CFM: Streikverbot durch die Hintertür

08.04.2025, Lesezeit 4 Min.
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CFM Streik 2020, Foto: KGK

Erst vergangenen Mittwoch hatten die CFM-Beschäftigten ihren unbefristeten Streik begonnen. Nun mussten sie ihn am Wochenende unterbrechen – weil das Berliner Arbeitsgericht ihnen realitätsferne Auflagen erteilt hat.

Die Kolleg:innen der Charité Facility Management GmbH (CFM) kämpfen seit vielen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die ungleiche Bezahlung, die sie als ausgelagerte Mitarbeiter:innen der Charité erhalten. Sie fordern, genau wie das Stammpersonal der Charité nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienst bezahlt zu werden. 

Nachdem mehrere Verhandlungsrunden ohne akzeptable Ergebnisse verstrichen waren, wurde eine Urabstimmung unter den ver.di-Mitgliedern der rund 3.200 CFM-Beschäftigten eingeleitet. Mit eindeutigen 99,3 Prozent stimmten sie für einen unbefristeten Streik, der am 2. April startete.

Die CFM-Geschäftsführung versuchte dann, den Streik gerichtlich verhindern zu lassen. Deswegen trafen sich ver.di-Vertreter:innen und Anwälte der Geschäftsführung am ersten Streiktag vor dem Berliner Arbeitsgericht. Die Verhandlung ging zunächst mit einem Sieg für die Beschäftigten zu Ende: Die Forderungen und der Streik seien legitim, lediglich über die Notdienstvereinbarung müsse noch entschieden werden. Solch eine Vereinbarung legt fest, welche Mindestbesetzung in wichtigen Bereichen trotz Streik gewährleistet werden muss, damit Patient:innen nicht gefährdet werden. Soweit erstmal ein übliches Vorgehen bei Streiks im Gesundheitssektor.

Doch es folgte eine Farce, die die Kolleg:innen mit Wut und Verwunderung zurückließ: Das Gericht legte eine Notdienstvereinbarung fest, die beinahe einem Streikverbot gleichkommt, weil sie in vielen Bereichen eine höhere Besetzung vorsieht als im „Normalbetrieb“ üblich ist.

Also anstatt vom bisherigen realen Betriebsgeschehen auszugehen und dann ein absolut notwendiges Minimum festzulegen, wurden anscheinend realitätsferne Bedarfe der Geschäftsführung als Grundlage der Vereinbarung genommen. Also ein Standard, an den die Geschäftsführung sich im Alltag selbst nicht hält – sonst müsste sie nämlich mehr Personal einstellen. Denn in manchen Bereichen sollen laut der Notdienstvereinbarung fünf Kolleg:innen arbeiten, während laut Berichten der Kolleg:innen üblicherweise in einer Schicht nur zwei bis drei von ihnen eingesetzt werden.

Wenn das Management der CFM nun auf dieser Notdienstvereinbarung besteht, bestätigt sie damit eigentlich, was die Aktiven der Berliner Krankenhausbewegung seit langem sagen: Der Normalbetrieb gefährdet die Patient:innen, nicht der Streik.

Doch natürlich nützt es zunächst den Bossen, dass diese Regelung juristisch legitimiert wurde. Da ein wirksamer Streik unter diesen Bedingungen extrem erschwert, wenn nicht gar unmöglich ist, entschieden sich die ver.di-Mitglieder der CFM am 4. April für eine Aussetzung des aktuellen Streiks. Laut dem Podcast Die Betriebsstörung, in dem auch zwei CFM-Kolleg:innen interviewt wurden, werden Mittel und Wege gesucht, die Notdienstvereinbarung zu kippen und so bald wie möglich wieder in den Streik zu treten.

Die ver.di-Verhandlungsführerin Gisela Neunhöffer sagte jedoch der Presseagentur dpa auf die Frage, wie schnell der Streik weitergehen könne: „Das kann zeitnah sein, das kann aber auch noch etwas dauern„. Außerdem äußerte sie die Hoffnung, die CFM-Geschäftsführung könne sich außergerichtlich auf eine weniger rigide Notdienstregelung einlassen.

Doch die Geschäftsführung dürfte sich angesichts der massiven Behinderung des Streiks die Hände reiben. Obwohl ihre Klage gegen den Streik abgewiesen wurde, hat sie ihr Ziel, den Streik massiv zu schwächen, vorerst erreicht. Es handelt sich de facto um ein verstecktes Streikverbot. Es ist ein ähnlicher Angriff auf das Streikrecht wie im Falle des Kita-Streiks im September vergangenen Jahres.

Gegen diese Art von Angriffen braucht es Solidarität, denn auf den juristischen Weg allein ist kein Verlass. Vielmehr müssen Angriffe auf das Streikrecht von den Gewerkschaften mit breiten Protesten und im Zweifelsfall auch mit zusätzlichen Streiks beantwortet werden. 

Um verschiedene Belegschaften und solidarische Unterstützer:innen zusammenzubringen, organisiert das Bündnis Berlin steht zusammen am Mittwoch, den 9. April, eine Versammlung, bei der auch Kolleg:innen der CFM vom aktuellen Stand ihres Arbeitskampfs berichten werden. Dort soll auch gemeinsam über die Stärkung der verschiedenen Kämpfe diskutiert werden. Wir rufen dazu auf, sich zahlreich zu beteiligen!

Die Streikenden der CFM haben außerdem mit dem Bündnis Gesundheit statt Profite einen Streikfonds eingerichtet, der für die ohnehin schlecht bezahlten Kolleg:innen die Lohneinbußen während längerer Streiks ausgleichen soll. Für den Streikfonds kann hier gespendet werden.

Versammlung von Berlin steht zusammen

– Mittwoch, 09.04.2025

– Franz-Mehring-Platz 1, Münzenberg-Saal

– ab 16:30 Einlass, 17:00 Start, 19:00 offenes Ende

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