New York: Der Reformer, der Insider und der Rechtspopulist debattieren, aber wer wird das System konfrontieren?
Für eine Generation, die sich in Zohran Mamdani wiedererkennt, hat die Bürgermeisterdebatte sowohl seine Anziehungskraft als auch seine Grenzen aufgezeigt.
Die Bürgermeisterdebatte zwischen Zohran Mamdani, Andrew Cuomo und Curtis Sliva – wahrscheinlich eine der meistgesehenen in der Geschichte New Yorks – sollte sich eigentlich um lokale Themen drehen. Aber sie wurde zum Spiegel einer globalen Krise, die fast alle großen Städte der Welt betrifft. In einer Zeit, die von beispiellosen Angriffen auf Migrant:innen, der Aushöhlung grundlegender demokratischer Rechte, einer drohenden Rezession, Umweltkatastrophen und dem Schrecken eines Völkermords geprägt ist, ist es nicht verwunderlich, dass die Wähler:innen sich für mehr als Schlaglöcher interessieren. Unter der Oberfläche von Auseinandersetzungen über Stadtplanung und Debatten über die Stadtreinigung liegt eine Stadt, die von Imperialismus und Finanzkapital geprägt ist – Kräfte, die die meisten New Yorker:innen spüren, auch wenn sie sie nicht beim Namen nennen.
Es war von Bedeutung, dass auf der einen Seite ein junger muslimischer Einwanderer aus Uganda namens Zohran Mamdani stand und auf der anderen Seite Curtis Sliwa, der wie Cuomo seinen Namen nicht aussprechen konnte – eine kleine Geste der Ignoranz, die jedoch eine tiefere Verachtung offenbart. In der Mitte des Spektrums stand Cuomo, der den Abend größtenteils in der Defensive verbrachte. Umfragen zeigen, dass er stark zurückliegt – eine aktuelle Umfrage von Fox News gibt Mamdani 52 Prozent, Cuomo 28 Prozent und Sliwa 14 Prozent, während die Wettmärkte auf Polymarket Mamdani etwa 90 Prozent Siegchancen einräumen, kurz vor dem Wahltag.
Cuomos Autorität, die lange Zeit von Immobilienkapital, Lobbyist:innen und sogar Trump-nahen Spender:innen gestützt wurde, ist zusammengebrochen. 13 laufende Gerichtsverfahren – darunter Vorwürfe wegen sexueller Belästigung, Vergeltungsmaßnahmen am Arbeitsplatz und Missbrauch staatlicher Ressourcen – und die anhaltende Empörung über seine COVID-Pflegeheimpolitik als Gouverneur, die zu Tausenden vermeidbarer Todesfälle führte, haben ihn diskreditiert. Diese Flecken tauchten während der Debatte immer wieder auf. Für einen tief im Establishment verankerten Demokraten, der nach seiner Niederlage gegen Mamdani in der Vorwahl gezwungen war, als Unabhängiger zu kandidieren, war es eine demütigende Szene. Seine gesamte Kampagne fungiert nun weniger als programmatische Plattform, sondern eher als Reaktion – als letzter Reflex der angeschlagenen lokalen demokratischen Elite, die verzweifelt versucht, Mamdanis Aufstieg mit allen Mitteln zu verhindern.
Im Gegensatz dazu geht Mamdani mit Schwung in diese Phase, indem er den Status Quo im Vergleich zu seinen Konkurrenten aufbricht. Er dominierte den größten Teil der zweistündigen Debatte gegen erfahrenere Rivalen wie Cuomo und strahlte Selbstvertrauen und Kontrolle aus, während er versuchte, sich als Außenseiter zu positionieren.
Auf den ersten Blick ist das beispiellos: Ein Kandidat, der sich, wenn auch nur vage, mit dem Sozialismus identifiziert, will die Hauptstadt der globalen Finanzwelt regieren. In der Debatte orientierte sich Mamdani jedoch weniger an echten Sozialist:innen als an Franklin D. Roosevelt (US-Präsident von 1933 bis 1945) und Fiorello La Guardia (New Yorker Bürgermeister von 1934 bis 1946). Symbole der vergangenen New-Deal-Ära, als der US-Kapitalismus strukturell in der Lage war, unter dem Druck der Massenklassenkämpfe Zugeständnisse zu machen. Heute ist das Gegenteil der Fall: Der Imperialismus befindet sich in der Krise, die globale Profitrate stagniert, und Krieg und Schulden verschlingen den Staat.
Was also tun mit der Sehnsucht nach Stabilität in einer Zeit, in der die Stadt – und das System – unter der Last steigender Mieten, zusammenbrechender öffentlicher Dienstleistungen und einer immer mächtiger werdenden Polizei in der Krise stecken?
Denn die eigentliche Frage ist nicht mehr, wer der nächste Bürgermeister sein wird, sondern wie wir den Mächten begegnen, die diese Krise verursacht haben und New York wirklich regieren – Immobilienkapital, Banken und die Polizei, deren Herrschaft durch keine Wahl allein gebrochen werden kann. Für einen Moment schien Mamdani auf diese Konfrontation hinzuweisen. Aber sobald er auf der Bühne stand, milderte sich seine provokante Sprache zu Aussagen wie „mit Trump zusammenarbeiten“, „mit der Polizei kooperieren“ und „die Wirtschaft unterstützen“. In dieser Wendung offenbarte die Debatte ihren zentralen Widerspruch: eine Bewegung von Arbeiter:innen und Jugendlichen, die Veränderung will, angeführt von einem Kandidaten, der Stabilität verspricht – nicht gegen das Kapital, sondern mit ihm.
Eine Debatte, die das Kapital eher beruhigte als verängstigte
Diese Spannung zog sich durch die gesamte Debatte. Von Anfang an fragten die Moderator:innen, wie jeder Kandidat auf Trumps Drohungen reagieren würde, „radikalen Städten“ die Mittel zu streichen und die Nationalgarde einzusetzen, um „die Ordnung wiederherzustellen“. Mamdani stellte sich als der Kandidat dar, der am besten in der Lage sei, „sich gegen Donald Trump zu behaupten“, fügte aber im gleichen Atemzug hinzu: „Ich würde dem Präsidenten klar machen, dass ich nicht nur bereit bin, mit ihm zu sprechen, sondern auch mit ihm zusammenzuarbeiten, wenn dies bedeutet, dass die Lebenshaltungskosten in New York gesenkt werden können.“ Dieser Widerspruch prägte den Ton des Abends: Man verurteilte den Führer des reaktionären, imperialistischen Kapitals und versprach gleichzeitig, unter seiner Regierung verantwortungsbewusst zu regieren. Aber wie kann man mit Trump „zusammenarbeiten“, um das Leben der Arbeiter:innen zu verbessern, wenn seine Politik aus Gewerkschaftsbekämpfung, Sozialkürzungen, Massenabschiebungen und Krieg besteht?
Als das Gespräch auf Wohnraum und Bezahlbarkeit kam, stellte Mamdani seinen Plan vor: Mietpreisstopps, kostenlose Busse, finanziert durch „Finanzprüfungen“ – ein Begriff der Effizienz, hinter dem sich oft Sparmaßnahmen verbergen – und ein 2-Milliarden-Dollar-Fonds, um privaten Bauherren beim Bau „bezahlbarer“ Wohnungen zu helfen, also eine Subvention für genau die Immobilieninteressen, die die Krise vorantreiben. Die Vorschläge sprechen die Frustration der Mieter:innen und Arbeiter:innen an, die aus ihrer eigenen Stadt verdrängt werden, aber auf der Bühne offenbarten sie einen tieferen Widerspruch: Mamdani versucht, zwei gegensätzliche Kräfte – Mieter:innen und Bauherren – miteinander zu versöhnen, um zu zeigen, dass die Stadt gleichzeitig Profiten und Bedürfnissen dienen könne. Selbst einige Mainstream-Medien wiesen auf den Widerspruch eines Bürgermeisters hin, der zusammen mit der Wall-Street für „demokratischen Sozialismus“ eintreten will.
Sliwa hingegen berief sich auf Ronald Reagan als seinen Helden, lobte Charter-Schulen und versprach, hart gegen Kriminalität vorzugehen. Sein Populismus verschleiert, wie so oft bei der heutigen Rechten, Elemente neoliberaler Kontinuität hinter einem angstschürenden Diskurs über Kriminalität und Chaos.
In Bezug auf Gaza erreichte Cuomos Zionismus fast komische Ausmaße. Er wetterte gegen den Slogan „Globalisiert die Intifada“ und bezeichnete ihn als „einen der größten Flüche der Welt“, wobei er einen Ruf nach Befreiung in eine Anschuldigung des Hasses verdrehte. Mamdani, der sich früher lautstark für die Palästina-Bewegung eingesetzt hat, wandte sich stattdessen dem sichereren Terrain einer „Zweistaatenlösung“ zu – der moralischen Sprache, die die Demokratische Partei tolerieren kann, weil sie nach Frieden klingt und gleichzeitig den imperialistischen Status quo bewahrt.
In Bezug auf die Polizei waren sich alle drei Kandidaten einig, dass die NYPD erhalten bleiben muss – ein unausgesprochener Konsens, der zeigt, wie tief die Kommunalregierung mit Schutz von Eigentum und Unterdrückung verbunden ist. Fünf Jahre nach dem Aufstand von Black Lives Matter ist das Budget der Behörde auf über zwölf Milliarden Dollar angewachsen und damit größer als die Militärbudgets vieler Nationen. Dennoch wagte es niemand, eine Kürzung vorzuschlagen. Mamdani, der einst die Streichung der Polizeimittel forderte, sagt nun, er werde „mit den Beamten zusammenarbeiten“, um „Sicherheit in der Gemeinde“ zu erreichen. Er entschuldigte sich für alte Tweets und sagte, seine Ansichten hätten sich „weiterentwickelt“.
Die ganze Nacht über schwebte das Wort „Sozialist“ im Raum. Cuomo und sogar die Moderator:innen der Debatte warnten vor den radikalen Linken, die den „Kapitalismus abschaffen“ wollen. Sliwa verspottete AOC und verurteilte die Bewegung, die den Bau des Amazon-Hauptsitzes in Queens verhindert hatte. Der Moderator fragte Mamdani direkt, ob er ein „demokratischer Sozialist“ sei. Mamdani weigerte sich jedoch, seine eigene Organisation zu nennen oder die angegriffene Linke zu verteidigen. Zuvor war er daran erinnert worden, dass er einmal bei Protesten verhaftet worden war – ein Detail, das seine spätere Zusage, sich „auf das Bürgermeisteramt“ statt auf „die Straßen“ zu konzentrieren, wie eine Entschuldigung für seine aktivistischen Wurzeln erscheinen ließ, die Zohran gerade bei den breiten Schichten beliebt gemacht haben, die NYC für Black Lives Matter und Palästina lahmgelegt haben.
Selbst als Trumps Verfolgung linker Persönlichkeiten wie Hasan Piker zur Sprache kam – Piker ist wie Mamdani Angriffen und Abschiebungsdrohungen ausgesetzt –, sagte Mamdani nichts über die allgemeine Welle der Repression. In einer Stadt, die sich noch gut an die Räumung der studentischen Camps, die Versuche, Aktivist:innen wie Mahmoud Khalil abzuschieben, und die jüngsten Entlassungen der CUNY Fired Four erinnert, über die Mamdani sich zuvor geäußert hatte, war dieses Schweigen bezeichnend. Es war nicht nur die Angst vor Trump, sondern auch die Logik der Respektabilität, die auf jeder Persönlichkeit lastet, die versucht, das System von innen heraus zu verändern.
Zwischen Hoffnung und Machtapparat
Die Debatte fand statt, während sich innerhalb der DSA (Demokratische Sozialist:innen Amerikas) dieselben Widersprüche abspielten. In den letzten Wochen gab es Auseinandersetzungen darüber, wie auf Mamdanis Rechtsruck in Bezug auf die Polizei und Palästina zu reagieren sei – und darüber, ob die Organisation noch unabhängig von der Demokratischen Partei handeln könne, die er nun vertritt. Die Generalversammlung der NYC-DSA am Mittwoch, die viele als undemokratischen Versuch bezeichneten, abweichende Meinungen zu unterdrücken, machte die Lage deutlich. Auf der Versammlung wurde den Mitgliedern eine Resolution vorgelegt, die hastig und ohne viel Zeit für Debatten eingebracht wurde und darauf abzielt, jede interne Kritik an Mamdani zu unterbinden – gerade in einem Moment, in dem er sich immer mehr in die Demokratische Partei integriert, vor der die meisten Mitglieder der DSA Zuflucht gesucht haben.
Offensichtlich hat die Führung der DSA, die immer noch unter den Folgen der Bowman-Affäre leidet, Disziplin über Debatte gestellt. Diejenigen, die Mamdanis Allianzen oder seine weichere Haltung in der Palästina-Frage in Frage stellen, werden als „ultralinks” abgetan, was der Logik von Eric Blanc und anderen entspricht, die Palästina und Fragen der Unterdrückung herunterspielen, um die Linke innerhalb der Demokratischen Partei als „verantwortungsbewusst” erscheinen zu lassen. Aber die einfachen Arbeiter:innen in Italien – die einen Generalstreik für Palästina organisierten, der dazu beitrug, Trump zu einem Waffenstillstand zu zwingen – zeigten das Gegenteil: dass Arbeiter:innen ihre Politik nicht mildern müssen, um wirksam zu sein. Wenn wir gemeinsam handeln, haben wir die Macht, das System lahmzulegen – und die Klassenpolitik zu einer Waffe gegen Unterdrückung und Repression zu machen, statt sie davon abzulenken.
Mamdanis Wahlkampf bewegt sich nun zwischen diesem doppelten Druck – zwischen einer Basis, die von kämpferischen Bewegungen geprägt ist, und einem Parteiapparat, der vom imperialistischen Kapital geprägt ist und darauf ausgelegt ist, einen Bruch mit dessen Interessen zu verhindern. Viele werden eine Logik verteidigen, die diese Kräfte unter dem Banner vereinen will, „um Dinge zu erledigen“. Aber genau so verlieren Bewegungen ihre Macht: wenn die Konfrontation mit dem Kapital durch Verhandlungen mit ihm ersetzt wird.
Es ist dieser Widerspruch, der Mamdanis Kandidatur ihre besondere Brisanz verleiht: ein Experiment, das aus Hoffnung geboren ist, aber an Institutionen gebunden ist, die diese Hoffnung ersticken. Um ihn herum stehen Tausende junger Arbeiter:innen und Mieter:innen – Lehrer:innen, Krankenschwester:innen und Lieferfahrer:innen –, die noch immer die Erinnerung an den Verrat von Sanders und AOC in sich tragen, aber glauben wollen, dass es diesmal anders sein kann. Umfragen zeigen, dass die New Yorker:innen Palästina und die Lebenshaltungskosten zu ihren wichtigsten Anliegen zählen. Diese Konvergenz – zwischen den Forderungen nach Brot und Butter und dem Kampf gegen imperialistische Unterdrückung – ist der Keim für einen Massenkampf, der mächtiger sein kann als die Macht eines jeden Bürgermeisters.
Trump hat bereits damit gedroht, die Bundesmittel für von Demokraten regierte Städte zu kürzen, und den Obersten Gerichtshof gebeten, das Verbot des Einsatzes der Nationalgarde aufzuheben – während Bundesgerichte seinen Truppeneinsatz in Chicago und Portland blockieren. Die Frage ist also nicht nur, was für einen Bürgermeister New York bekommen wird, sondern auch, welche Art von Widerstand entstehen kann, wenn die Bundesregierung ihr ganzes Gewicht gegen jede Bewegung einsetzt, die ihre Interessen in Frage stellt.
Für viele, die Mamdani zujubelten, verdeutlichte die Debatte sowohl die Hoffnung als auch die Grenzen des Augenblicks. Seine Kampagne drückt etwas Reales aus – eine Ablehnung der kapitalistischen Gier, eine Sehnsucht nach einer Stadt, die von und für arbeitende Menschen geführt wird. Doch was wir auf der Bühne sahen, war, wie schnell diese Sehnsucht mit den Institutionen kollidiert, die sie eindämmen sollen: der Demokratischen Partei, der Polizei und den Märkten, die jede Entscheidung in dieser Stadt beeinflussen. Ob dieser Moment zu einem weiteren Versuch wird, die Krise zu bewältigen, oder zu einem Schritt, um sie zu überwinden, hängt weniger davon ab, was im Rathaus geschieht, als vielmehr davon, was außerhalb davon geschieht – an den Arbeitsplätzen, in den Schulen und in den Bewegungen, die Mamdanis Aufstieg ermöglicht haben und die, wenn sie sich nach ihren eigenen Vorstellungen organisieren, die Macht haben, für die Stadt zu kämpfen, die die arbeitenden Menschen tatsächlich brauchen.
Dieser Artikel erschien zunächst am 17. Oktober in unserer US-amerikanischen Schwesterzeitung Left Voice.