Rekordkürzungen an Berliner Unis: Was das für Studierende und Beschäftigte bedeutet

04.06.2025, Lesezeit 8 Min.
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Die Berliner Hochschulen stehen vor einer tiefen Krise. Geplante Haushaltskürzungen des Senats gefährden Lehre, Personal und Forschung. Qualität und Zukunft der Bildung sind massiv bedroht.

Die Berliner Hochschulen stehen vor beispiellosen Einschnitten. Der Senat plant, den Wissenschaftsetat für 2025 um insgesamt 250 Millionen Euro zu kürzen, wovon allein 145 Millionen Euro die staatlichen Hochschulen betreffen. Besonders hart trifft es die Freie Universität Berlin, für die Einsparungen von rund 41 Millionen Euro im Raum stehen. Auch andere Berliner Hochschulen wie die Humboldt-Universität zu Berlin und die Technische Universität Berlin werden erhebliche Kürzungen erfahren.

Doch nicht nur die Universitäten selbst leiden. Auch das Berliner Studierendenwerk muss empfindliche Kürzungen von 6,55 Millionen Euro hinnehmen – ein Drittel seines gesamten Budgets. Die Folge: Der Sozialbeitrag, Teil der Semestergebühren, wird von derzeit 63 Euro auf bis zu 90 Euro pro Semester steigen. Hinzu kommen höhere Mensapreise, wie beispielsweise der Tagesteller, der von 1,45 Euro auf 1,75 Euro ansteigen wird. Das Studierendenwerk muss außerdem soziale, kulturelle und psychologische Unterstützungsangebote reduzieren oder gar ganz einstellen. Diese finanzielle Mehrbelastung trifft über 170.000 Studierende in Berlin, die ohnehin schon mit hohen Mieten, gestiegenen Lebenshaltungskosten und mangelndem Zugang zu psychologischen Angeboten zu kämpfen haben. Die Kombination aus höheren Gebühren und weniger Serviceangeboten verschärft die Bildungsungleichheit weiter, da Hochschulbildung für Studierende aus prekären Haushalten zunehmend unzugänglich wird.

Die drastischen Folgen der Sparpolitik

Die Kürzungen haben weitreichende Konsequenzen nicht nur für Studierende, sondern für die gesamte Hochschullandschaft in Berlin. Besonders hart trifft es das Personal, da dessen Kosten den größten Posten an den Hochschulen darstellen. An der Freien Universität Berlin sollen neue Stellen in der Verwaltung nur noch in Ausnahmefällen besetzt werden, während alle Fachbereiche und Zentralinstitute sechs Prozent ihres Personalbudgets einsparen müssen. Der Wegfall von bis zu 50.000 Studienplätzen sowie ganzer Institute und Studiengängen droht, wobei – wie wir Wegner und Unipräsident Ziegler kennen – kritische Lehrstühle, etwa im Bereich Gender- oder Postcolonial-Studies als erstes abgesägt werden dürften.

Was bedeuten die Kürzungen für die Studierenden? Steigende Mensapreise, höhere Semesterbeiträge und kostenpflichtige Sprachkurse. Service- und Unterstützungsangeboten wie Tutorien, Beratungsstellen und Bibliotheken würden weiter abgebaut werden, die bestehenden Infrastruktur- und Sanierungsstaus würden sich weiter verschärfen.

Zugleich werden die Kürzungen besonders hart befristet angestellte Wissenschaftler:innen treffen, deren Stellen häufiger neu besetzt werden und somit leicht gestrichen werden können. Für die verbleibenden Beschäftigten wird sich hingegen die Arbeitsbelastung erhöhen. Es ist daher unerlässlich, dass Beschäftigte und Studierende sich zusammenschließen und gemeinsam gegen die Kürzungen an Hochschulen eintreten.

Sparen in Bildung, Investitionen in Aufrüstung

Angesichts einer vom Berliner Senat als „dramatisch“ bezeichneten Haushaltslage sind drastische Sparmaßnahmen geplant: Im kommenden Jahr sollen drei Milliarden Euro eingespart werden, ab 2026 sogar zusätzliche zwei Milliarden Euro. Diese Kürzungen sind Teil einer umfassenden Sparpolitik, die nicht nur den Bildungs- und Wissenschaftsbereich, sondern auch die Kultur, das Gesundheitswesen, soziale Arbeit, den öffentlichen Nahverkehr und weitere essentielle Bereiche empfindlich treffen. Es ist bemerkenswert, dass dies geschieht, während gleichzeitig Hunderte von Milliarden in die Aufrüstung fließen. Dadurch fehlen Investitionen in der Wissenschaft, Bildung, Kultur und gesamten Daseinsvorsorge. Anstatt die Reiche und Unternehmen massiv zu besteuern, wird an den Hochschulen weiter gespart, obwohl der Sanierungsstau und prekäre Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler:innen seit Jahren bekannt sind. Diese Diskrepanz zwischen massiven Militärausgaben und Kürzungen in grundlegenden gesellschaftlichen Bereichen ist kein Zufall: Die militärisch gestützte außenpolitische Vormachtstellung der Bundesrepublik wird ganz klar über die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung gestellt.

Die genaue Höhe der Kürzungen an den Universitäten ist noch immer Gegenstand von Diskussionen und Verhandlungen. Ursprünglich wurden Kürzungen von 107 Millionen Euro für die Berliner Hochschulen beziffert, zu denen für 2025 weitere hinzukommen sollen, was eine Gesamtkürzung von rund 145 Millionen Euro für dieses Jahr bedeutet. Auch die Gewerkschaft ver.di spricht von Budgeteinschnitten von über 140 Millionen Euro für die Berliner Hochschulen. Die Unsicherheit über die genaue Höhe der zukünftigen Kürzungen verschärft die Planungsunsicherheit zusätzlich.

Nicht nur die Kürzungen sind Ausdruck dieser militärischen Zeitenwende. Parallel zu den Sparmaßnahmen werden die Universitäten zunehmend dazu gedrängt, sich über Drittmittel zu finanzieren und verstärkt mit Unternehmen zusammenzuarbeiten. Dies gilt gerade auch für Rüstungsunternehmen. Hochschulen, die eigentlich Orte unabhängiger Forschung und Lehre sein sollten, werden so immer stärker privatwirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Selbst existierende Zivilklauseln, die Forschung für militärische Zwecke unterbinden sollen – wie beispielsweise an der Technischen Universität Berlin –, werden dabei zunehmend umgangen oder verwässert. Das bedeutet, dass Forschung, die dem Gemeinwohl dienen sollte, letztlich stärker für militärische Zwecke oder zur Profitmaximierung großer Konzerne missbraucht werden kann.

Breiter Widerstand gegen die Kürzungen

Studentische Vertretungen, darunter die Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStA) der Berliner Hochschulen, Gewerkschaften wie ver.di und verschiedene studentische Initiativen wie „Bildung braucht Budget“, haben Anfang des Jahres schon ihren breiten und einheitlichen Widerstand gegen die Kürzungen zum Ausdruck gebracht. Dieser Widerstand manifestierte sich bereits in konkreten Aktionen, darunter die Übergabe der Petition „Hochschulen sind #unkürzbar“ am 7. Mai 2025 und eine große Demonstration am 22. Februar 2025. Diese Bemühungen sind Teil eines breiteren, stadtweiten Bündnisses namens „Berlin ist unkürzbar – Umverteilung jetzt!“.  

Trotz des Widerstands wurden die Sparmaßnahmen noch verschärft. Die TU-Leitung hat nun rechtliche Schritte angekündigt, an HU und FU fordern Gruppen wie Studis gegen Rechts ähnliches. Doch Klagen allein werden nicht reichen. Selbst wenn sie juristisch erfolgreich wären, können sie die politische Logik hinter den Kürzungen nicht brechen. Selbst ein Urteil gegen den Senat würde diesen Kurs nicht grundsätzlich infrage stellen. Deshalb können wir uns auf den juristische Weg nicht verlassen. 

Wir fordern die Offenlegung aller Finanzen und eine klare Erklärung, wo das Geld bleibt. Wir bauen eine Bewegung auf, die klar sagt: „Wenn ihr kürzt, streiken wir!“ Wenn ihr unsere Zukunft zerstört, besetzen wir die Unis. Nur so können wir diesen Kahlschlag stoppen. Letztlich kann kann nur eine breite Bewegung von Studierenden und Beschäftigten, die sich nicht auf Appelle an die Hochschulleitungen verlässt, sondern gemeinsam handelt diesen Kurs brechen. Denn nicht nur die Hochschulen sind betroffen: Auch im Gesundheitswesen, in der Kultur, bei sozialen Diensten wird gekürzt. Der Angriff ist gesamtgesellschaftlich – die Antwort muss es auch sein. Erst wenn der Widerstand organisiert und sektorübergreifend wird, kann der politische Preis für Kürzungen so hoch werden, dass er nicht mehr ignoriert werden kann.

Der Kampf gegen die Kürzungen hat begonnen, aber er steht erst am Anfang. Jetzt kommt es darauf an, den Protest auszuweiten, zu vertiefen und dauerhaft zu verankern. Die Krisenforen an den Berliner Unis waren ein Anfang, die Demonstration gegen die Kürzungen diese Woche ein nächster Schritt. Doch klar ist: Damit wir nicht nur reagieren, sondern angreifen können, braucht es dauerhafte Strukturen. Offene Komitees an den Universitäten, getragen von Studierenden und Beschäftigten, können Orte werden, an denen wir gemeinsam diskutieren, planen und handeln gegen Kürzungen, gegen Aufrüstung, gegen die Unterordnung der Bildung unter Markt und Wettbewerb.

Wir wollen eine Hochschule, die nicht verwaltet wird, sondern von denen gestaltet wird, die in ihr lehren, forschen, arbeiten und lernen. Eine Hochschule, die sich dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegenstellt, statt ihn durch soziale Auslese zu befeuern. Dafür braucht es eine kämpferische Bewegung – entschlossen, solidarisch und gut organisiert. Wir bringen diese Perspektive in die StuPa-Wahlen, aber vor allem auf die Straße, in die Hörsäle und in jedes nächste Treffen gegen die Kürzungen. Der Widerstand hat begonnen. Jetzt müssen wir ihn gemeinsam aufbauen und ausweiten.

Wählt am 3. bis 5. Juni Waffen der Kritik – Klasse Gegen Klasse (21) für das Studierendenparlament der Freien Universität Berlin!

1: Kein Cent, kein Mensch für ihre Kriege!
Rüstungskonzerne enteignen, Bildung statt Bomben!

2: Freiheit für Palästina!
Polizei runter vom Campus! Zivilklausel jetzt! Für das Recht auf Versammlungen!

3: AfD und Nazibanden zerschlagen!
Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!

4: Hände weg von unseren Körpern: Feministische Offensive!
Selbstschutz organisieren statt auf Staat vertrauen!

5: Für eine Uni der Beschäftigten und Studierenden!
Politische Streiks gegen Kürzungen und Aufrüstung!

Unser ganzes Programm findet ihr hier.

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