Streik gegen Prekarisierung (Kurzversion)

17.10.2011, Lesezeit 4 Min.
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Seit Anfang September streiken die ArbeiterInnen der Charité Facility Management GmbH (CFM), einer Tochtergesellschaft des Berliner Universitätsklinikums Charité, für bessere Löhne und einen Tarifvertrag. Die CFM entstand 2005 unter dem SPD-Linkspartei-Senat und hat seitdem die Verantwortung über alle nicht-medizinischen und nicht-pflegerischen Arbeiten (u.a. Reinigung, Transport, Sterilisation). Die Profiteure der Ausgründung sind vor allem die privaten Dienstleistungsunternehmen Vamed AG, Hellmann Worldwide Logistics und die Dussmann-Gruppe. Gemeinsam halten sie 49% der Anteile der CFM und stellen die Mehrheit im Aufsichtsrat.

Die Geschichte der CFM ist beispielhaft für die Zustände im Gesundheitsbereich. Schon in den 70ern und besonders in den Jahrzehnten der Bürgerlichen Restauration, drängten private Unternehmen in die Kliniken. Erst über die Auslagerung von Reinigungsdiensten, schließlich sogar mit dem Verkauf der öffentlichen Krankenhäuser an „Gesundheits“-Konzerne.

Die CFM ist ein Produkt der Politik der Privatisierung öffentlichen Eigentums und der Prekarisierung der Arbeitsbedingungen. Es gibt keinen Tarifvertrag, sodass Bezahlung, Urlaubstage u.a. individuell variieren, d.h. selbst in ein und derselben Abteilung KollegInnen nebeneinander zu unterschiedlichen Bedingungen arbeiten. Das hat zur Folge, dass die objektiven Bedingungen, unter denen der Streik bei der CFM stattfindet, sehr schwierig sind. Viele haben befristete Verträge, die Stundenlöhne liegen oft bei unter acht Euro. In einem staatlichen Krankenhaus arbeiten KollegInnen, die nach ihrem Vollzeit-Job bei der Arbeitsagentur die Aufstockung auf Hartz-IV-Niveau beantragen müssen! Dazu kommt die Schwierigkeit, dass einige KollegInnen, die bei der CFM arbeiten, noch alte Charité-Verträge haben. Diese „Gestellten“ sind von den Problemen der CFM-Angestellten nicht direkt betroffen, und haben eine viel sicherere Position als befristete KollegInnen. Dadurch wird die Belegschaft noch weiter gespalten. Gleichzeitig übt die voranschreitende Prekarisierung der CFM-Beschäftigten starken Druck auf die Arbeitsverhältnisse der „sichereren“ Gestellten.

Die Chefetage der CFM setzt bei diesen Spaltungen an, um den Streik zu brechen. Neben Druckmitteln wie Lügen und Einschüchterung wird auch mit Erpressung und leeren Versprechungen versucht, den Streik schwach zu halten. Zudem wird massiv Leiharbeit eingesetzt, um den Streik unter Beugung jeglicher Arbeitsgesetze zu sabotieren. Besonders den privaten InvestorInnen wie Dussmann geht es dabei einfach ums Prinzip. Der relativ niedrige gewerkschaftliche Organisierungsgrad der CFM-Belegschaft macht es dem Unternehmen leichter, im Sinne der Profitmaximierung jeden Cent aus den Beschäftigten herauszupressen. Diese kriminelle Politik der Geschäftsführung zeigt klar und deutlich, dass es hier nicht nur um einen „banalen“ Lohnkonflikt geht, sondern um die politische Durchsetzung eines Profitmodells, welches direkt die historischen Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung auszulöschen versucht.

In diesem Sinne sehen wir auch die konkrete Notwendigkeit, eine Tradition der Einheit von Studierenden und ArbeiterInnen zu re-etablieren. Hierbei kann es sich jedoch nicht nur um abstrakte Solidarität handeln. Denn die prekären Verhältnisse, unter denen ein wachsender Teil der ArbeiterInnenklasse leidet, sind auch für große Teile der Studierendenschaft eine konkrete Perspektive, sowohl während des Studiums (durch stetig steigenden Druck, Zwang zu unbezahlten Praktika etc.) als auch nach dem Abschluss, wo viele Studierende die gleiche Unsicherheit und Überausbeutung erwarten wird, wie sie bei der CFM zu finden sind.

In diesem Sinne sehen wir die Notwendigkeit einer revolutionären Politik, die sowohl die Selbstorganisierung der ArbeiterInnen gegen die herrschende Klasse, aber auch gegen die Macht der Gewerkschaftsapparate, vorantreibt als auch eine Kampfeinheit der radikalsten Sektoren der ArbeiterInnenbewegung und der Jugend aufbaut. Wir von RIO und der Trotzkistischen Fraktion halten es für unabdingbar, einen klassenkämpferischen Pol innerhalb der Gewerkschaften gegen diese BürokratInnen zu etablieren. Dafür wollen wir als kleine Gruppe einen bescheidenen Beitrag leisten.

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