NATO will Armee verzehnfachen: Imperialistische Mächte bereiten sich auf Eskalation vor

28.06.2022, Lesezeit 5 Min.
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Quelle: Michele Ursi / Shutterstock.com

NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat angekündigt, die NATO-Eingreiftruppe auf über 300.000 Soldat:innen aufzustocken. Zum Ende des G7-Gipfels in Elmau und vor Beginn des NATO-Gipfels in Madrid ist klar: Die Eskalationsspirale dreht sich weiter.

Eine Zeitenwende folgt der nächsten: Nachdem die deutsche Bundesregierung Anfang Juni die massivste Aufrüstung der Bundeswehr seit Jahrzehnten durchgesetzt hat, kündigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gestern die „größte Neuaufstellung unserer kollektiven Verteidigung und Abschreckung seit dem Kalten Krieg“ an. Konkret soll die Einsatzstärke der NATO Response Force (NRF, Schnelle Eingreiftruppe der NATO) von knapp 40.000 auf mehr als 300.000 Soldat:innen fast verzehnfacht werden. Das soll der NATO-Gipfel beschließen, der ab Mittwoch in Madrid tagt – direkt im Anschluss an den G7-Gipfel in Elmau, der heute endet.

Der Bezug auf den Kalten Krieg kommt nicht von ungefähr: Die NATO stellt sich auf die größte Konfrontation mit Russland seit Jahrzehnten ein. Die Ankündigung Stoltenbergs, dass der Krieg “Jahre dauern” könnte, und die Zusage stetiger militärischer Unterstützung für die Ukraine, als Gründe für die massive Vergrößerung der NRF lassen vermuten, dass die NATO sich auch darauf vorbereitet über die bisherige Politik der Lieferung von Waffen und der Ausbildung von Soldat:innen hinaus, direkt militärisch in der Ukraine einzugreifen. Der Ukraine-Krieg weitet sich somit immer mehr zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der militärischen Allianz der westlichen imperialistischen Mächte und dem Putin-Regime aus.

Zugleich sorgt der aktuelle Stellungskrieg in der Ukraine immer wieder für grausame Schlagzeilen, die für die NATO zur Legitimation einer schärferen Eskalationspolitik dienen können, wie der mutmaßliche Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in der Stadt Krementschuk mit mindestens 18 Toten zeigt, der von der Selenskyj-Regierung als Kriegsverbrechen und einer „der dreistesten Terrorangriffe in der europäischen Geschichte“ qualifiziert wurde.

Die NATO-Eingreiftruppen sollen nicht nur fast verzehnfacht, sondern auch neu aufgestellt werden. Sie sollen künftig gestaffelt in zehn, 30 oder 50 Tagen einsatzbereit sein und festen Gebieten zugeordnet werden. Die Bundeswehr beispielsweise könnte so stetig die Verantwortung über NATO-Einsätze in Litauen bekommen. Die Umstrukturierung der NATO-Kräfte in Osteuropa, die zur massiven Erweiterung der Truppenpräsenz in Osteuropa und insbesondere an der russischen Grenze führen wird, stellt so zweifellos einen der wichtigsten historischen Momente für die imperialistischen Mächte seit dem „Krieg gegen den Terror“ dar.

Die imperialistischen NATO-Mächte werden sich jedoch nicht nur mit der Ukraine beschäftigen. In Madrid werden sie neben einer allgemeinen Aufstockung der Militärausgaben auch die Aufrüstung der europäischen Südgrenze diskutieren, um künftige Migrationswellen zu verhindern. Selbst die selbsternannte “progressive” spanische Regierung will die Migration als “hybride Bedrohung” einstufen. Was das bedeutet, zeigte erst vor wenigen Tagen die Ermordung von 37 Migrant:innen in Melilla durch Sicherheitskräfte der EU und Marokkos. Gleiches lässt sich auch über die Hunderttausenden Migrant:innen in Lateinamerika sagen, die aufgrund des mörderischen Grenzregimes der USA dazu gezwungen sind, klandestin die Grenze zu überqueren und dabei wie in Texas zu Dutzenden in Lastwagen zu sterben.

Wie der NATO-Gipfel ist auch der G7-Gipfel in Elmau, der am Sonntag begonnen hatte, ganz im Zeichen der verstärkten Konfrontation mit Russland durchgeführt worden. Beim Gipfel der sieben mächtigsten imperialistischen Staaten, gegen den Tausende am Samstag in München und am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen demonstriert hatten, sollen zum Abschluss neue Sanktionen gegen Russland beschlossen werden, unter anderem ein Exportverbot für russisches Gold und Strafzölle auf zahlreiche russische Produkte. Auch eine Preisobergrenze für russisches Öl wurde diskutiert, um Russland dazu zu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis zu verkaufen. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland, unter dem die russische Zivilbevölkerung massiv leiden wird, wird also weiter ausgeweitet.

Die Gipfelberatungen in Elmau waren von einem massiven Polizeiaufgebot von 18.000 Polizist:innen und massiver Polizeigewalt begleitet worden. Klasse Gegen Klasse berichtete nicht nur live über die Proteste, sondern nahm gemeinsam mit antikapitalistischen und sozialistischen Kräften an den Protesten teil und kämpfte für eine konsequente antiimperialistische Politik, die sich weder dem Putin-Regime noch den imperialistischen NATO-Mächten unterordnet und klar sagt: Kein Cent, kein Mensch für den Militarismus!

Auch in Madrid wird der NATO-Gipfel durch massive Polizeipräsenz begleitet. Mehrere tausend Menschen demonstrierten durch die Straßen der Hauptstadt und forderten die Auflösung der NATO und die Schließung der NATO-Militärbasen. An der Demonstration nahm auch unsere Schwesterorganisation CRT (Corriente Revolucionaria de las y los Trabajadores, Revolutionäre Arbeiter:innenströmung) mit den Gruppierungen Pan y Rosas (Brot und Rosen) und Contracorriente (Gegen den Strom) teil.

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