Wie kann man beim Schulstreik der Repression trotzen?

14.04.2016, Lesezeit 3 Min.
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Ein Tadel, ein Fehltag, eine Sechs, ein Gespräch mit dem*der Direktor*in – viele Schüler*innen sind mit Drohungen konfrontiert, wenn sie am Schulstreik teilnehmen. Tabea Winter von der Jane-Addams-Schule in Berlin – und von der Revolutionär-kommunistischen Jugend (RKJ) – erklärt, wie sie mit Repression umgegangen sind.

Am letzten Schulstreik im November haben etwa 30 Menschen von meiner Schule teilgenommen. Es war wichtig, dass wir uns in den Wochen vor dem Streik immer wieder in den Hofpausen getroffen haben, um zu planen, was wir machen können. Wenige Tage vor dem Streik organisierten wir eine Kundgebung vor der Schule, bei der Musik gespielt und eine Rede gehalten wurde.

Damit hatte aber unser Schulleiter ein Problem – er befürchtete eine Anzeige der Nachbar*innen. Auch erinnerte er uns daran, dass wir kein Streikrecht haben, keine politischen Flugblätter im Schulhaus verteilen dürfen etc.

Am Tag des Streiks hing dann auch ein Zettel aus, in dem die Schulleitung erklärte, dass sie zwar politisches Engagement von Jugendlichen ja sehr schätzt und sich auch gegen Rassismus stellt – aber Demonstrationen sollten trotzdem nicht während der Schulzeit stattfinden.

Einige unserer Lehrer*innen hatten mehr, andere eher weniger Verständnis. So kamen wir in die Situation, wo ein Teil meiner Mitschüler*innen von ihren Lehrer*innen die Aufforderung erhielt, ein ärztliches Attest nachzuweisen.

Wir wussten jedoch, dass die Volljährigen unter uns auch das Recht haben, sich selbst zu entschuldigen. Wir sahen nicht ein, dass minderjährige Mitschüler*innen anders behandelt wurden. Ein Treffen mit der Schulleitung wurde organisiert, bei dem wir verdeutlicht haben, dass wir genau wissen, was wir dürfen. Wenn sie unsere Rechte einschränken wollen, sollen sie das bei uns allen tun – das war unsere Aussage. Wenn jemand einen Fehltag bekommt, dann bitte alle. Daraufhin haben sie dann doch lieber die Forderung nach ärztlichen Attesten zurückgezogen.

Wir haben gemeinsam gezeigt, dass sie uns nicht mit Repression einschüchtern können. Dann rücken wir erst recht enger zusammen und kämpfen stärker. Herausgestellt hat sich für uns die Erkenntnis, dass wir auf die paar Rechte, die wir als Schüler*innen haben, nicht verzichten sollten. Wir dürfen auch nicht davor zurückscheuen, die Schulleitung mit ihrem unfairen Vorgehen zu konfrontieren.

Im Zuge dieser gesamten Situation hatte auch ich ein Gespräch mit meinem Tutor, der mich fragte, gegen was genau wir dort eigentlich demonstriert haben. Ich antworte: „Es ist das erste Mal, dass Sie mich konkret nach meinen politischen Aktivitäten fragen. Und damit haben wir erreicht, was wir wollten.“ Denn ein Schulstreik ist nicht einfach Schule schwänzen – wir wollen einen Ort, an dem mensch täglich acht Stunden verbringt, politisieren.

Wir wachsen auf mit Angst. Angst vor Ärger Zuhause, Angst vor schlechten Noten, Angst davor, etwas Falsches zu tun. Aber diese Angst ist nicht notwendig. Wir können auch einmal keinen „Respekt vor Autoritätspersonen“ haben, wenn für uns der Kampf gegen Rassismus nun mal wichtiger als Vektorrechnung ist. Wir dürfen auch Regeln brechen, wenn das notwendig ist, damit uns zugehört wird.

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