München: Was ich mir als Kinderpflegerin statt Olympia wünsche
Ein Blick auf die Nebenwirkungen des „Olympia-Fiebers“: Wer wird davon profitieren, wer nicht und was sollten wir tun?
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In letzter Zeit gab es viel Werbung für die „OlympiJA“-Kampagne, um die Olympischen Spiele nach München zu holen. Es scheint, als könne man ihr nirgendwo entkommen: von der monströsen Werbetafel am Odeonsplatz bis hin zu den unzähligen S-Bahn-Anzeigen. Mehrere Unternehmen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die „Olympia-Begeisterung“ ansteckend zu machen. Werbetafeln, die dies oder jenes verkaufen – letztendlich dreht sich alles um Siege, Medaillen und Sportler:innen.
Die Beeinflussung ist subtil, aber halten wir einmal inne und überlegen, was genau die Politiker:innen und Kapitalisten:innen damit bezwecken. Nicht falsch verstehen, ich schaue mir internationale Sportwettkämpfe genauso gerne an wie jede:r andere auch an. Aber ich denke, wir sollten uns ein paar wichtige Fragen stellen, bevor wir in ein paar Wochen unsere Stimme abgeben – wenn wir es überhaupt dürfen.
Wer profitiert – und wer nicht?
Zunächst einmal sollten wir uns fragen, wer von der Ausrichtung der Olympischen Spiele in München profitieren würde: große Unternehmer, Kapitalist:innen und natürlich die lieben Politiker:innen, die jeden Tag unermüdlich daran arbeiten, sich die Taschen zu füllen, anstatt das Geld den Menschen zu geben, die sie „vertreten“. Dieselben Politiker:innen, die behaupten, sie hätten nicht genug Geld, um jedem Kind den versprochenen Kindergartenplatz zu finanzieren. Dieselben Politiker:innen, die behaupten, die Gehälter der Erzieher:innen nur um lächerliche 50 Euro (wenn überhaupt) pro Monat zu erhöhen zu können, aber Milliarden für Kriege ausgeben, die nicht geführt werden sollten. Diese Erhöhung kam nämlich beim Tarifvertrag TVöD heraus, nachdem die Gewerkschaftsbürokrat:innen die Streiks und Verhandlungen gegen den Willen der Beschäftigten beendet hatten, anstatt weiter zu streiken.
„OlympiJA“ fordern auch dieselben Politiker:innen, die den Kreißsaal im Krankenhaus Neuperlach im Zuge einer „Umverlegung“ geschlossen – nachdem sie gelogen hatten, dass dieser Kreißsaal bis mindestens 2028 sicher sei. Sie nehmen damit Frauen, die für ihre Gesundheit und Sicherheit auf Neuperlach angewiesen sind, eine wichtige Versorgung weg. Es sind auch dieselben Politiker:innen, die Milliarden Euro für die Investition in eine zweite „Stammstrecke“ verschwendet haben, die seit 2002 massive Störungen, Bauarbeiten und Verspätungen verursacht und nur noch mehr Geld verschlingt. Die Lösung dieser Bürokrat:innen? Die Preise für einen Nahverkehr zu erhöhen, der so mittelmäßig ist, dass er stolz ist, mal „nur“ fünf bis sieben Minuten zu spät zu kommen.
Wer profitiert nicht von Olympia? Die Menschen, die knapp über der Armutsgrenze leben und schon jetzt Schwierigkeiten haben, ihre Miete im sehr teuren München zu bezahlen. Es gibt bereits jetzt Befürchtungen, dass die Mieten weiter steigen und die Lebenshaltungskosten zunehmen werden. Die Olympischen Spiele haben außerdem den Ruf, den Austragungsorten große wirtschaftliche Probleme zu bereiten, wie man am Beispiel von Rio de Janeiro im Jahr 2016 sehen kann, das sich davon noch immer nicht vollständig erholt hat.
Aus sportlicher Sicht werden auch die Vereine für Jugendliche und Schulen mit dringend renovierungsbedürftigen Sporthallen nicht von Olympia profitieren. Im Gegenteil: Alle Hoffnungen auf Finanzierung oder Unterstützung sind dahin, wenn die Olympischen Spiele in die Stadt kommen. Es geht nicht nur ums Geld, sondern auch was damit gemacht wird, etwa im Zuge der Militarisierung Deutschlands – dafür möchte ich euch diesen früheren Artikel empfehlen, der gegen die Militarisierung des Sports diskutiert..
Was tun gegen das kapitalistische Großprojekt?
Was können wir also tun? Zunächst einmal sollten Gewerkschaften dazu aufrufen, am 26. Oktober mit „Nein“ zu stimmen. Auch in Betriebsversammlungen müssen die Probleme diskutiert werden, die durch die Kürzungspolitik verursacht werden, insbesondere in Kindergärten, Schulen, sozialer Unterstützung und im Gesundheitswesen.
Weiten wir dafür etwas unseren Blick: Anstatt Geld in Kriege zu investieren, Völkermorde zu finanzieren oder kapitalistische Großprojekte zu finanzieren, sollten wir Frauen in prekären Wohnsituationen bessere Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und bezahlbaren Wohnraum für alle anbieten – anstatt nur mehr Hotels zu bauen, damit Tourist:innen einen Platz zum Schlafen haben, während sie sich die überteuerten Spiele ansehen.
Bezahlbarer Wohnraum kann durch die Enteignung großer Wohnungsunternehmen und durch die Kontrolle der Arbeiter:innen und Mieter:innen erreicht werden. Wir brauchen zuverlässige und kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, anstatt ständig überhöhte Preise für etwas zu verlangen, das öffentlich ist – also schon per Definition kostenlos sein sollte!
Zu allem Überfluss kann ich selbst gar nicht gegen die Olympischen Spiele stimmen – wie viele andere Münchner:innen, die nicht wahlberechtigt sind. Abschließend möchte ich also sagen, dass alle Menschen, die in München und in Deutschland leben, bei allen Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, mitbestimmen dürfen sollten. Sei es über die Olympischen Spiele, die:den nächste:n Münchner Oberbürgermeister:in oder den nächsten Bundestag – jede:r sollte die Möglichkeit haben, eine Stimme abzugeben.