Mamdani: New York gegen Trump und die Milliardäre

05.11.2025, Lesezeit 8 Min.
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Foto: Zohran Mamdani / Association for a Better New York (Flickr)

Mamdanis Sieg ist ein Auftrag, die Lebenshaltungskostenkrise zu bekämpfen, Migrant:innen zu verteidigen und den Völkermord zu stoppen.

Am 4. November gingen über zwei Millionen Menschen in New York City zur Wahl – die höchste Wahlbeteiligung bei einer Bürgermeisterwahl seit 1969. Zohran Mamdani gewann mit über 50 Prozent der Stimmen in einer Wahl, die eine deutliche Ablehnung des Trumpismus und der Politik des Status Quo der Demokraten darstellte.

Die Umfragen hatten es seit Wochen vorhergesagt, doch das macht Zohran Mamdanis Sieg nicht weniger monumental. Trump und das politischen Establishment haben ihn unentwegt diffamiert, mit rassistischen Schmähungen überzogen und Millionen Dollar aufgebracht, um seine Kampagne zu sabotieren. Sein Erdrutschsieg eine vernichtende Niederlage, nicht nur für Trump, sondern auch für das Establishment der Demokratischen Partei, das von Millionen Menschen als zu nachgiebig gegenüber der extremen Rechten und als Verräter an den Interessen der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten gesehen wird, dar.

Die enorme Begeisterung für Mamdani und die Wahlsiege der Demokraten in Bundesstaaten wie New Jersey, Virginia und Georgia sind in erster Linie eine Reaktion auf Trump. Es ist kein Geheimnis, dass sowohl Trump als auch die Demokraten sehr niedrige Beliebtheitswerte haben. Obwohl weitgehende Einigkeit darüber besteht, dass beide Parteien korrupt sind, waren die Wahlen an diesem Dienstag ein deutliches Warnsignal an einen immer autoritärer agierenden Trump, der offen Cuomo unterstützte und wiederholt damit drohte, gegen einen möglichen „kommunistischen“ Bürgermeister der größten Stadt der USA vorzugehen.

Ein Teil von Mamdanis Popularität – als einer der neuen Gesichter, die darauf setzen, die Demokratische Partei zu beleben und eine Wahlstrategie zur Eindämmung von Trumps autoritärem Vormarsch zu finden – liegt darin, dass er Trump offen trotzt, anstatt ihn zu imitieren: Mamdani gewann mit dem Versprechen, die New Yorker Arbeiter:innenklasse, Einwander:innen und trans Menschen zu schützen, anstatt sie zu verraten.

Die New Yorker:innen gingen in historisch hoher Zahl an die Urnen, um Trump zu trotzen – doch das allein erklärt Mamdanis klaren Sieg nicht. Sein Erfolg muss durch die Linse der mächtigen sozialen Bewegung betrachtet werden, die hinter seiner Kampagne und seinem politischen Aufstieg steht. Mehr als 104.000 Freiwillige gingen für Mamdani von Tür zu Tür. Viele von ihnen wurden von den Democratic Socialists of America organisiert, die Mamdanis Kandidatur initiierten – doch viele andere nicht. Der Kern von Mamdanis Basis besteht aus jungen Menschen und Arbeiter:innen in allen fünf Boroughs, die ihre eigenen Forderungen nach besseren Lebens-, Arbeits- und Bildungsbedingungen in der Kampagne wiederfanden. Sie misstrauen den Demokraten zutiefst, sind aber entschlossen, der extremen Rechten entgegenzutreten und zunehmend offen für antikapitalistische Ideen.

Dieses Gefühl wiederholt sich in Städten und Gemeinden im ganzen Land; es zeigt sich nicht nur in Mamdanis Sieg, sondern auch in der Zurückweisung der MAGA-Kandidat:innen auf den Wahlzetteln in Bundesstaaten wie Virginia und New Jersey. In diesem Sinne spiegeln die Wahlen weniger eine Begeisterung für die Demokraten wider als vielmehr eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit Trumps zweiter Amtszeit.

Das stellt Mamdanis Sieg mitten in die Krise, die die Demokratische Partei erschüttert – eine Partei, die einen großen Teil ihrer Wähler:innenbasis aus der Arbeiter:innenklasse verloren hat und keine überzeugende Vision bietet, um Trumps Offensive etwas entgegenzusetzen. Nichts veranschaulicht die unterschiedlichen Wege zur Bewältigung dieser Krise besser als der Sieg eines DSA-Mitglieds über den ehemaligen Gouverneur Andrew M. Cuomo, den Mamdani im Juni bei der demokratischen Vorwahl um etwa zehn Prozentpunkte geschlagen hatte. Die New Yorker:innen wiesen Cuomo entschieden als „MAGA-Demokraten“ und Vertreter der kapitalistischen Gier und Ungleichheit zurück, die den Regierungsstil der Demokraten in der teuersten Stadt der USA geprägt haben.

Mamdani’s Sieg zeigt, dass die Arbeiter:innenklasse bereit ist, für ihre Rechte zu kämpfen, und dass es breite Unterstützung für politische Forderungen gibt, die das politische Establishment beider Lager infragestellen. Millionen Menschen haben genug davon, dass Politiker:innen zwar gegen Trump wettern, zugleich aber seine Argumente und Politiken übernehmen – wie es Cuomo und der republikanische Kandidat Curtis Sliwa taten. Laut Nachwahlbefragungen gewann Mamdani nicht nur in Vierteln mit progressiven, hochverschuldeten Akademiker:innen, sondern auch in prekären Arbeiter:innenvierteln wie East New York, Brownsville, in Einwanderungsvierteln in Queens und bei organisierten Arbeiter:innen verschiedenster Branchen.

In seiner Siegesrede in Brooklyn sagte Mamdani bezogen auf Andrew Cuomo: „Wir haben eine politische Dynastie gestürzt.“ Er dankte „denjenigen, die so oft von der Politik unserer Stadt vergessen werden […] Ich spreche von jemenitischen Bodega-Besitzern und mexikanischen Abuelas, senegalesischen Taxifahrern und usbekischen Krankenschwestern, trinidadischen Köchen und äthiopischen Tanten.“ Er sprach davon, die Arbeiter:innenklasse zu stärken, und erklärte: „Wir haben gewonnen, weil wir darauf bestanden haben, dass Politik nicht länger etwas ist, das mit uns gemacht wird – sondern etwas, das wir tun.“

Mamdani’s Sieg fügt sich nur schwer in das Gefüge der Demokratischen Partei ein. Sobald er sein Amt antritt, steht die Partei vor der Wahl: Entweder sie wendet sich von ihm ab und riskiert, ihre beste Chance zu verspielen, Wähler:innen zur Herausforderung Trumps zurück an die Urnen zu bringen – oder sie versucht, Mamdani in das Establishment einzugliedern. Dieser Widerspruch zeigte sich deutlich am Wahlabend. Mehrere prominente Establishment-Demokraten traten auf, um die Wahlerfolge als Zeichen neuen Vertrauens in die Demokratische Partei zu feiern; Persönlichkeiten wie der kalifornische Gouvernour Gavin Newsom und der Fraktionsvorsitzende im Repräsentantenhaus Hakeem Jeffries vermieden es jedoch auffällig, Mamdani zu erwähnen – in dem Versuch, seinen politischen Aufstieg und seine mögliche Wirkung auf die Partei herunterzuspielen.

Mamdanis Kampagne spiegelte eine tiefe Ablehnung des langjährigen politischen und wirtschaftlichen Establishments der Stadt wider. Er forderte höhere Steuern für Superreiche, kostenlosen Busverkehr und Kinderbetreuung sowie einen Mietstopp für mietpreisgebundene Wohnungen. Schon diese Forderungen lösten Panik bei den „Eigentümern“ der Stadt aus – von der Wall Street über Immobilienentwickler und Vermieter bis hin zu Konzernchefs. Im Gegensatz zur Politik der Demokratischen Partei, die mitschuldig am Genozid in Gaza war, war Mamdani der einzige Kandidat, der sich offen für Palästina und gegen den Völkermord aussprach. Obwohl die zionistische Lobby wütend gegen seine Kampagne agitierte und ihm sowie seinen Unterstützer:innen Antisemitismus vorwarf, tat das seiner Unterstützung keinen Abbruch – auch wenn Mamdani selbst manche seiner Israel-Kritik später relativierte. Dies zeigt den tiefen Bruch mit dem jahrzehntelangen Konsens der US-Unterstützung für Israel, der sich in diesen Wahlen manifestierte – eine Spaltung, die so bald nicht verschwinden dürfte.

Der Wahlabend markiert nur den Beginn für New York Citys selbsternannten demokratisch-sozialistischen Bürgermeister. Wenn er im Januar 2026 sein Amt antritt, wird Bürgermeister Mamdani nicht nur auf Widerstände in Stadt- und Staatsregierung (auch innerhalb seiner eigenen Partei) treffen, sondern sich auch Trumps Drohungen stellen müssen, die Finanzierung der Stadt zu kürzen oder die Nationalgarde einzusetzen.

Um die Forderungen von Millionen New Yorker Arbeiter:innen durchzusetzen und Trump sowie der extremen Rechten entgegenzutreten, müssen wir – beginnend heute – jene soziale Kraft organisieren, die für sie kämpfen kann: gegen Trumps Drohungen, Bundesmittel zu streichen, gegen neue ICE-Razzien und möglicherweise gegen den Einsatz der Nationalgarde. Wir müssen eine mächtige, geeinte Front aufbauen, die auf der Straße und in unseren Betrieben kämpft – aufgerufen von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Diese Einheit darf keine bloße Druckkampagne auf Politiker:innen in Stadt und Staat sein, sondern muss von unten kommen – gegründet auf der Selbstorganisation und Eigenmacht der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten, unserer Gemeinschaften und Nachbarschaften.

Mamdani und seine Verwaltung werden mit den ewigen Feinden der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten verhandeln müssen. Unsere Forderungen und der Kampf gegen Trump dürfen nicht den Kompromissen der Demokraten und ihren Hinterzimmerdeals geopfert werden. Das demokratische Establishment wird alles daransetzen, jeden störenden Aspekt von Mamdanis Programm zu verwässern. Unser Kampf muss unabhängig von unseren Klassengegnern aufgebaut werden – um unsere Forderungen zu gewinnen, für ein New York der Migrant:innen, trans Menschen, Studierenden und aller Arbeiter:innen, die diese Stadt am Laufen halten.

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