Innenminister Dobrindt widersetzt sich Gerichtsurteil

11.06.2025, Lesezeit 6 Min.
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Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts hält Innenminister Dobrindt weiter an den Zurückweisungen an den innerdeutschen Grenzen fest.

Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts hält Innenminister Dobrindt für eine Einzelfall-Entscheidung und sieht keine Aussetzung der Zurückweisungen an den Grenzen für nötig. Das Verwaltungsgericht urteilte am Montagabend letzter Woche über die Zurückweisung von Asylbewerbern auf deutschem Gebiet und erklärte sie für rechtswidrig. Sie dürfen nicht ohne Prüfung des Asylantrags abgewiesen werden, entschied das Gericht in einem Eilverfahren im Fall von drei Somaliern. Die Berliner Eil-Entscheidung gilt nur für die drei Somalier, die sich gegen ihre Zurückweisung ohne Dublin-Verfahren wehrten. Das Gericht machte aber deutlich, dass es die Zurückweisungen bei Grenzkontrollen in solchen Fällen allgemein für rechtswidrig hält.

Nach dem Amtsantritt Dobrindts als Innenminister verfügte er bereits wenige Stunden später die Zurückweisungen von Asylsuchenden direkt an den Grenzen und sorgte dafür auch für mehr Grenzkontrollen. Er behauptet, illegale Migration gefährde die Stabilität Deutschlands und Europas. Ein jahrhundertealtes Argument der Rechten: Einwanderung sei die Ursache aller wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisen hier bei uns. Das sagen aber nicht nur die Rechten hier in Deutschland, überall auf der Welt wird dieses „Argument“ immer lauter: Nigel Farage in Großbritannien, Donald Trump in den USA, Giorgia Meloni in Italien und unzählige mehr.

Dobrindt will „wie Trump regieren“ – der autoritäre Staatsumbau nimmt Fahrt auf

Alexander Dobrindt jubelt: „Die Bilder aus Amerika zeigen einen Präsidenten, der per Dekret jeden Tag beweist, dass er mittels seiner Unterschrift in der Lage ist, politische Veränderungen herbeizuführen.“ Damit meint er nicht etwa Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit – sondern rassistische Einreiseverbote, Entrechtung von Migrant:innen, Polizeigewalt.

Merz und Dobrindt denken Deutschland autoritär

Merz kündigt an, im Fall seiner Kanzlerschaft „von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen“ zu wollen, um den Migrationskurs im Alleingang zu diktieren. Dobrindt sekundiert: „Klare Entscheidungen müssen Teil der Politik sein.“ Mit anderen Worten: Der Staat soll durchgreifen – und zwar gegen die Schwächsten. Tägliche Abschiebungen, Abschiebelager, zentrale Haftzentren – das ist keine „Ordnung“, das ist organisierte Grausamkeit.”Der Bund muss mehr Zuständigkeiten bei Rückführungen bekommen.“ – Dobrindt will also den föderalen Schutz abbauen, um die Abschiebemaschinerie noch effizienter zu machen.

Das ist keine Migrationspolitik – das ist Klassenpolitik

Die Logik ist klar: Wer hier herkommt, soll ausbeutbar, aber jederzeit abschiebbar sein. Geflüchtete werden als „Gefahr“ gebrandmarkt, während Wohnungskonzerne Menschen verdrängen, Kliniken geschlossen und Schulen kaputtgespart werden. Die wahren Ursachen für soziale Unsicherheit sind nicht „die Ausländer“, sondern das kapitalistische System, das von Politiker:innen wie Merz, Dobrindt und Lindner verwaltet wird.

Diese autoritäre Wende ist kein Betriebsunfall, sondern Ausdruck der Krise des Kapitalismus. Die Antwort darauf liegt nicht in Appellen an die Vernunft der SPD oder Grünen, sondern im Aufbau einer organisierten, revolutionären Kraft von unten:

Streiks gegen Abschiebungen und Sozialkürzungen!

Selbstorganisation in Schulen, Unis, Betrieben!

Klassenkämpferische Fraktionen in den Gewerkschaften aufbauen!

Internationale Solidarität mit allen Ausgebeuteten, egal woher sie kommen!

Trumpisierung auf Deutsch? Nicht mit uns.

Für eine sozialistische Alternative – gegen Rassismus, Abschiebungen und autoritären Staatsumbau. Wir können uns nicht auf das Wohlwollen sogenannter „sozialer“ Parteien verlassen, stattdessen müssen wir uns gegen die sozialen und kulturellen Kürzungen organisieren.

Anstatt die Regierungsfähigkeit des ehemaligen Blackrock Managers Merz zu garantieren, muss die gesellschaftliche Linke, inklusive denjenigen Sektoren in der Partei die Linke, die ernsthaft „auf die Barrikaden wollen“, den Widerstand in Unis, Schulen und Betrieben vorbereiten und organisieren. Dies betrifft umso mehr eine aktive Rolle in den Gewerkschaften einzunehmen, um im Angesichts des Zollkrieges und der Aufrüstung die Reihen der Arbeiter:innen gegen jegliche Abschiebeoffensiven und Angriffe auf die Rechten von Frauen und Queers zu schließen. Die Regierung hat ihren Plan vorgelegt, entsprechend ist es notwendig, einen eigenen Kampfplan innerhalb der DGB Gewerkschaften zu entwickeln, um mit Versammlungen und Streiks ihre reaktionäre Agenda zu verhindern.

Aber wer destabilisiert eigentlich unser Zusammenleben, egal wo auf der Welt?

Die Zwangsräumungen von Wohnungskonzernen und die horrenden Mieten von Vonovia und Co. für die das Wohnen, also das Dach überm Kopf eine Ware ist, aus der es gilt möglichst viel Geld herauszupressen.

Es ist die Politik, die bei vollem Bewusstsein den Pflegenotstand mitträgt und Mitte 2024 das Gesetzliche-Krankenkassen-Stabilisierungsgesetztes beschloss. Das Bundesgesetz regelte die Finanzierung von Pflegekräften neu und verhinderte damit, dass Pfleger:innen, die keine Ausbildung abgeschlossen haben, in die Berechnung der Budgets mit eingeschlossen werden. Die Entlassung von allein 80 Mitarbeitenden– trotz Unterbesetzung im Jüdischen Krankenhaus in Wedding war somit eine politische Entscheidung, eine Entscheidung gegen die Versorgung von Kranken und Hilfsbedürftigen.

Die Politiker:innen — Rechte bis „Sozialdemokrat:innen“ –, die uns erklären, dass leider gerade kein Geld da sei für unsere Bildung, Schulen und Soziales. Bundesweit setzte bereits die Ampelregierung und nun auch bereitwillig die neue Koalition aus SPD und CDU/CSU hier den Rotstift an. Diese Kürzungen sind kein Zufall, sondern sind klarer Ausdruck des zunehmenden Rechtsrucks.

Die Polizei, die uns unterteilt in „Gefährder“ und „Opfer“, die uns auf Demos zusammenschlägt, aus unseren Wohnungen schmeißt, wenn wir die Miete nicht mehr zahlen können und die unsere Streiks angreift, wenn wir zu laut und klar unsere Forderungen auf die Straße tragen.

Rechte Regierungen überall, darunter auch die deutsche, wollen selbst entscheiden, welche und wieviele Arbeiter:innen aus dem Ausland kommen sollen, um vom deutschen Kapital ausgebeutet zu werden. Konkret sollen Arbeiter:innen aus dem Ausland nur kommen, um bestimmte Lücken in der deutschen Wirtschaft – wie den Fachkräftemangel – zu schließen. Und von vergangenen Generationen an Gastarbeiter:innen wissen wir: Wenn sie diese Funktion erfüllen, werden sie von den Politiker:innen und dem Staat, die sie hergeholt haben, als Menschen zweiter Klasse behandelt

Und mit rassistischer Hetze im Sinne von „Die Ausländer nehmen uns die Jobs weg“, werden wir noch mehr gespalten und die Löhne aller gedrückt.

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