Rassistisches Framing von Palästina Demos

26.04.2022, Lesezeit 4 Min.
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Bild: KgK

"Palästinensische Antisemiten ziehen durch Kreuzberg", "Israel-Hass-Demo", "Demonstration des Hasses in Neukölln": nicht nur die Headlines von Tagesspiegel, Bild und Neues Deutschland schüren antipalästinensischen Rassismus. Auch in der Linkspartei wird Rassismus immer Salonfähiger.

Nach den erneuten Angriffen israelischer Polizeikräfte auf die al-Aqsa Mosche, fanden vielerorts Aktionen statt, um gegen die Angriffe der israelischen Sicherheitskräfte zu demonstrieren. In Berlin gingen laut Angaben von Palästina Spricht 2.000 Menschen auf die Straße, um ihrer Solidarität mit der unterdrückten palästinensischen Bevölkerung und ihrem Befreiungskampf ausdruck zu verleihen.

Auf der Demonstration wurde aus einer unorganisierten Gruppe Jugendlicher antisemitische Parolen gerufen, es wurden Journalist:innen unter anderem der Bildzeitung tätlich angegriffen und antisemitisch als „Drecksjude“ beschimpft. Dieser Antisemitismus und die körperlichen Auseinandersetzungen mit Pressevertreter:innen sind klar zu verurteilen. Ihnen muss auf der Demonstration und im Nachgang konsequent entgegengetreten werden.

Die Organisator:innen von Palästina Spricht schreiben in ihrem Statement zu den Vorwürfen bezüglich der Demonstration: „Selbstverständlich lehnen wir als Palästina Spricht auf Grundlage unseres antirassistischen Grundkonsenses solche rassistischen Sprüche entschieden ab und unterbinden sie, wo wir sie mitbekommen.“

In den bürgerlichen Medien werden nun die Demonstrant:innen entgegen des realen Bildes als grundlegend antisemitisch diffarmiert. Sie fokussieren ihre Berichterstattung auf den Antisemitismus einer Gruppe von Teilnehmer:innen. Sie halten es nicht für notwendig über die antirassistischen Reden auf der Demo zu schreiben oder zu erwähnen, dass eine Reihe linker israelischer und jüdischer Gruppen zu der Demonstration mit aufriefen. Sowohl die Organisator:innen als auch die absolute Mehrheit aller Anwesenden vertritt klare antirassistische Positionen. In seinem Redebeitrag vor Beginn der Demonstration sprach sich das Linksparteimitglied Ramsy Kilani (Marx21 und Palästina Spricht) für die Solidarität mit allen Befreiungskämpfen und unterdrückten Gruppen aus. Er kritisierte die strukturelle Gewalt gegenüber der palästinensischen Bevölkerung, den Rassismus des israelischen Staates und auch die Rolle der Bundesrepublik. Durch Waffenlieferung unterstützt diese die isrealische Apartheid. Deutsche Konzerne, wie Heidelberg Zement profitieren vom Ressourcenraub in Palästina und verdienen an der Architektur der Vertreibung. Über in deutschen Medien viel verbreitete stigmatisierende und endkontextualisierende Bilder von Palästinenser:innen, wie bspw. jene von mit Steinen bewaffneten Jugendlichen in der al-Aqsa Moschee sagte er: „Die Schnipsel, die die deutsche Presse zeigt ist diese Gegengewalt, verzweifelter Palästienser:innen, sie tuen so, als würde eine staatenlose Bevölkerung einen atomar bewaffneten Apartheidsstaat unterdrücken.“

Auch im Falle der Demonstration von Palästina Spricht, zeigt sich ein solches rassistisches Framing der großen deutsche Medienhäusern. Der politische Gehalt der Demonstration und die Unterdrückung der Palästinenser:innen ist kein Thema in ihrer Berichterstattung. Stattdessen stürzt man sich auf eine kleine Gruppe an Versammlungsteilnehmer:innen und nimmt ihr Verhalten als Grundlage für den Charakter der Demonstration. In ihren Berichten sind immer die Palästinenser:innen die Bösen. Israelische Siedler:innen, die im Ramadan „Tod allen Arabern“ schreien und zum Genozid aufrufen werden von den bürgerlichen Medien nicht thematisiert. Sie verschließen die Augen vor der menschenrechtswidrigen Situation der palästinensischen Bevölkerung und legen den Fokus auf die Gegengewalt in Palästina oder hierzulande auf die wenigen reaktionäre Parolen und Inhalte die sich auf der Demo finden ließen. Mit so einer Berichterstattung befeuern sie antimuslimischen Rassismus und deligitimieren die essentiellen Proteste gegen die isrealische Apartheid. In der Realität hatte diese Demonstration einen intersektionellen, linken und kämpferischen Charakter.

Nach den zuletzt heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Linkspartei über Israel und Palästina, die nun sogar darin gipfeln könnten, dass der Berliner Linksjugend aufgrund von ihren palästinasolidarischen Beschlüssen die Gelder gestrichen werden sollen, sprachen sich unter anderem Sebastian Schlüsselburg (MdA) und Petra Pau (MdB) von der LINKEN auf Social Media indirekt für ein Verbot von palästinensischen Demonstrationen aus. Im Mai letzten Jahres waren wir bereits Zeuge davon, wie während der Bombardements Israels auf den den Gazastreifen Vertreter:innen aller Bundestagsparteien von AFD bis zur Linken  gemeinsam eine Solidaritätskundgebung für Israel abhielten. Alle, die sich berechtigterweise gegen diese Staatsräson erheben und gemeinsam für ein Ende des Kolonialismus protestieren, werden von bürgerlichen Politiker:innen und ihrer Presse diffamiert.

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