Schulstreik gegen Corona!

13.05.2020, Lesezeit 5 Min.
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Trotz möglicher zweiter Covid-19-Welle öffnet der deutsche Staat nach und nach Kitas, Schulen und Universitäten. Kitas und Grundschulen werden geöffnet, damit die Eltern nicht den ganzen Tag ihre Kinder betreuen müssen und wieder arbeiten gehen können. Auch in höheren Klassen geht der Leistungsdruck weiter, als ob alles „normal“ wäre. Erste Schüler*innen lassen sich das nicht mehr gefallen und fordern einen Schulboykott. Wie schaffen wir es diesen auszuweiten und zum Sieg zu führen?

Das „rollierende System“ an dem Klassen abwechselnd tageweise kommen sollen, weist einige Lücken auf. Es gibt keine klaren Handlungsabläufe, sollten sich Schüler*innen oder Lehrkräfte infizieren. „Über das weitere Vorgehen – und auch ob weitere Schüler und Lehrer in Quarantäne müssen“ , entscheidet das Gesundheitsamt. Statt unbürokratischem, sicheren Vorgehen, wird also jeder Fall vereinzelt und möglicherweise nicht mit der nötigen Effektivität bekämpft. Auch Desinfektionsmittel scheinen an Schulen zu fehlen und die hygienischen Bedingungen sind unzureichend. Das bedeutet nicht nur für Schüler*innen ein erhöhtes Risiko, sondern auch für ihre Familien. Somit werden auch Risikogruppen erhöht gefährdet.

Um den „Patienten Wirtschaft“, wie der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger es so zynisch formulierte, zu versorgen, wird die Maßnahme der Wiederöffnung gerade auch in nicht-systemrelevanten Betrieben durchgesetzt. Die Profite der Kapitalist*innen, sollen über der Gesundheit aller stehen. Vom propagierten #Zusammenhalt bleibt nichts übrig und der Widerspruch zwischen sinnvollen Maßnahmen gegen Corona und Wirtschaftsinteressen verschärft sich.

Azubis und Studierende

Das gilt auch in Berufsschulen und betrifft Azubis besonders hart, da sie gleichzeitig noch in Betrieben arbeiten müssen, wo teilweise Sicherheitsstandards nicht gewährleistet werden können. In Tarifverhandlungen wurden sie zuletzt von der IG BCE benachteiligt und haben nur halb so viel Geld bei einer Einmalzahlung bekommen wie alle anderen Arbeiter*innen.

Gleichzeitig gibt es große Angriffe auf Studierende. Das ist nicht unwichtig, da circa die Hälfte der Schüler*innen nach der Schule studieren. Student*innen werden nicht nur durch Leistungsdruck, sondern auch finanziell getroffen. Lange gab es nur vereinzelte monetäre Hilfen bis vor ein paar Tagen – wohlgemerkt Monate nach den 600-Milliarden für Unternehmen – zinsfreie Kredite vergeben wurden. Diese müssen aber, anders als beispielswiese BaFög oder Kindergeld, vollständig zurückgezahlt werden. Der deutsche Staat treibt also viele in die Schulden und lädt ihnen so die Kosten für die Krise auf. Gleichzeitig fallen viele Nebenjobs für Studis weg. Auch Eltern können ihren studierenden Kindern nur schwer mehr Geld geben, da sie in sehr vielen Fällen durch Kurzarbeit nur 67 Prozent von ihrem Lohn bekommen. Ob die Unis wieder öffnen, wurde zur individuellen Entscheidung der Universitätsverwaltungen gemacht. Die Lage wird also mancherorts durch die Öffnung einiger Hochschulen nochmal verschärft.

Vom Schulboykott zum Schulstreik

Mehrere Initiativen sind seitens Schüler*innen entstanden, die gegen die Gefährdung ihrer Gesundheit Widerstand leisten wollen. Viele weisen auch darauf hin, dass die jetzige Situation sozial benachteiligte Schüler*innen umso härter trifft. Eine Petition, die statt den Abiprüfungen ein Durchschnittsabitur fordert, erhielt über 150.000 Unterschriften.
Aktuell wird die Forderung nach einem Boykottaufruf laut, der auf wichtige Bildungsfragen, aber wenig zur Gesamtsituation und den Zusammenhang mit Arbeiter*innen, die für die Krise zahlen, eingeht. Dabei ist die Verbindung mit den Belangen der Beschäftigten eigentlich offensichtlich, da Kitas und Grundschulen nur geöffnet werden, damit Eltern wieder arbeiten gehen können.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die vorrangig Lehrer*innen organisiert, drückt ihre Besorgnis aus und meint, dass Prüfungen notfalls verschoben werden sollen. Damit bleibt sie hinter den Forderungen der Schüler*innen zurück. Wie die anderen Führugnen der DGB-Gewerkschaften stellt sie außerdem keinen Kampfplan auf, damit die Bildungsarbeiter*innen gemeinsam mit den Schüler*innen für ihre Gesundheit kämpfen können und bleibt auf Kuschelkurs mit der Regierung, die aktuell die Arbeits- und Lebensbedingungen von Millionen angreift.

Ein Boykott reicht nicht aus: es braucht einen Schul- und Unistreik, der eng mit der sozialen Frage verknüpft ist. Während der Boykott individuelle Handlungen fordert, geht der Streik als Kampfmittel von der Masse aus. Mit dieser politischen Dimension kann man auch ein weitergehendes Programm vorschlagen, dass das Ziel hat, in Solidarität mit den Kämpfen des Gesundheitssektors und der von Kurzarbeit und Kündigung Betroffenen zu streiken. Das Pflegepersonal trägt die Hauptlast der Corona-Krise, die nun steigen könnte, wenn eine zweite Welle durch die verfrühten Öffnungen ins Rollen kommt. Um den Streik auch auf die Eltern und andere Bereiche auszuweiten, ist eine gewerkschaftliche Organisierung notwendig.

Auf zum Schul- und Unistreik! Alle Hygieneartikel in die Krankenhäuser! Für die Schließung aller Schulen und Universitäten! Versetzung für alle! Hochschulzugangsberechtigung für alle! Mehr Lohn und finanzielle Hilfen für Schüler*innen, Azubis und Student*innen!

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