Pro-Zionistische Hetze gegen marxistische Dozentin

11.01.2017, Lesezeit 5 Min.
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Das Otto-Suhr-Institut (OSI) für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin will der Dozentin Eleonora Roldán Mendívil, die das Seminar „Rassismus im Kapitalismus“ leitet, keine weiteren Lehraufträge mehr geben. Zuvor gab es eine hetzerische Kampagne gegen sie.

„Wir werden unverzüglich eine wissenschaftliche Untersuchung der Vorwürfe einer israelfeindlichen oder gar antisemitischen Publikationspraxis der Lehrbeauftragten Roldán Mendevil vornehmen. Die Dozentin wird zumindest bis zur Klärung der Vorwürfeam Otto-Suhr-Institut keinen weiteren Lehrauftrag erhalten.“

Mit diesen Worten gab die Geschäftsführung eines der größten Politikwissenschaftsinstitute in Deutschland am Montag der Hetzkampagne gegen die Dozentin Eleonora Roldán Mendívil nach. Ihr Seminar „Rassismus im Kapitalismus“ – mit fast 70 Anmeldungen in diesem Semester eine der beliebtesten Veranstaltungen am Institut – wurde vom Institut dazu nicht befragt.

Als wichtigere Quelle erschien dem Institut der rassistische und prozionistische Blog „boasinfo“. Dieser veröffentlichte Ende Dezember einen Artikel, der Roldán Mendívil auf übelste Weise verleumdet und gegen sie hetzt. Vor wenigen Tagen nahm die Jüdische Rundschau diesen Blogpost unkritisch eins zu eins auf, der dazu aufruft, sich beim Otto-Suhr-Institut zu beschweren. Auch die antideutsche Studierendeninitiative „Gegen jeden Antisemitismus“ sprang auf den Zug auf und forderte den Rauswurf von Roldán Mendívil.

Mit Erfolg: Das OSI wird „zumindest bis zur Klärung der Vorwürfe“ keine weiteren Lehraufträge an die Dozentin vergeben. Doch was sich in eine vermeintlich wissenschaftliche Neutralität kleidet, ist vorallem die Gewissheit, dass Palästina-solidarische Positionen innerhalb der deutschen Akademie sowieso kaum anzutreffen sind. Wie wird die Kommission zusammengesetzt sein, die die Dozentin überprüfen soll? Und selbst wenn die Prüfung für sie positiv ausfällt: Wird Roldán Mendívil nach dieser Prüfung jemals wieder eine wissenschaftliche Laufbahn in Deutschland anstreben können, wenn die Jüdische Rundschau dann dazu aufruft, die nächste Universität, die nächste wissenschaftliche Publikation, mit Mails zu bombardieren?

Auch international sind sich die rechten Lobbyist*innen einig, wie ein in der Jerusalem Post erschienener Artikel von Benjamin Weinthal nun bezeugt.

Ohne es laut auszusprechen, trifft die Geschäftsführung des OSI mit ihrer Erklärung eine Vorverurteilung, die von einem hetzerischen und rassistischen Blogpost ausgeht. Der Blog, der im Schutze der vermeintlichen Anonymität betrieben wird und sich somit jeder Verantwortung für die eigene Ignoranz und Fremdenfeindlichkeit zu entziehen versucht, fällt schnell aufgrund seines blanken antimuslimischen Rassismus auf. So wird durch rassistische Argumente beispielsweise behauptet:

„Viele Palästinenser [sind] es gewohnt […] von internationalen Hilfsgeldern zu leben, wenn sie sich als Opfer Israels vermarkten“, oder:

„Die einzige Kunst, auf die man sich in den Jahren seit der Erfindung des ‘palästinensischen Volkes‘ in den 60er Jahren konzentriert hatte, waren Judenhass und Terror gegen Israel.“

Wenn mensch weiter recherchiert, wird der Rassismus des Betreibers des Blogs, der seinen Twitter Account dort verlinkt hat, noch offener und widerwärtiger. Mit einer Deutschlandfahne posierend hetzt Andreas B. mit wirren rassistischen Argumenten gegen Muslim*innen und Araber*innen. So befürwortet er beispielsweise auch die rassistischen Massenkontrollen durch „Racial Profiling“ in der Kölner Silvesternacht und stellt Muslime unter Generalverdacht für sexualisierte Gewalt.

Andreas B. schreckt nicht einmal davor zurück, Tweets des rassistischen und sexistischen Demagogen Donald Trump unkommentiert zu teilen. Sein kompletter Blog und Twitteraccount scheinen ein Sammelsurium aller rassistischen Argumente zu sein, denen er sich bedienen kann, um die Unterdrückung Palästinas zu rechtfertigen. Auffällig ist auch, dass er „Palästinenser“ in Anführungszeichen schreibt, womit er ihre Existenz de facto in Frage stellt.

Falls all dies nicht genug wäre, um die absurden Antisemitismusvorwürfe des Andreas B. zu delegitimieren, können wir auch auf seinen Artikel „Israelhetze mit Lehrauftrag an Berliner Uni?“ eingehen. Durch Pseudoargumente, die daraus bestehen, kritischen Absätzen ein „(sic!)“ hinzuzufügen und Aussagen umzudrehen, versucht Andreas B., Eleonora Roldán Mendívil als Wissenschaftlerin und Aktivistin zuverleumden. Dabei schreckt er nicht vor rassistischen Zuschreibungen wie „Eleonora Roldán Mendívil mit Temperament in ihrem Element“ zurück. Er behauptet fälschlicherweise, Roldán Mendívil legitimiere durch das Anerkennen der„Al-Nakba“ die Hamas und schmückt seinen Artikel durch unzählige Halbwahrheiten. Mit allen scheinbaren Argumenten schafft er es jedoch nicht, die Vorwürfe gegenüber der Dozentin mit den Lehrinhalten des Seminars in Verbindung zu bringen, welches sich mit einer materialistischen Analyse von Rassismus beschäftigt. Eine Methode, die Andreas B. sich auch aneignen sollte, um von seinen eigenen Rassismen wegzukommen.

Obwohl klar ist, dass „boasinfo“ eine nicht ernst zu nehmende, rechte Seite ist, wurde die Kampagne von der Jüdischen Rundschau aufgenommen, und das Otto-Suhr-Institut schenkt ihr mit ihrer Stellungnahme Glauben. Hier handelt es sich um einen Angriff auf eine kritische Dozentin, und in Zeiten des Rechtsrucks und der Neoliberalisierung der Hochschule stellt dies eine direkte Attacke auf die wenigen Elemente kritischer Lehre zu Kolonialismus und Rassismus dar. Umso wichtiger ist es, sich gegen diese rechte Hetze zu stellen und Eleonora Roldán Mendívil gegen diesen Angriff zu verteidigen.

Eine mit ihr solidarische Petition kann bei Change.org unterschrieben werden.

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