Abmahnung abgewehrt: Gewerkschafter gewinnt gegen FU Berlin

03.07.2025, Lesezeit 3 Min.
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Foto: ver.di-Betriebsgruppe FU

Für den Aufstieg der Rechten ist das Präsidium der FU mitverantwortlich, meint die ver.di-Betriebsgruppe. Für diese Aussage hagelte es Abmahnungen. Ein kämpferischer Beschäftigter hat sich jetzt vor Gericht gegen die Unileitung durchgesetzt.

Gewerkschaft kann nicht nur Löhne und Urlaubstage. Gewerkschaft kann auch Widerstand gegen Rechts. Das bewies ein Beschäftigter der Freien Universität Berlin am Mittwoch vor dem Landesarbeitsgericht Berlin. Lukas S. hatte eine Abmahnung von der Unileitung kassiert, da er dieser vorgeworfen hatte, mit gewerkschaftsfeindlichen Maßnahmen dem Rechtsruck den Boden zu bereiten. Mit seiner Klage gegen die arbeitsrechtliche Rüge hatte S. nun Erfolg. Das Gericht urteilte zugunsten des Gewerkschafters – die FU muss die Abmahnung aus der Personalakte streichen. Revision vonseiten der Uni ist nicht zulässig, wogegen allerdings noch Beschwerde eingereicht werden könnte.

Im Januar 2024 hatte Lukas S. als Vorstandsmitglied der ver.di-Betriebsgruppe an der FU einen Aufruf mitverantwortet, in dem die Kolleg:innen zur Teilnahme an den damaligen Mobilisierungen gegen die AfD aufgerufen wurden. Politische Angriffe gingen dabei in Richtung Bundesregierung: „Die Bundesregierung kürzt bei allen Sozialausgaben und in der öffentlichen Daseinsvorsorge, aber hat Milliarden für die Rüstung übrig. Rechtes Gedankengut wächst am besten in einem solchen Klima der Prekarität“, heißt es in dem Text treffend.

Vorwürfe machte die Betriebsgruppe allerdings auch ihrem „Dienstgeber“, der FU. Denn: „Wer wie das FU-Präsidium Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss. Im Ergebnis fördert auch die FU damit den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD, denen gewerkschaftliche Organisierung ebenfalls ein Dorn im Auge ist.“ Aufmerksam macht der Aufruf auch darauf, dass „Beschäftigtengruppen der unteren Lohngruppen und mit hohem Migrant*innenanteil wie z.B. Reinigungskräfte an der FU ausgegliedert und damit von der betrieblichen Gemeinschaft ausgegrenzt und schlechter gestellt“ seien.

Daraufhin hagelte es Abmahnungen gegen alle Vorstandsmitglieder der ver.di-Betriebsgruppe. Eine Klage von S. war daraufhin in erster Instanz abgelehnt worden. Das Gericht stimmte der FU zu, dass die Anschuldigungen aus dem Aufruf „Schmähkritik“ seien und damit die sogenannte Treue- und Loyalitätspflicht gegenüber dem „Dienstgeber“ verletzt wäre. Das meint die Verpflichtung, den Ruf des „Arbeitgebers“ nicht zu untergraben. Damit sei die Grenze der Meinungsfreiheit erreicht.

Zu Unrecht, urteilte das höhere Gericht am Mittwoch. Es gehe der Betriebsgruppe nicht um eine Schädigung des Rufes der FU, sondern um den Sachverhalt. Und der habe nun mal einen wahren Kern, nämlich dass die Uni die Gebäudereinigung an schlechter bezahlte Dienstleister ausgegliedert habe und Tarifverträge teilweise nicht einhalte – so etwa bei der verspäteten Zahlung von tariflich festgelegten Zulagen. Dass das zum Rechtsruck beitrage, sei zulässige politische Meinungsäußerung.

Am kommenden Donnerstag steht der nächste Prozesstermin für weitere Vorstandsmitglieder an. Klasse Gegen Klasse ruft zur solidarischen Prozessbegleitung auf. Denn: Einem „Arbeitgeber“, besonders einem, der Tarifverträge umgeht, ist man zu keiner Treue verpflichtet. Loyal sind die Beschäftigten nur anderen Beschäftigten – im Kampf gegen Abmahnungen, für bessere Löhne und mehr Urlaubstage, und vor allem im Kampf gegen rechts. In den Worten der ver.di-Betriebsgruppe: „Kein Maulkorb für Gewerkschafter*innen! Gegen Repression und Tarifflucht – für demokratische Mitbestimmung und faire Arbeitsbedingungen!“

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