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Stimmen aus dem CFM-Streik

27.06.2017, Lesezeit 7 Min.
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Heute streiken die Kolleg*innen der Vivantes Service Gesellschaft. Doch auch die Kolleg*innen der Charité Facility Management (CFM) befinden sich immer noch im Arbeitskampf. Bereits während ihres letzten Streiks veröffentlichten wir ein Interview mit Reinigungskräften der CFM und ließen die Kolleg*innen immer wieder in verschiedenen Artikeln zu Wort kommen. Auch in unserer Video-Reportage berichteten Streikende von ihren Aktivitäten.

Doch in den vielen Gesprächen sind uns noch weit mehr Details über die Arbeitsbedingungen bei der CFM und die Gründe für den Streik berichtet worden. Wahrscheinlich haben fast alle der 150 Streikenden aufschlussreiche Geschichten über ihre Situation zu erzählen. Wir haben mehr als 20 von ihnen interviewt und dokumentieren hier in Auszügen ihre Antworten.

Niedriglöhne und Angst vor Altersarmut

Eine Kollegin vom Campus Virchow Klinikum (CVK) bringt eines der Hauptprobleme der Beschäftigten auf den Punkt:

Manche von uns, die 22 Jahre bei der Charité arbeiten, verdienen bis heute nicht mehr als 1500 Euro brutto.

Die Grundlöhne sind in manchen Bereichen noch niedriger. Dann können sich die Betroffenen meist nur durch bezahlte Überstunden und Wochenend-Zuschläge über Wasser halten. Doch auch solche Zuschläge werden immer wieder willkürlich gekürzt. So berichtet ein Mitarbeiter:

Lange Zeit gab es für alle Reiniger mit der Zusatzqualifikation für die Desinfektion einen Zuschlag von 1,50 Euro pro Stunde. Seit einiger Zeit gilt der Zuschlag nur noch für die Arbeitsstunden, in denen tatsächlich eine Desinfektion durchgeführt wird. Das kann einen Unterschied von bis zu 200 Euro netto im Monat ausmachen.

In der Sterilisation wird vor allem Operationsbesteck gereinigt und desinfiziert. Eine wichtige Arbeit für die Gesundheit der Patient*innen. Doch auch dort herrschen keine guten Bedingungen:„Der Chef interessiert sich nicht für die Probleme der Beschäftigten. Ich musste schonmal drei Monate auf Sicherheitsschuhe warten. Und seit 24 Jahren arbeite ich immer für einen Niedriglohn“, erklärt einer der Kollegen aus der Steri.

Für einen der Reiniger am Campus Benjamin Franklin (CBF) ist die wichtigste Motivation für den Streik klar: „Mit dem bisherigen Lohn kann ich langfristig nicht meine Familie versorgen. Und an eine vernünftige Rente ist nicht zu denken. Das muss sich ändern.“

Personalmangel und Zeitdruck

„Manche Arbeiten finden durch den Personalmangel kaum noch statt. So wird beispielsweise nicht annähernd so oft mit der Maschine gereinigt, wie es vorgesehen wäre“, erzählt uns eine Reinigerin vom Virchow Klinikum.

„Der Personalmangel geht so weit, dass am Wochenende gerne mal eine einzige Person für eine komplette Station mit 24 Zimmern und die entsprechenden Gänge verantwortlich ist“, konkretisiert ein Kollege vom CBF.

Auch einer Kollegin aus der Sterilisation geht es ähnlich:

Zu viel Arbeit für zu wenige Leute. Es gibt einen hohen Krankenstand durch ewigen Stress und Druck. Ständig ist etwas defekt und Materialien fehlen. OP-Listen für den nächsten Tag können kaum abgearbeitet werden.

Die „Modulversorgung“ ist dafür zuständig, Kisten mit Spritzen, Schläuchen, Verbänden und anderem Material an die richtigen Stellen in der Klinik zu bringen. Eine Modulversorgerin berichtet uns von absurder Arbeitsverdichtung in ihrem Bereich: „Diejenigen, die immer dichtere Dienstpläne erstellen und uns neue Aufgaben zuteilen, haben teilweise gar keine Ahnung von der Arbeit. Neuerdings wird versucht, uns auch die Reinigung der Modulschränke aufzubrummen. Für einen Schrank sind dann 1,5 Minuten vorgesehen. Die richtige Reinigung eines einzelnen Schranks mit allen Modulkästen dauert aber über 30 Minuten. Als wir uns beschwert haben, hieß es, wir sollen nur so putzen, dass es auf den ersten Blick sauber aussieht.“

Unhygienische Zustände

Auch die Patient*innen-Zimmer sind direkt vom Zeitdruck betroffen: „Neben der normalen Reinigung ist da auch die richtige Desinfektion wichtig. Zum Beispiel, wenn es um multiresistente Erreger geht“, erklärt uns einer der Streikenden. „Oft wird Kolleg*innen eine Einweisung gegeben, die vielleicht drei Minuten dauert und dann bekommen sie einen gelben Punkt auf ihren Dienstausweis. Das heißt dann, dass sie ab sofort für solche Zimmer eingesetzt werden dürfen. Eine richtige Einarbeitung, sowohl für normale Zimmer als auch für die Spezialfälle, müsste meiner Meinung nach aber eher eine Woche dauern. Also, eine erfahrene Kollegin, die mit einem Neuzugang komplette Bereiche reinigt und dabei zeigt, wie es richtig gemacht wird. Stattdessen werden die einfach so allein losgeschickt.“

Auch die Sterilisation leidet, wie ein Kollege berichtet:

Wenn die sterilisierten Geräte zu spät kommen, verzögern sich die Abläufe und die Hygiene kann nicht eingehalten werden.

Die CFM existiert – wie so viele ausgelagerte Tochterunternehmen – in erster Linie, um Kosten für den Mutterkonzern zu sparen. Dafür werden die Interessen der Beschäftigten ebenso missachtet, wie die der Patient*innen. Nur die Bilanz muss stimmen. Eine Kollegin erzählt, wie sich das auf die Qualität der Arbeit auswirkt:

Die CFM bekommt oftmals Geld für Aufgaben, die sie gar nicht erfüllt, weil das Personal dafür fehlt. Es wird nur darauf geachtet, die Grundbedingungen zu erfüllen, damit die CFM die entsprechenden Prämien bekommt. Das heißt, es muss nicht wirklich sauber sein, solange die richtigen Stellen sauber aussehen.

Mobbing, Druck & Streikbruch

Ein Kollege berichtet von Mobbing durch seine Vorgesetzten: Seit bekannt ist, dass er sich an Warnstreiks beteiligt, wird bei jeder Gelegenheit versucht, ihn aus dem Kreis der Kolleg*innen auszugrenzen. Die Initiative geht dabei von Vorarbeitern aus. Doch die anderen Beschäftigten sagen nichts dagegen. Sie haben vermutlich Angst, selbst ins Abseits zu geraten.

In manchen Bereichen sorgt die Spaltung der Belegschaft für schlechte Stimmung. „Gestellte“ arbeiten zwar bei der CFM, verfügen aber über einen Vertrag mit der Charité. Ein Kollege berichtet von den negativen Konsequenzen: „Als CFM-Mitarbeiter unter Gestellten leidet man unter offenem oder unterschwelligem Mobbing. Sie verdienen 30-40 Prozent mehr Lohn und sticheln ständig, was man sich alles nicht leisten kann.“

Dabei sind die CFM-Mitarbeiter*innen in vielen Bereichen mit ihren Kolleg*innen sehr zufrieden. Doch auch da, wo die Stimmung gut ist, finden die Vorgesetzten einen Weg, zum Streikbruch zu motivieren: Ein Fahrer aus dem externen Krankentransport berichtet, dass einige seiner Kollegen Absprachen mit den Vorgesetzten treffen. Dafür, dass sie nicht streiken, bekommen sie bessere Schichten zugewiesen. Sie müssen dann nicht am Wochenende und nicht in der Nachtschicht arbeiten. Oder sie bekommen ein festes Auto zugewiesen. Das hat den Vorteil, dass sie nicht bei jedem Fahrtantritt das Auto und die vorhandenen Materialien neu überprüfen müssen.

Wie geht es weiter?

Am Ende des 10-tägigen Ausstands Ende Mai waren sich viele Kolleg*innen einig, dass sie gemeinsam mit den Beschäftigten der Vivantes Service Gesellschaft (VSG) streiken wollen, sobald das möglich ist. Nun wurde für die VSG ein Streik von Montag bis Mittwoch angekündigt. Jetzt ziehen die CFM-Kolleg*innen nach, um beiden Kämpfen Nachdruck zu verleihen und ein deutliches Zeichen der Solidarität zu setzen.

Gründe dafür gibt es weiterhin genug. Nachdem die Geschäftsführung auf ein gemeinsames Grillen der Streikenden vor zwei Wochen mit Gratis-Bratwürsten für Streikbrecher*innen reagierte, stellte ein Streikender fest:

Der CFM ist es eben wichtig, dass die Jahresbratwurstbilanz stimmt und nicht die Löhne der Mitarbeiter.

Der Wille, sich zu wehren, ist also bei der CFM ungebrochen. Zur Zukunft des Streiks sagte eine Kollegin:

Wir müssen aber dafür sorgen, dass noch mehr Kolleg*innen rauskommen. Wenn sich zu wenig beteiligen, reicht es natürlich nicht. Aber alle sollten wissen: Kämpfen lohnt sich immer!

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