Kriegstreiber Merz: Völkerrechtsbruch als Staatsräson

Der fragile Waffenstillstand zwischen Israel und Iran kann nicht über den Tabubruch dieser erneuten imperialistischen Aggression hinwegtäuschen. Die Bundesregierung jubelte und warf jede heuchlerische Bezugnahme auf das Völkerrecht aus dem Fenster. Die deutsche „Staatsräson“ ist nur das Recht des Stärkeren.
Nachdem Israel am 13. Juni einen Krieg gegen den Iran begonnen hatte, trat gestern eine – vorerst fragile – Waffenruhe in Kraft. Dem war in der Nacht auf Sonntag ein massives US-amerikanisches Bombardement von drei iranischen Nuklearanlagen vorausgegangen, welches das uneingeschränkte „Recht des Stärkeren“ erneut zur Maxime der internationalen Beziehungen machte.
Diese verheerende Entwicklung, die das fragile Gleichgewicht zerstört, auf dem noch der letzte Rest einer globalen Ordnung beruhte, wird von der deutschen Bundesregierung frenetisch bejubelt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte am Rande des G7-Gipfels, Israel mache im Iran die „Drecksarbeit für uns alle“ und drückte seinen „größten Respekt vor dem Mut Israels“ aus. Kaum ein Satz bringt so offen auf den Punkt, was die Bundesregierung selbst oft hinter Phrasen von „Friedenssicherung“ und „Selbstverteidigung“ versteckt. Die Rechtfertigungen dafür klingen bekannt. Der Iran, so heißt es, stehe kurz davor, eine Atombombe zu bauen. Das sei die eigentliche Bedrohung – nicht etwa die wiederholten israelischen Luftangriffe auf die iranische Infrastruktur, syrische Gebiete, Gaza und den Libanon. Das US-amerikanische Bombardement Irans war der CDU/CSU ebenfalls großen Jubel wert. Jürgen Hardt, stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, sprach von einem Angriff „zum Wohle Israels und der ganzen freien Welt, auch Deutschlands.“ Doch nicht nur die Union stimmte ein Kriegsgeheul an. Der SPD-Kriegsminister Boris Pistorius hatte Israels Luftschläge mit einem „präventiven Selbstverteidigungsrecht” legitimiert, also militärische Erstschläge zur Abwehr hypothetischer Gefahren. Eine Formulierung, die nicht nur das Völkerrecht umkehrt, sondern militärische Erstschläge zum neuen Normalfall machen soll.
Der Krieg gegen Iran war kein Alleingang Israels – er ist Teil eines imperialistischen Krieges, der vom US-Imperialismus und der EU unterstützt und legitimiert wird. Es handelt sich um das Eingeständnis einer imperialistischen Arbeitsteilung. Und Deutschland ist – wie so oft – als Waffenlieferant und politischer Rückhalt mit dabei. Die „Staatsräson“, Israels Regierung bedingungslos zu unterstützen, führt allerdings von einer Eskalation zur nächsten. Wer ein Apartheidregime finanziert, diplomatisch stützt und militärisch aufrüstet, macht sich mitschuldig – an dem Genozid in Gaza wie an einem drohenden Flächenbrand.
Der Iran unter dem Mullah-Regime ist aus Sicht der Bundesregierung ein geopolitischer Störfaktor. Ein Naher Osten ohne „autoritäre“ Regime – sofern sie nicht prowestlich ausgerichtet sind – wäre aus Sicht der westlichen Regierungen vor allem eines: ein investitionsfreundlicher, stabiler Raum für neue Lieferketten, Produktionsverlagerungen und Rohstoffsicherung. Mit seinen immensen Energiereserven – den zweitgrößten Erdgasvorkommen der Welt, den viertgrößten Ölreserven – ist das Land ein begehrter Rohstoffakteur. Zudem kontrolliert es mit der Straße von Hormus eine der wichtigsten Engstellen des globalen Öl- und Flüssiggastransports: Rund 20 Prozent des weltweiten Ölhandels passieren diese Meerenge. Für Deutschland, dessen Wirtschaftsmodell auf Diversifizierung von Energiequellen und stabile globale Handelsrouten angewiesen ist, liegt hier ein zentrales strategisches Interesse: ein „geöffneter“, vom Westen abhängiger Iran.
Was folgt aus dieser Eskalation? Nicht nur die iranische Bevölkerung zahlt einen hohen Preis. Mit der Drohung Teherans, die Straße von Hormus zu sperren, stünde die Weltwirtschaft vor einer möglichen Erschütterung. Schließt Iran die Hormus-Route, bekommt die Welt ein Problem. Eine Blockade hätte verheerende Auswirkungen wie die Explosion der Öl- und Gaspreise weltweit, Produktionsstau in der Industrie, besonders in energieintensiven Branchen und Anstieg der Inflation. Was wir erleben könnten, wäre eine neue globale Energiekrise. Das wäre ein ökonomischer Bumerang, den Berlin mitzuverantworten hätte. Mit der verhandelten Waffenruhe scheint dies vorerst abgewendet, doch ob und wie lange diese halten wird, bleibt unsicher.
Der Mythos von Irans Atombombe – ein Kriegsnarrativ mit Tradition
Dass der Iran keine Nuklearwaffen entwickeln und auch keine besitzen darf, ist die einheitliche Sprache der NATO und der EU. Dabei steht Iran nicht vor dem Bau einer Atomwaffe. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat in mehreren Berichten bestätigt, dass Teheran – trotz Provokationen – bislang keine nukleare Waffe entwickelt hat. Die Erwähnung der IAEA ist wichtig, weil sie lediglich als williger Spion für die USA und Israel diente und Berichte über hochrangige Wissenschaftler schickte, die von Israel ermordet wurden. Auch die CIA sowie die nationale Sicherheitschefin der USA, Tulsi Gabbard, bestätigten erst vor wenigen Wochen, dass es keine Anzeichen dafür gebe, von einem iranischen Atomwaffenprogramm auszugehen. Trump selbst hatte das nicht davon abgehalten zu behaupten, dass die Geheimdienste dann wohl falsch liegen würden.
Das Narrativ ist ganz im Stil des Irakkriegs 2003, als die „Massenvernichtungswaffen“ erfunden wurden, um ein Land zu besetzen und eine Marionettenregierung zu installieren. Doch die Lüge erfüllt ihren Zweck: Sie dient als Vorwand für Angriffe auf zivile Infrastrukturen, auf Atomkraftwerke und Forschungsanlagen. Die Zerstörung iranischer Forschungsanlagen, Reaktoren oder Raffinerien hätte nicht nur ökologische, sondern katastrophale humanitäre Folgen – nicht zuletzt, weil viele dieser Einrichtungen in der Nähe dicht besiedelter Gebiete liegen.
Juan Chingo stellt fest, dass die Bombardierung des Iran die globale Sicherheitsarchitektur für Jahrzehnte neu definieren könnte: „Die Botschaft, die sie aussendet, ist eindringlich: Abschreckung beruht nicht mehr auf Verträgen oder Verhandlungen, sondern auf der Fähigkeit, zuerst und entschlossen zuzuschlagen.“ Der Iran ist eingekreist von Atommächten (Indien, Pakistan, China, Russland, Israel) sowie einer Reihe US-amerikanischer Stützpunkten in Katar, Irak, der Türkei. Mit der Beteiligung der USA an Militärangriffen ist offensichtlich das große Risiko eingetreten, dass der Iran aus den Verhandlungen und dem Atomwaffensperrvertrag aussteigt.
Am 23. Juni hatte der Iran noch auf die US-Luftangriffe auf seine Atomanlagen mit Raketenangriffen auf US-Militärbasen in Katar und dem Irak geantwortet. Die Raketen auf die Luftwaffenbasis Al Udeid in Katar, der größten US-Basis im Nahen Osten, wurden laut katarischen Behörden abgefangen, und es gab keine Verletzten. Im Irak berichteten US-Vertreter von einem erfolglosen Raketenangriff auf die Ain al-Assad-Basis. Die Präsenz zahlreicher US-Militärbasen in arabischen Ländern wie Katar und dem Irak macht diese Staaten automatisch zu Zielen iranischer Vergeltungsmaßnahmen. Dies führt zu einer weiteren Isolation des Irans in der Region, da sich die arabischen Staaten an der Seite der USA positionieren. Falls die Waffenruhe bricht und der Krieg erneut beginnt, könnte sich deshalb eine größere regionale Eskalationsdynamik entfalten.
Der Iran ist keine imperialistische Macht. Es handelt sich um ein abhängiges kapitalistisches Land, das seit Jahrzehnten Sanktionen ausgesetzt und systematisch vom Weltmarkt ausgegrenzt wird. Der Krieg ist kein Kampf zweier „gleich starker Blöcke“, sondern ein asymmetrischer Krieg eines imperialistischen Lagers gegen ein Land, das unterdrückt, isoliert und ökonomisch stranguliert wird. Der Angriff des Staates Israel und des Imperialismus auf den Iran muss entschieden zurückgewiesen werden. Auch wenn wir den politischen Islam und die reaktionäre, ultra-repressive, konterrevolutionäre iranische Regierung bekämpfen, die unter den iranischen Massen verhasst ist, unterstützen wir das Recht dieses Landes, sich gegen die Angriffe und Verbrechen des zionistischen und US-amerikanischen Kolonialismus zu verteidigen und treten für die militärische Niederlage Israels und des Imperialismus ein. Die imperialistische Aggression kann niemals einen progressiven Ausweg für die Massen der Region herbeibomben. Deshalb sagen wir ganz klar: Hände weg vom Iran! Nein zum Krieg! Für den Rauswurf des Imperialismus aus der Region!
Der Krieg beginnt hier
Die Kriegstreiberei der deutschen Bundesregierung wird über kurz oder lang dazu führen, selbst in der ein oder anderen Weise in die kriegerische Eskalation mit einzugreifen – noch über die bisherige ungebrochene milliardenschwere Lieferung von Waffen an Israel. Sei es durch die Gestattung von Überflugrechten für das US-Militär wie im Irakkrieg, der zu einem nicht geringen Teil von der Militärbasis Ramstein koordiniert wurde, über logistische Unterstützung durch Tank- und Aufklärungsflugzeuge sowie Marineschiffe im Mittelmeer bis hin zur Perspektive eigener Truppenentsendungen im Falle eines größeren Kriegs.
Daher ist es von größter Bedeutung, dass hierzulande eine schlagkräftige Antikriegsbewegung entsteht, die Waffenexporte beendet, Rüstungsproduktion blockiert und der Spirale des Militarismus ein Ende setzt, an der die Bundesregierung aktiv mitdreht.
Insbesondere den Massenorganisationen wie den Gewerkschaften kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Müssen erst deutsche Soldat:innen in einen offenen Krieg ziehen, damit die Gewerkschaftsführungen ihre politische Verantwortung erkennen – und einen Streik gegen Aufrüstung, Waffenlieferungen und Kriegsbeteiligung organisieren? Nach 20 Monaten Genozid in Gaza ist es ein Armutszeugnis für den DGB, dass er keine klare Antikriegshaltung einnimmt. Während eine große Mehrheit der Arbeiter:innen in Deutschland inzwischen gegen jegliche Unterstützung des zionistischen Regimes sind, vermitteln die Gewerkschaftsführungen gegenüber dem deutschen Staat und seiner Staatsräson. Die Sozialpartnerschaft verhindert dadurch ein konsequentes Programm gegen Aufrüstung und Imperialismus. Arbeiter:innen müssen sparen, damit das deutsche Kapital an weltweiten Kriegen mitverdienen kann.
Die Linkspartei stellt sich richtigerweise gegen den Krieg gegen Iran und hat in den letzten Wochen auch eine stärkere Position gegen den Genozid in Gaza eingenommen. Diese Entwicklung begrüßen wir ausdrücklich. Die verschiedenen Strukturen und große Teile der Basis der Linkspartei, die in Solidarität mit Palästina auf die Straße gehen, wollen wir dabei unterstützen, den Parteivorstand weiter unter Druck zu setzen, um die Mobilisierungen gegen den Krieg und gegen den Genozid in Palästina mit aller Kraft voranzutreiben.
Wir rufen auch dazu auf, dass die Partei Die Linke ihre Stellungen in den Gewerkschaften nutzt, um gemeinsam mit palästinasolidarischen und antimilitaristischen Gewerkschaftsvernetzungen Betriebsversammlungen einberuft, auf denen über die deutsche Mitverantwortung am Krieg und mögliche Maßnahmen diskutiert wird.
Zugleich können wir nicht ignorieren, dass Teile der Linksparteiführung einerseits die Aufrüstung der Merz-Regierung unterstützt haben – wie mit der Abstimmung im Bundesrat – und immer wieder eine „Front aller Demokraten“ gemeinsam mit dem Kriegstreiber Merz beschwören, um den Aufstieg der extremen Rechten einzugrenzen. Doch die AfD und die tollwütige Kürzungspolitik der Merz-Regierung können nicht bekämpft werden, ohne sich unmissverständlich gegen den imperialistischen Militarismus zu wenden. Und wir müssen hinzufügen: Auch wenn der Linke-Parteivorsitzende Jan van Aken recht hat, dass der Angriff der USA auf den Iran ein „völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ ist, geht er mit seiner Schlussfolgerung, „dass eine Atombombe des Iran auf jeden Fall verhindert werden muss“ derselben imperialistischen Politik – nur mit anderen Mitteln – auf den Leim. Es stimmt nicht, dass „22 Jahre lang […] kluge Diplomatie den Bau einer iranischen Atombombe verhindert“ hätten. Vielmehr haben die imperialistischen Sanktionen gegen den Iran, die für van Aken „kluge Diplomatie“ sind, die Bevölkerung in Elend gestürzt. Sie haben den iranischen Massen, die sich immer wieder gegen das repressive theokratische Regime aufgelehnt haben, nichts genützt. Nur ein antiimperialistischer und internationalistischer Ausweg, der sich für den vollständigen Rückzug aller imperialistischen Interessen stark macht, kann zu einer progressiven Lösung für die Massen der Region beitragen.
1. Waffenexporte an Israel stoppen
Der Krieg beginnt nicht erst mit den Bomben in Teheran – er beginnt hier, in deutschen Fabrikhallen, Containerhäfen, auf Bahngleisen. Rüstungsbetriebe und Logistikzentren wie Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann oder der Hamburger Hafen sind Drehscheiben dieser Kriegsmaschine. Die Arbeiter:innen dort haben die Macht, sie zu stoppen. Gewerkschaften müssen die Offenlegung aller Exportpapiere und Frachtlisten fordern – keine einzige Waffe darf ohne Kontrolle durch die Beschäftigten verschifft werden.
2. Abkommen mit Israel kündigen
Alle politischen und militärischen Partnerschaften mit Israel beenden. Keine Unterstützung für ein Land, das seit 20 Monaten Gaza verwüstet und nun den Krieg auf Iran ausweitet.
3. Sanktionen gegen den Iran beenden
Die deutschen und europäischen Sanktionen gegen den Iran zerstören Lebensgrundlagen: Medikamente, medizinische Geräte, Energieimporte – all das ist für Millionen kaum noch zugänglich. Die Sanktionen stärken nicht die Opposition, sondern das Regime. Sie drücken die Bevölkerung ins Elend.
4. Gaza muss frei werden
Die Blockade, Besatzung und Zerstörung Gazas ist kein „Sicherheitskonflikt“, sondern ein permanenter Krieg gegen ein entrechtetes und kolonisiertes Volk. Ein Waffenstillstand ohne Rückzug aus Gaza ist nichts als ein Luftholen für den nächsten Angriff. Schluss mit dem Genozid! Freiheit für Palästina!
5. US-Militärbasen schließen!
Für die Schließung der US-Basis Ramstein und aller US-Basen in Deutschland. Keine US-Mittelstreckenraketen und atomaren Sprengköpfte in Deutschland. Für das Ende aller Überflugrechte sowie jeglicher Unterstützung durch Aufklärungs- und Tankflugzeuge.