„Uni in der Zeitenwende“: ver.di diskutiert an der FU
Letzte Woche diskutierten Beschäftigte und Studierende an der FU über die Rolle der Universitäten in der „Zeitenwende“ und darüber, was wir der Militarisierung dort entgegensetzen können.
Am vergangenen Donnerstag lud die ver.di-Betriebsgruppe an der Freien Universität Berlin im Rahmen der Kritischen Orientierungswoche Beschäftigte und Studierende dazu ein, über die Auswirkungen der „Zeitenwende“ an unseren Universitäten zu sprechen. Auf der Veranstaltung ging es um die Militarisierung der Universitäten und ihre Rolle bei der Entwicklung von Ressourcen für den Krieg. Anschließend wurde ein Entwurf für eine Resolution vorgestellt, der auf der kommenden Mitgliederversammlung deer ver.di-Betriebsgruppe zum Beschluss vorgelegt werden soll.
Einen wichtigen Aspekt der Diskussion stellten sogenannte Dual Use-Technologien dar. Dual Use, die Doppelnutzung von Technologie für militärische und zivile Zwecke, stellt dabei eine konkrete Herausforderung dar, um militärische Forschung an den Unis zu erkennen. Einige Universitäten, die sich mit Zivilklauseln zu ausschließlich nicht-militärischer Forschung bekennen, umgehen diese Klauseln durch Projekte, deren Ergebnisse sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben oder haben könnten. Die FU selbst hat keine Zivilklausel, spricht jedoch dennoch davon, dass an der FU keine militärische Forschung stattfände.
Die Kolleg:innen der Betriebsgruppe spannten außerdem einen Bogen von der Militarisierung der Hochschulen zu den kürzlichen Angriffen auf die Berliner Universitäten. So kündigte der Berliner Senat Einsparungen in Höhe von rund 160 Millionen Euro für die Berliner Universitäten an, was rund 10 Prozent ihres Gesamthaushalts betrifft. Die großangelegte Militarisierung gepaart mit dem Spardiktat wird Universitäten und Forscher:innen zu Rüstungs- und Bundeswehrkooperationen drängen, um weiterhin notwendige Forschungsgelder zu erhalten. Das heißt, dass sich die Forschung zunehmend auf „kommerzielle“ und militärische Bereiche verengen wird.
Auch eine Rolle spielte, dass die staatliche Repression auf den Berliner Campus ebenso gewachsen ist. So waren besonders die Proteste gegen den Genozid in Palästina an den Universitäten von Repression betroffen – von Seiten des Staates, aber auch der Universitäten selbst. Dabei ist es kein Zufall, dass sich die Unileitung gegen den Protest stellt. Sie vertritt im Zweifelsfall die Interessen des deutschen Staates, auch in Fragen der Aufrüstung. Die intellektuelle Arbeit an den Universitäten soll dem Staat in der Phase der „Zeitenwende“ dienen. Die Universitäten bieten dabei sowohl technische als auch ideologische Ressourcen, die die gegenwärtige Aufrüstung erst möglich machen.
Anhand einer vorgelegten Resolution wurde anschließend über die gewerkschaftlichen Handlungsmöglichkeiten diskutiert. Unter anderem ging es um die Etablierung einer Zivilklausel an der FU mit dem Bekenntnis, allein zu zivilen Forschungszwecken zu forschen. Die Zivilklausel, eine Selbstverpflichtung der Universitäten, ist dabei bereits bei rund 70 Universitäten deutschlandweit vorhanden und ist ein Produkt von gewerkschaftlichen und studentischen Protesten. Aktuell ist die Zivilklausel wie im Fall von Bayern unter Beschuss, wo diese durch einen Vorstoß der CSU-Regierung verboten wurde. Es zeigt sich, dass auch wenn eine Zivilklausel erkämpft wird, diese ohne politische Bewegung an den Universitäten den Angriffen des Staates ausgesetzt ist. Daher muss die kommende Streikrunde im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) die politischen Fragen von Militarisierung mit der derzeitigen Sparpolitik verbinden.
Auch die Notwendigkeit politischer Streiks und einer internationalen Vernetzung anti-militaristischer Gewerkschafter:innen wurde diskutiert. Dabei könnten Erfahrungen wie die der italienischen Generalstreiks gegen den Genozid in Palästina als Vorbild für Gewerkschaften hierzulande dienen.
In dieser Perspektive müssen Beschäftigte und Studierende jetzt gemeinsam aktiv werden und alle Angriffe auf die Universitäten als Elemente der politischen Militarisierung insgesamt in den Blick nehmen. Die kommenden Streiks müssen die Brücke zur antimilitaristischen Bewegung schlagen und den Kampf gegen die Militarisierung als zentralen Aspekt in der Zurückschlagung der Sparpläne verstehen.