aussicht davon zwar nicht zu, doch dass sich Fleischmann nicht eindeutig davon distanziert, ist fahrlässig. 

Denn im Beitrag des BR drückt sich die Selbstverständlichkeit des Krieges und des Patriotismus aus, die nun seit einigen Jahren den politischen Diskurs dominieren. Es wird über Szenarien spekuliert, in denen das Schicksal eines Jeden, der in Deutschland, ja sogar in irgendeinem europäischen Land lebt, davon abhängt, das Vaterland zu schützen. Auch dies dient der Militarisierung: Medien, Popkultur und die Orte unseres Alltags sollen uns auf den Krieg vorbereiten. Demnach müssten sich Eltern in Zukunft darauf einstellen, dass ihre Kinder sich für die Kriege der Kapitalist:innen bereitwillig opfern, während Lehrkräfte, die schon jetzt aufgrund der Priorisierung von Aufrüstung gegenüber essenzieller Ausstattung leiden, ihre Bedürfnisse noch weiter zurückstellen müssen: Anstatt neue Lehrkräfte für bessere Betreuungsquoten und ein bisschen Entlastung zu gewinnen , kämen Soldat:innen an die Schulen. Aber vor allem würden Schüler:innen nicht nur gezwungen, in Zukunft ihre Bildung für Kriege hinten anzustellen, sondern sie würden auch dazu inspiriert werden, ihr Leben für das Deutschland, welches ihnen die maroden Schulen geschenkt hat, im Krieg zu opfern. 

Dagegen müssen wir uns klar stellen! Für ein gut ausgestattetes und freies Bildungssystem, in dem die Bundeswehr nichts zu suchen hat. So wie es an Unis eine Zivilklausel zum Verbot militärischer Forschung gibt, darf die Bundeswehr keinen Zutritt zu unseren Schulen erhalten. Wir wollen keine belehrenden Bundeswehrjugendoffiziere sowie eine CSU-angeführte Regierung, die sich bei der Forderung nach der Abschaffung von Stegreifaufgaben und unangekündigten Abfragen gegen ihre eigenen Schüler:innen stellt. Aus diesem Grund unterstützen wir auch den Protest der Jugend gegen diese auf Druck und Stress basierenden Prüfungsmethoden. Der Protest findet am 06. April um 14 Uhr am Wittelsbacher Platz in München statt. Aber lasst uns nicht nur gegen uralte Lehrmethoden demonstrieren, sondern auch gegen die Regierung, die Milliarden für Panzer statt für Stifte ausgibt.

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