Bremens starke Vollversammlung bietet die Möglichkeit zu kämpfen

11.06.2025, Lesezeit 7 Min.
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Foto: KGK

Eine Woche Unistreik wegen teurerem Kaffee? Auf diese Tradition könnte sich die Uni Bremen beim Kampf gegen die Erhöhung der Semesterbeiträge berufen. Ein Bericht der Vollversammlung am vergangenen Dienstag.

Am 3. Juni fand die erste beschlussfähige Vollversammlung an der Universität Bremen statt. Auf den Aufruf von „Studis gegen Rechts” versammelten sich über 800 Studierende, wie auch einzelne Beschäftigte. 

Parolen wie „Wir müssen uns wehren, mit Protesten und Streiks” oder „gemeinsam mehr erreichen” waren Zentrale Themen der Versammlung sowie die immer schlimmer werdende Prekarisierung. Diese wird deutlich durch die Preissteigerungen: Erhöhung der Semestergebühren, steigende Miete und Inflation. Dass die Unterfinanzierung der Unis, die Verstärkung von Ungleichheiten bestärkt wurde auch diskutiert, denn Bildung und Forschung sollten für alle zugänglich sein. Forderungen die aufgenommen wurden waren, dass Praktika nicht mehr unbezahlt sein sollen, die Geschäftsbücher offengelegt werden sollen, ein Ende der prekären Beschäftigung, eine Erhöhung des BAföGs und eine Entbürokratisierung der Prozesse an der Universität sowie, dass die Universität Tarifverträge einhält.

Zu den Forderungen haben wir als marxistische Hochschulgruppe Waffen der Kritik Ergänzungen eingebracht, die mehrheitlich angenommen wurden. Als Ergänzung zu der bestehenden Forderung, dass es eine langfristige Erhöhung der finanziellen Entlastung für Studierende geben soll, forderten wir, dass es auch für Beschäftige gelten soll sowie ein Ende jeder prekären und befristeten Beschäftigung an der Universität. Gerade darüber hatte zu Beginn der Versammlung eine Vertreterin der Betriebsgruppe der Wissenschaftlichen Beschäftigten sehr eindrücklich berichtet. Befristete Kettenverträge und absolute Ungewissheit über die Zukunft sind hier Alltag. Und auch Reinigungskräfte, die in einem noch prekäreren Arbeitsverhältnis als z.B. Lehrende stehen, werden allzu oft in diesem Diskurs vergessen.

Zu der Forderung, dass es echte Mitbestimmung und Transparenz für die Studierendenschaft bei allen Entscheidungen über Beitragsveränderung geben soll, argumentierten wir auch, für eine Offenlegung der Geschäftsbücher und die Mitbestimmung durch Komitees und Vollversammlungen über finanzpolitische Entscheidungen.

Die durch den Rechtsruck anfallenden Kürzungen des Staates sind in Bremen deutlich spürbar und werden durch den Abbau von Infrastruktur und Umverteilung von unten nach oben weiter steigen. Ein Drittel der Bremer:innen sind arm und deshalb besonders davon betroffen.

Die Regierung von Merz will uns für die absurden Summen, die für Aufrüstung und den Ausbau militärischer Infrastruktur benötigt werden bezahlen lassen. Seine rechte Politik von abgeschotteten Grenzen und Kriegstüchtigkeit ist gleichzeitig auch eine Politik der sozialen Kürzung und der Angriffe auf uns. Denn für den Millitäretat wird an wirklich wichtiger sozialer Infrastruktur gekürzt und gleichzeitig sollen auch wir diszipliniert werden, die Kriegstreiberei mitzutragen. Wie gefährlich ihnen unser Kampf dagegen ist, sieht man zum Beispiel darin, dass versucht wird, dass Streikrecht einzuschränken und Arbeiter:innen, die sich politisch äußern, entlassen werden.

Es wurde vorgeschlagen gemeinsame Proteste gegen Sozialabbau und Rechtsruck zu organisieren sowie den Boulevard der Uni Bremen am 18.6. zu besetzen gegen die Preiserhöhungen, um sich die Uni als politischen Ort zurückholen.

Unser Vorschlag, sich gegen Aufrüstung zu stellen, hat positiven Zuspruch bekommen. Denn vielen Studis ist klar, dass es eine Verbindung zwischen den Kürzungen und der Aufrüstung gibt. Dem Staat fehlen nämlich nicht die finanziellen Mittel für Bildung, sondern er entscheidet sich, diese für die Militarisierung zu nutzen. Nicht im Interesse von Studierenden wird hier gehandelt, sondern im Interesse des Kapitals.

Die Universität Bremen rühmt sich damit, sich einen Namen für Sozial-, Klima- und Umweltwissenschaften sowie Friedens- und Konfliktforschung gemacht zu haben. Dass dies aber von der Uni mehr Aushängeschild ist als ihr wirkliches Programm, zeigt sie an zahlreichen Beispielen, in denen sie vor dem Rechtsruck einknickt und ihre Zivilklausel umgeht und mit menschenfeindlichen Unternehmen kooperiert. Wie zum Beispiel, dass es Verbindungen zu OHB-Technology und deren Gründern, sowie Verbindungen zu MEVIS, ZARM gibt. OHB bauen Satelliten, die unter anderem für militärische Aufklärung dienen. Die Zivilklausel muss ins Bewusstsein der Öffentlichkeit kommen und ist im Interesse der Studierenden.

Aber ist die Tradition einer Uni, in der Entscheidungen maßgeblich durch Streiks, Vollversammlungen und Besetzungen von den Studierenden beeinflusst wurde wirklich vorbei?

In dieser Vollversammlung haben sich nicht nur ein paar Dutzend Studierende versammelt, wie vor 3 Jahren, sondern mehrere Hunderte! Das ist kein Zufall, sondern ein Zeichen dafür, dass die Weltlage sich immer weiter zuspitzt. Immer mehr Menschen sehen, dass ein selbstorganisierter Kampf gegen die Kriege und Angriffe auf unsere Lebensbedingungen nicht nur abstrakt richtig ist, sondern dringend notwendig!

Dass auch Landtagspolitiker:innen der SPD und Linke  zu der Vollversammlung erscheinen und sich von den Studierenden ausbuhen lassen, bei dem Versuch uns zu beschwichtigen, zeigt, dass wir mit Selbstorganisierung und Vollversammlungen, ein nicht zu unterschätzendes Mittel in der Hand haben.

Dieses Mittel müssen wir weiter und entschiedener ausschöpfen. Die Universität ist ein politischer Ort, an dem wir einen politischen Kampf gegen den Rechtsruck, Krieg und die sich verschärfende Krise führen müssen. Wir befinden uns in einer Zeit von zunehmenden Spannungen, Krisen und Konflikten und in einer Zeit, in der Kapitalist:innen und Politiker:innen mit Angriffen auf unsere Lebensbedingungen Klassenkampf von oben, also gegen uns betreiben. Aber es ist auch eine Zeit der Kämpfe und der Revolution, in der wir diesen Angriffen ein sozialistisches Programm für das gute Leben für alle, für offene Grenzen und gegen den Krieg entgegensetzen können.

Wir müssen die Universität nicht nur als Ort zum Studieren wahrnehmen, sondern auch als ein Ort, an dem wir gemeinsam Politik machen können. Mitbestimmen können, was gelehrt und geforscht wird. Denn wir wollen keine Universität sein, die enge Verbindung mit Unternehmen hat, die sich mit Rüstungsforschung befassen. So wie die Bremer Universität es schon seit Jahren tut.

Anstelle dass nur einige Wenige über die Belange der Universität entscheiden, muss die Universität unter Kontrolle aller Beschäftigten und Studierenden sein.

Wir schlagen hierzu die Gründung von Komitees und Vollversammlungen vor, in denen sich sämtliche Studierende und Beschäftigte der Universität organisieren können. Anstelle dass einzelne über unsere Köpfe hinweg Kompromisse für uns schließen, bieten Komitees und Vollversammlungen die Möglichkeit, eigenständig in ihnen mitzuwirken und als gesamte Universität demokratisch Entscheidungen zu treffen. Den Komitees und Vollversammlungen sind unsere Antwort auf die herrschende Bürokratisierung an der Universität. Hier werden Entscheidungen oft in Gremien getroffen, die es nicht schaffen, die gesamte Studierendenschaft, geschweige denn alle, die an der Uni arbeiten, zu vertreten. Die Professor:innen können durch eine sogenannte professorale Mehrheit undemokratische Entscheidungen gegen die Mehrheit der Menschen an der Uni durchsetzen.

Deshalb fordern wir, dass die Universität sich diesen demokratischsten Organen der Studierendenschaft stellen muss und ihre Entscheidungen vor uns allen verteidigen muss. Wir wollen gemeinsam als alle Studierenden und Beschäftigten über die Belange der Uni entscheiden. Wir sollten uns nicht spalten lassen, sondern eine Einheit mit den Beschäftigten bilden. Für eine Universität zum Lernen und Forschen für alle!

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