Trump legt mit Abschiebe-Offensive los

04.02.2025, Lesezeit 7 Min.
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Foto: Belish/Shutterstock

Im Wahlkampf hetzte Donald Trump massiv gegen Migrant:innen. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung hat er mittels Präsidialdekrete bereits erste Maßnahmen umgesetzt - die Folgen für 11 Mio. Arbeiter:innen ohne sicheren Aufenthaltsstatus sind dramatisch.

Der alte und neue US-Präsident Donald Trump macht bereits wenige Tage nach seiner offiziellen Amtseinführung bei einer seiner großen Wahlkampfthemen ernst: der Begrenzung der Migration. Per Präsidialdekret erweitert er die Befugnisse der Behörden, um Migrant:innen an den Grenzen abzuweisen und Menschen, die sich bereits in den USA aufhalten, abzuschieben. 

Trump schafft faktisch das Recht auf Asyl ab

Bereits unter Präsident Biden wurden die Asylregeln verschärft. Er unterzeichnete im Juni ‘24 ein Dekret, wonach Asylsuchende über einen offiziellen Einreiseweg ins Land kommen müssen, wenn sie einen Asylantrag stellen wollen. Illegal eingereiste Migrant:innen haben somit keine Möglichkeit, einen Antrag auf Asyl zu stellen, sobald sie einmal im Land sind. Trump hat nun veranlasst, dass Migrant:innen und Asylsuchende an den Grenzen direkt abgewiesen werden sollen, ohne ihnen die Möglichkeit einer Asylanhörung zu bieten. 

Mit der App CBP One konnten Asylsuchende Termine bei den US-Behörden buchen, doch seit Trumps Amtsantritt wurden alle bestehenden Termine gecancelt. Faktisch gibt es also kaum noch einen Weg, legal in die USA einzureisen und Asyl zu beantragen. Der Rückstau an offenen Fällen soll in den Millionen liegen, was für die Menschen ausharren in Unwissenheit bedeutet. 

Militarisierung der Grenze und Razzien im Inneren 

Die Sicherung der Grenze zu Mexiko war bereits in Trumps erster Amtszeit ein Prestigeprojekt. Er sicherte auch in der zweiten Amtszeit den Gouverneuren Unterstützung bei der weiteren Befestigung der Grenzanlagen zu. Zudem verstärkt er die Militärpräsenz an der mexikanischen Grenze: Zu den bereits über 2000 Soldat:innen sollen mindestens 1000 weitere hinzukommen. 

Auch im Inneren der USA verschärft sich die Situation. Die Abschiebebehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) hat neue Befugnisse für die Jagd auf Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus zugesprochen bekommen. So dürfen sie die berüchtigten Razzien nun auch an “sensiblen” Orten durchführen. Dazu zählen etwa Schulen, Krankenhäuser und religiöse Stätten. Auf Social Media mehren sich bereits die Berichte, dass ICE Beamte an Schulbussen lauern oder bei ihren Razzien US-Bürger festnehmen, da sie sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild für illegale Einwanderer:innen gehalten haben. Das trifft auch einige Native Americans – eine ganz bittere Ironie.

Trumps aggressives Vorgehen gegen die Palästina Bewegung

Trump will außerdem „terroristische Drohungen, Brandstiftung, Vandalismus und Gewalt gegen amerikanische Juden, die wie nie zuvor von Radikalismus befallen sind, aggressiv verfolgen“. Er ist besorgt, dass die breiten Teile der US-Gesellschaft, die begonnen haben, die Lüge in Frage zu stellen, dass Antizionismus mit Antisemitismus gleichgesetzt werden kann, wieder aufstehen werden. 

Unter Trump sollen pro-palästinensische Aktivist:innen, also Student:innen und Universitätsmitarbeiter:innen, die sich an pro-palästinensischen Protesten beteiligten, systematisch ermittelt werden. Sie sollen strafrechtlich verfolgt und abgeschoben werden. Insbesondere internationale Student:innen, die als „Hamas-Sympathisant:innen“ dargestellt werden sind davon betroffen. Trump ließ seine Drohungen wahr werden und entzog palästinasolidarischen Aktivist:innen kurzerhand das Visum.

Abschiebungen: nicht nur Trumps Spezialgebiet

Massenabschiebungen – nicht weniger hatte Trump seiner Wählerschaft versprochen. Auf Social-Media veröffentlichte das Weiße Haus Fotos, wie Menschen zu Abschiebeflügen in Militärflugzeuge gebracht werden. Inwiefern das Versprechen von Massenabschiebungen umgesetzt wird, ist noch fraglich. Etwas über 1000 Menschen sind laut ICE Statistik am 24.01. abgeschoben worden, damit liegt die Zahl nur etwas höher als die Zahl der durchschnittlichen Abschiebungen unter Biden. Dessen Regierung hat im Jahr 2024 im Schnitt 740 Migrant:innen täglich abgeschoben.

In Bidens gesamter Präsidentschaft wurden etwa 1,5 Millionen Menschen aus den USA abgeschoben. Damit hat er ebenso viele Menschen des Landes verwiesen wie Donald Trump in seiner ersten Amtszeit. Nimmt man die Zahlen der Abschiebungen unter Trump und Biden zusammen, so ergibt sich etwa die Zahl der Abschiebungen, die Obama in seiner ersten Amtszeit durchführen ließ, nämlich etwa 2,9 Millionen. Es ist also kein Alleinstellungsmerkmal Donald Trumps, sondern eine Konstante, die sich durch alle US-Präsidentschaften zieht.

Allerdings stellen Trumps neue Gesetze, wie die direkte Abweisung an den Grenzen oder die Ausweitung der Razzien eine neue Qualität dar.  

Das Elend der undokumentierten Arbeiter:innen

Schätzungen zufolge leben etwa 11 Millionen Menschen in den USA, die zwar keinen legalen Aufenthaltsstatus haben, aber trotzdem dort arbeiten. Ob in der Landwirtschaft oder beim Lieferdienst, die schlecht bezahlten Jobs, die für den Lebensunterhalt alleine oftmals nicht ausreichen, werden von diesen “undocumented workers” verrichtet. Die Arbeitgeber machen sich die Not der Menschen direkt zunutze, denn ein Arbeiter mit unsicherem Aufenthaltsstatus wird sich niemals bei einer Behörde wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, unbezahlten Überstunden oder sonstigen Schikanen auf der Arbeit beschweren. Außerdem können diese Arbeiter:innen mit einem sehr viel geringeren Lohn abgespeist werden, da ihnen die ökonomische Macht fehlt, durch gewerkschaftliche Organisierung oder kollektives Handeln bessere Lohnforderungen durchzusetzen. 

Die Notlage der Menschen macht sie besonders anfällig für die extremsten Formen der Überausbeutung. Gerade aus diesem Grund sind die “undocumented workers” in vielen Branchen beliebt, da sie den Kapitalisten ermöglichen, die Löhne zu drücken und mehr Profit aus ihrem Geschäft herauszuschlagen. 

Nun drohen gerade diesen “undocumented workers” unter Trump Abschiebungen: Wie oben ausgeführt, ist es für sie nun unmöglich, nachträglich Asyl zu beantragen. Sie sind von den Razzien des ICE betroffen. 

Wie weiter für die Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus?

Unter den liberalen Amerikanern ist eine Debatte darüber entbrannt, was das millionenfache Abschieben der schlecht bezahlten Arbeitskräfte für Auswirkungen haben wird. Die einen sorgen sich um steigende Preise, andere fürchten sich vor Arbeit, die nun nicht mehr verrichtet werden kann, wie beispielsweise die Ernte in der Agrarindustrie. Eine Perspektive, die dabei gänzlich fehlt, ist die der Arbeiter:innen selbst. Für sie wird die Unsicherheit, in der sie bereits vor Trump täglich gelebt haben, noch gewaltiger.

Entgegen der rassistischen Hetze gegen Migrant:innen à la Trump als auch gegen die ebenso menschenverachtende Bewertung nach der Nützlichkeit der Arbeiter:innen, wie sie in liberalen Kreisen zu finden ist, muss sich die gesamte amerikanische Arbeiter:innenklasse an die Seite ihrer migrantischen Klassengeschwister stellen und das uneingeschränkte Bleiberecht für alle Menschen im Land fordern, sowie offene Grenzen und Asylrecht für alle Asylsuchenden. Gemeinsam können sie bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für die gesamte Klasse erkämpfen und der kapitalistischen Ausbeutung den Kampf ansagen. Um ihre eigene Lage zu verbessern, dürfen die amerikanischen Arbeiter:innen nicht auf die Lügen und die Hetze der Republikaner und Demokraten hereinfallen, wonach die Migrant:innen ihren Lebensstandard untergraben. Es sind ganz im Gegenteil die Bosse, Banker und Politiker, die dafür verantwortlich sind. Ein besseres Leben für alle kann nur gemeinsam erkämpft werden, wenn das kapitalistische Ausbeutungssystem endlich zerschlagen wird.

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