Lasst uns Komitees gegen Pandemie und Krise aufbauen! Für Streiks und Mobilisierungen der Gewerkschaften!

04.02.2021, Lesezeit 5 Min.
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Bild: Protest von Gesundheitsarbeiter:innen in Belgien. Alexandros Michailidis / Shutterstock.com

Offener Brief an die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG).

Liebe Genoss:innen der VKG,

seit einigen Wochen wird in der breiten Öffentlichkeit viel über die Initiative #ZeroCovid diskutiert. Unterschiedliche Gruppen in der VKG haben sich zu der Initiative positioniert, von enthusiastischer Zustimmung bis zu höflicher Distanz und teilweiser Ablehnung.

Am vergangenen Samstag haben wir als RIO/KGK eine Erklärung zu #ZeroCovid veröffentlicht, die wir auch an die VGK und die in ihr aktiven Gruppen richteten. In ihr haben wir vorgeschlagen, als VKG in den Gewerkschaften und Betrieben Initiativen zu starten. Hier ist die gesamte Erklärung zu lesen: #ZeroCovid: Was sind die Aufgaben der Linken und der Arbeiter:innenklasse?

Wir denken, dass #ZeroCovid eine erste Antwort von links gegen die Regierungspolitik darstellt und fortschrittliche Elemente im Sinne der Arbeiter:innenklasse beinhaltet, wie die Forderung nach einem Herunterfahren der Wirtschaft, finanziert durch die Besteuerung hoher Vermögen, Unternehmensgewinne und der höchsten Einkommen. Gleiches gilt für Forderungen, die in Richtung der Vergesellschaftung des Gesundheitssystems weisen. Trotz unserer Kritiken an der #ZeroCovid-Initiative (auf die wir in unserer Erklärung ausführlich eingehen und die viele Gemeinsamkeiten mit anderen Gruppen in der VKG haben) bietet uns die aktuelle Diskussion in der Öffentlichkeit eine gute Grundlage, um auf einer stärkeren Grundlage mit einem proletarischen Anti-Krisen-Programm in die Gewerkschaften und Betriebe zu intervenieren.

Unserer Meinung nach ist die zentrale Schwäche der #ZeroCovid-Initiative, dass sie einerseits mit den Forderungen nur an die Regierung appelliert, ohne eine klare Perspektive der Mobilisierung und der Streiks aufzuzeigen, und andererseits die Rolle der Bürokratien der Gewerkschaften und reformistischen Parteien ignoriert und keine Perspektive der Selbstorganisierung der Arbeiter:innen vertritt. Wir glauben hingegen, dass das Herunterfahren der Wirtschaft auf Kosten der Kapitalist:innen nur durch Massenmobilisierungen und Streiks in der Perspektive eines Generalstreiks durchgesetzt werden können. Dafür muss die Entwicklung von Organen der Selbstorganisation der Arbeiter:innenklasse gefördert werden, um die reformistischen Bürokratien der Gewerkschaften und der Linkspartei in eine Einheitsfront zu zwingen. Dafür müssen diese ihre „nationale Einheit“ mit der Regierung und den Bossen brechen, die sie bisher aufrechterhalten.

Eine Einheitsfront in einer solchen Perspektive muss auch die schon stattfindenden und angekündigten Massenentlassungen konfrontieren, sowie anti-imperialistische und antimilitaristische Forderungen wie die Streichung aller Schulden der halbkolonialen Länder, kostenlose Verteilung von Impfstoffen oder Ende aller repressiven Maßnahmen gegenüber der Migrant:innen, Jugend und der Arbeiter:innenklasse usw. erheben, die bisher in der #ZeroCovid-Initiative kaum eine Rolle spielen.

Wir denken, dass die VKG für die Umsetzung der notwendigen Forderungen gegenüber der Untätigkeit der Gewerkschafts- und Linksparteiführung kämpfen muss. Die #ZeroCovid-Initiative bietet dafür einen Anhaltspunkt, den wir durch den Aufbau von Komitees gegen Pandemie und Krise vertiefen können. Solche Komitees können ein Ort dafür sein, um einen Grundstein für eine Alternative zu den reformistischen Apparaten zu legen, die sich seit Anfang der Pandemie und mit ihrer Positionierung gegen ein Herunterfahren der Wirtschaft, das von Bossen bezahlt wird, hinter die Interessen der Regierung und der Kapitalist:innen stellen.

Wir schlagen vor,

  1. dass wir als VKG eine programmatische Erklärung auf dieser Grundlage machen, indem wir uns mit #ZeroCovid kritisch auseinandersetzen, die Politik der Gewerkschaftsbürokratie und der Linkspartei kritisieren, sowie einen Kampfplan gegen die Krise vorschlagen;
  2. dass wir als VKG durch öffentlich wirksame Kampagnen wie Fotoaktionen, Unterschriftenkampagnen, wenn möglich Betriebsaktionen für Mobilisierungen und Streiks gegen die Auswirkungen der Krise und für einen von den Kapitalist:innen bezahlten Wirtschaftslockdown organisieren;
  3. dass wir als VKG durch diese Kampagnen gemeinsam mit weiteren Bündnispartner:innen darauf einwirken, dass in den Betrieben, Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen Komitees gegen die Pandemie und Krise als Selbstorganisierungsorgane der Arbeiter:innenklasse entstehen. Diese Komitees können ein alternatives Anti-Krisen-Programm gegenüber der Gewerkschaftsbürokratie und den reformistischen Führungen diskutieren, um die Bildung einer Einheitsfront, Mobilisierungen, Streiks in Perspektive eines Generalstreiks zu organisieren. Diese Komitees sollen auch dazu dienen, dass die Arbeiter:innen selber entscheiden, ob und unter welchen Hygienebedingungen die Produktion weiterlaufen soll, ob sie auf andere, essentielle Produkte umgestellt werden soll, oder ob die Produktion unter Arbeiter:innenkontrolle und bei voller Lohnzahlung heruntergefahren werden soll usw.;
  4. dass wir als VKG und den in ihr organisierten Gruppen einen Überblick über unsere Kräfte schaffen, an welchen Orten wir am sinnvollsten unsere Kräfte bündeln und zum Aufbau solcher Komitees beitragen können;
  5. dass wir als VKG eine offene bundesweite online Versammlung organisieren, zu dem wir unser gesamtes Umfeld und betrieblich aktiven Genoss:innen sammeln, um unser Vorgehen zu bestimmen.

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