Griechenland: Mehr Erdbeben sind zu erwarten

In den letzten Tagen kam es zu mehr als 200 Erdbeben auf der griechischen Insel Santorini. Ein Ende der Katastrophe ist noch nicht abzusehen, viele Bewohner:innen fliehen von der Insel.
Mehr als 200 Erdbeben wurden im Seegebiet zwischen Santorini und der Nachbarinsel Amorgos die vergangenen Tage aufgezeichnet. Tendenziell steigen die Erdbeben in ihrer Stärke an, dabei schwanken sie zwischen 3 und 4,9 auf der Richterskala. Diese Schwankungen sind ein Anzeichen dafür, dass das Hauptbeben bisher nicht stattgefunden hat.
Von den 16.000 Einwohner:innen der Insel sind bereits Tausende geflohen. Nach wie vor ist es schwierig, Tickets für die Fähre oder für einen Flug zu bekommen. Die Fluglinien haben bereits Sonderflüge eingerichtet und auch die Fähren sollen vermehrt fahren. Dabei liegt die Gefahr nicht nur bei den von Erdbeben ausgelösten Felsstürzen, auch ein Tsunami kann als Folge der Erdbeben nicht ausgeschlossen werden. Laut Expert:innen stehen die Erdbeben in keinem Zusammenhang mit vulkanischen Aktivitäten.
Am Sonntag trafen Rettungsteams der Feuerwehr auf der Insel ein. Sie errichteten Zelte neben dem größten Krankenhaus. In Athen halten die zuständigen Ministerien gemeinsam mit Seismologen Krisensitzungen ab. Die staatliche Elektrizitätsgesellschaft ließ große Generatoren auf der Insel aufstellen, um Notstrom zu garantieren. Dabei betonen die Behörden, dass es sich nur um Vorsichtsmaßnahmen handle.
Dabei sind diese Maßnahmen Ausdruck eines anderen Problems: Die Austeritätspolitik der EU und der griechischen Regierungen hat die Infrastruktur Griechenlands de facto zerstört. Mit besser ausgestatteter Infrastruktur könnte die Arbeit des Katastrophenschutz deutlich erleichtert und damit Schlimmeres verhindert werden. Durch die von der EU angeordnete Sparpolitik sind sämtliche öffentliche Dienste ausgebrannt. Griechenland wurde seit 2010 von der sogenannten Troika (bestehend aus der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem IWF) im Gegenzug für ein Rettungspaket für die griechische Wirtschaft, umfangreiche Privatisierungen und ein sogenannter „Strukturanpassungsplan” auferlegt. Auf diese Weise übernahmen verschiedene europäische Unternehmen die Verwaltung von Häfen, Flughäfen, Verkehr und öffentlichen Dienstleistungen in Griechenland. Wie überall auf der Welt handeln diese Unternehmen nach der Logik, möglichst viel Gewinn und Profit im Austausch für möglichst wenig Investitionen zu erzielen. Diese Politik hat dazu geführt, dass die öffentlichen Dienste vollständig aus dem Staatshaushalt gestrichen wurden und die staatlichen Vermögenswerte zu Spottpreisen verkauft werden mussten. Wir müssen uns daher für eine Streichung der Schulden und die Verstaatlichung der gesamten öffentlichen Infrastruktur unter Kontrolle der Arbeiter:innen und armen Bevölkerungsschichten einsetzen.