Neue Grundsicherung – ein antifeministischer Angriff auf die Arbeiter:innenklasse
Das Arbeitsministerium der neuen Bundesregierung plant eine Reform des Bürgergelds, nun als neue Grundsicherung bekannt. Dieser Angriff wird weitreichende Folgen haben - besonders für Frauen.
Die neue Grundsicherung baut auf harte Sanktionen, weniger Schonvermögen und fehlende Karenzzeit. Begründet werden diese drastischen Reformen durch gewünschte Ersparnisse. Dabei liegt die eigentliche Einsparung nur bei 86 Millionen Euro! Zum Jahr 2028 wird sogar mit Mehrausgaben gerechnet. Zur Einordnung, jedes Jahr fehlen dem Bund über 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung. Das ist das Doppelte der jährlichen Ausgaben für das Bürgergeld.
Wer also von den neuen Reformen wirklich profitiert, sind die Bosse und Immobilienhaie, welche die existenzielle Krise der Arbeiter:innen und Arbeitssuchenden ausnutzen. Arbeitnehmer:innen müssen sich mit ihren häufig schlechten Arbeitsbedingungen zufriedengeben, denn das, was einem bei einer potenziellen Kündigung droht, ist der soziale und finanzielle Abstieg.
„Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen“, heißt es im Arbeitstext der Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU/SPD. Gleichzeitig haben sich die Jobaussichten durch zunehmende Stellenkürzungen, sowie die wirtschaftliche Lage vor allem bei Jobeinsteiger:innen drastisch verschlechtert. Im Jahr 2024 waren 47,7 Prozent der Bürgergeld-Beziehenden unter 30 Jahren. Langfristige Angestelltenverhältnisse und Jobs passend zu den jeweiligen Qualifikationen werden nicht mehr priorisiert, sondern nur ein möglichst schneller Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.
Denn zuallerletzt droht womöglich die Wohnungslosigkeit, wenn auch Heiz- und Mietkosten gestrichen werden. So profitieren auch die Vermieter:innen und Investor:innen, durch einen schnelleren Rausschmiss von zahlungsschwachen Mieter:innen. Der Berliner Senat rechnet bis 2029 mit einem Anstieg von Wohnungslosen um knapp 60 Prozent. Eine Statistik aus dem letzten Jahr zeigt, dass rund 30 Prozent der Wohnungslosigkeit durch Mietschulden entstand.
Es droht also vermehrt ein Abrutschen in den Niedriglohnsektor. Diese Prekarisierung der Verhältnisse erhöht weiter den Druck auf die Arbeiter:innenklasse.
Etwa 800.000 Personen sind auf zusätzliche Leistungen angewiesen, mit denen sie ihr Gehalt aufstocken, um die Existenz sichern zu können. Zum größten Teil handelt es sich um eine Teilzeitbeschäftigung, bei der 58 Prozent Frauen ausmachen. Zum Vergleich, bei den Aufstockenden bei einer Vollzeitbeschäftigung sind es lediglich 27 Prozent Frauen.
Besonders betroffen sind alleinerziehende Frauen, welche neben der Lohnarbeit auch noch Care-Arbeit und Kinderbetreuung leisten müssen und deshalb häufig nur Teilzeit arbeiten können. Daraus resultiert eine Unterrepräsentation in Statistiken.
Es besteht eine systematische Benachteiligung von Frauen und marginalisierten Gruppen bei der Arbeitsvermittlung durch die Jobcenter.
Da Männer bei dem Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt durch eine Vollzeitbeschäftigung meist mehr verdienen, wird die Vermittlung priorisiert, um möglichst viel Bürgergeld einsparen zu können. Ebenso zeigt es sich im Programm „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“, bei dem lediglich ein Drittel Frauen stellen, obwohl 50,4 Prozent der Bürgergeld beziehenden Frauen sind.
Statt Sanktionen und Kürzungen braucht es Gleichberechtigung beim Bezug von Sozialleistungen, bedarfsgerechte Betreuung und besondere Förderprogramme für die Care-Arbeit leistenden. Besonders braucht es sichere Arbeitsverhältnisse, faire Löhne und gerechte Arbeitsbedingungen.
Die Bürgergeld-Reform zeigt einen klaren Angriff auf die Arbeiter:innenklasse, der für Verunsicherung und Spaltung sorgen soll.
Deshalb ist es nun besonders wichtig, eine starke Arbeiter:innenbewegung aufzubauen, die schon bestehende Kämpfe mit dem Kampf für eine angemessene Grundsicherung verbindet. Wir müssen uns in den Gewerkschaften und Betrieben organisieren und in den Universitäten und Schulen gemeinsam solidarisieren, wie zum Beispiel bei den aktuellen Streiks gegen das Outsourcing der Lieferando Fahrer:innen.
Es geht nun auch darum, den Druck auf die Linkspartei zu erhöhen, um eine starke Opposition zu haben, die zu Streiks aufruft und im sozialpolitischen Kampf mobilisiert.