Linkspartei für Aufrüstung: Schlecht für den Frieden, gut für Bremen?

Am 21. März stimmten die Regierungen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern mit Beteiligung der Linkspartei für die Kriegskredite. Der Bremer Landesverband der Linken begründet dies mit "landespolitischer Verantwortung".
In einer historischen Abstimmung beschlossen zunächst der abgewählte Bundestag und dann die Landesregierungen im Bundesrat eine Grundgesetzänderung, um die Schuldenbremse für Militärausgaben aufzuheben. Der deutsche Staat will damit seine Militärausgaben über die nächsten 10 Jahre verdoppeln. Überraschend kommt das nicht, wenn man die Diskussionen über Kriegstüchtigkeit und einen möglichen direkten Konflikt mit Russland verfolgt.
Neben den Militärausgaben soll es auch ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur geben. Auch klimapolitische Investitionen werden dort erwähnt. Aber im Gegensatz zu den Militärausgaben ist überhaupt nicht klar, wo das Geld genau eingesetzt werden soll und inwiefern einzelne Bundesländer darauf Zugriff haben. Das gestehen selbst die Landessprecher:innen Bremens, Christoph Spehr und Anna Fischer ein und argumentieren stattdessen mit verteidigungspolitischen Aufgaben:
„Vorfahrt für Rüstung, mehr Spielräume für den Bund als für die Länder, keine Initiative für die Stärkung von Bildung und Integration. So richtig es ist, sich ernsthaft mit bestehenden Verteidigungsfragen zu beschäftigen und z.B. zu einer europäischen Sicherheitsarchitektur zu kommen, so falsch ist es, im Schnellverfahren und in dieser Unausgewogenheit erst einmal Geld ohne Grenzen zu mobilisieren.“
Die Zustimmung der Linkspartei in Bremen, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern wird mit dem dadurch leicht vergrößerten finanziellen Spielraum gerechtfertigt, den die Länder dringend brauchen. Dieser Spielraum wäre aber so oder so zugesagt worden.
Es stimmt, dass es in Bremen an allen Ecken und Enden zu wenig finanzielle Mittel gibt, ein Problem, was sich in Jahrzehnten immer weiter verschärft hat. Bremen hat einen riesigen Schuldenberg, der seit der Verabschiedung der Finanzreform von 1969 immer weiter wächst. Diese Finanzreform beinhaltete, dass die Einkommenssteuer nicht mehr, wie zuvor, an den Arbeitsort der Bürger:innen gezahlt wird, sondern an ihrem Wohnort, was den Stadtstaaten eine wichtige Einkommensquelle nahm, die für Bremen auch nicht durch den Länderfinanzausgleich ersetzt werden konnte.
Doch auch die bundesweit grassierende Arbeitslosigkeit 1973 belastete den Stadtstaat, zu der auch noch die Werftenkrise hinzu kam, bei der viele Hafenarbeiter:innen ihre Arbeit verloren. In den Werften wurden von 1975 bis 2000 mehr als 16.500 Arbeitsplätze von rund 18.000 abgebaut, da sie der internationalen Konkurrenz nicht standhalten konnten. Bremen versuchte in dieser Zeit mit der Schaffung von Arbeitsstellen im Dienstleistungssektor entgegenzuwirken, was aber nur in gestiegenen Ausgaben für Personalkosten endete.
Der Bund griff Bremen erst spät unter die Arme – erst nach einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht 1992 gab es Hilfen, die jedoch kaum Wirkung zeigten, da Bremens Schulden weiter stiegen. Trotz milliardenschwerer Zahlungen über Jahrzehnte hinweg blieb eine nachhaltige Entlastung aus, was auch auf politische Versäumnisse, wie eine fehlende nachhaltige Sanierungsstrategie, und unzureichende Kompensationen für nachteilige Reformen hinweist. Dass Bremen weiterhin stark vom Länderfinanzausgleich abhängig ist, zeigt, dass strukturelle Probleme nie konsequent angegangen wurden.
Heutzutage ist Bremen das Bundesland mit der größten Armutsquote, letztes Jahr lag sie bei einem durchschnittlichen Wert von 29 Prozent, was zur Folge hat, dass die Ausgaben für Sozialleistungen im Ungleichgewicht zu den Steuereinnahmen sind. In Bremen sind nach den neuesten Zahlen von 2021 41 Prozent der Kinder von Armut betroffen. Zahlen, die vor der Pandemie und der mit dem Ukraine-Krieg vorangetrieben Inflation wohl noch weiter angestiegen sind. Auch die gesamte Infrastruktur im Stadtstaat zeigt ihre Baufälligkeit, wie wir zuletzt in den hitzigen Debatten über die Renovierung der baufälligen Brücken Bremens sehen konnten.
Keine Partei für linke Friedenspolitik
Jedoch hat sich die Linkspartei mit der Zustimmung zur Reform der Schuldenbremse eine wirkliche Umgestaltung der Reform verbaut. Denn die angestrebten Ziele von CDU und Co. sind erreicht, für sie besteht kein Handlungsdruck mehr. Selbst aus einer reformistischen Logik heraus macht die Entscheidung der Landesverbände in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern keinen Sinn. Ginge es wirklich um notwendige Investitionen in Bildung, öffentlichen Nahverkehr oder soziale Einrichtungen, hätte die Linkspartei Druck auf die SPD ausüben müssen.
Es ist auch eindeutig, dass die Union kein Interesse an sozialen Investitionen für die breite Bevölkerung hat, sondern sich mit der kapitalistischen Klasse auf die Suche nach neuen Märkten macht und die gemeinsamen imperialistischen Interessen durch Krieg und Ausbeutung erzwingen möchte. Die Ukraine ist dabei ein zentrales Thema. Die USA erklären offen, was uns schon lange klar war: Es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Putins Russland. Dabei geht es um geopolitische Einflusssphären und Ressourcen. Warum eine sich selbst links nennende Partei das unterstützen sollte, bleibt eine offene Frage.
Denn weder die Aufrüstung, noch der Krieg werden zu mehr sozialem Wohlstand führen, sondern werden immer über den Rücken der Arbeiter:innenklasse gebuckelt. Denn auch wenn Bremen eine wahre Rüstungshochburg ist, deren Geschäft seit dem Ukrainekrieg wahrlich boomt und über 10.000 Arbeiter:innen bei Rheinmetall, Airbus und Co. angestellt sind, sehen wir, wie an allen Ecken soziale Einschnitte gemacht werden. Das Geld landet nicht in den Kassen Bremens, sondern in denen der Bosse. So braucht es eine Enteignung der Rüstungsfirmen und die Umstellung auf zivile Produktion, denn weder hier noch woanders sollen Menschen durch deutsche Waffen sterben. Doch all dies muss unter Kontrolle der Beschäftigten geschehen, die ein allgemeines Interesse daran haben, die Produktion selbst zu gestalten und mit ihrer Arbeitszeit keinen Wohlstand für Kriegstreiber zu erarbeiten.
Das eigentliche Parteiprogramm der Linkspartei fordert auch explizit die Abrüstung und die Verantwortlichen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern handeln damit genau im Gegensatz zu ihrer Partei. Es ist deshalb an der Zeit, die Linkspartei nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten zu messen. Es muss einen Bruch geben, von allen, die sich für Frieden und gegen Imperialismus einsetzen. Die Linkspartei ist, unserer Meinung nach, kein Ort mehr für diese Positionen. Trotzdem fordern wir die linke Basis der Partei und alle kritischen Mitglieder der Linkspartei jetzt dazu auf, eine Fraktion zu bilden, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. Der Landesparteitag in Halle sollte genau dafür genutzt werden.