Hinter der rechten Gewalt steckt die Regierung!

12.09.2015, Lesezeit 5 Min.
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// Während täglich ein rassistischer Angriff auf Geflüchtetenunterkünfte stattfindet, toleriert die Regierung faschistische Ausschreitungen und sorgt mit weiteren rassistischen Gesetzgebungen dafür, dass Geflüchtete noch stärker unterdrückt werden. // Flugblatt vom 21. September 2015 von RIO zum Tag der Patrioten in Hamburg. //

Die Straßenschlachten in Heidenau markierten gleichsam eine Wende im Umgang mit den Geflüchteten. Während vor aller Augen Nazis versuchten eine Geflüchtetenunterkunft anzugreifen und in alkoholisiertem Zustand auch vor Gewaltanwendung nicht halt machten, wirkte die Öffentlichkeit schockiert. Dass dies nicht die ersten Ausschreitungen oder Anschläge gegen Geflüchtete waren, oder dass trotz allem nur eine Person verhaftet wurde, interessierte die „aufgeschreckten“ Medien viel weniger als die Sorge um den „guten Ruf Deutschlands in der Welt“. Diesen guten Ruf gibt es tatsächlich, allerdings weniger, weil Regierung und Medien so aufgeschlossen sind, sondern weil Deutschland als größte imperialistische Macht in der Europäischen Union einen relativ hohen Lebensstandard bietet.

Doch von dieser Möglichkeit bleiben sowohl die Refugees, die in Lager gesteckt werden, als auch die zahlreichen Migrant*innen, die im Zuge der Weltwirtschaftskrise besonders aus Südeuropa legal nach Deutschland kamen, ausgeschlossen. Die einen, weil ihnen selbst grundlegende demokratische Rechte verwehrt werden. Die anderen, weil sie für miserable Löhne schuften müssen. Ihr Kampf gegen die Ausbeuter*innen des Kapitals und der Unterdrücker*innen der Regierung müssen sie gemeinsam mit ihren Klassengeschwistern der hiesigen Arbeiter*innenklasse führen.

Zwei Seiten einer Medaille

Derzeit findet so etwas wie eine „Arbeitsteilung“ zwischen der Regierung im Parlament und den Faschist*innen auf der Straße statt: während erstere eine weitere Asylrechtsverschärfung nach der anderen durchführt, sorgen letztere mit ihrer Hetze und ihren Angriffen für Angst und Terror besonders unter den Geflüchteten. Deren Zahl hat sich besonders seit dem syrischen Bürger*innenkrieg massiv erhöht, sodass in diesem Jahr mit wohl 800.000 Asylanträgen so viele wie nie zuvor gestellt werden. Geflohen vor Krieg, Elend und Zerstörung stellen sie die Konsequenz der mörderischen imperialistischen Aggressionen dar, von Syrien über Afghanistan bis hin zum Balkankrieg aus den 1990er Jahren. Das deutsche Kapital hat daran in erster Linie zweifaches Interesse, welches sich in exorbitant hohen Waffenexporten und dem Missbrauch der Geflüchteten als billige Arbeitskräfte manifestiert.

Doch die „Arbeitsteilung“ ist keineswegs hermetisch voneinander abgetrennt, sondern geht teilweise ineinander über, etwa wenn über „nützliche“ und „nutzlose“ Geflüchtete debattiert wird. Die rassistische Gesetzgebung ist auch anhand der Anerkennungsquoten zu sehen, wo besonders Menschen aus den Balkan-Ländern wie Serbien, Kosovo oder Albanien unter Generalverdacht gestellt werden, „Asylmissbrauch“ zu betreiben und schlichtweg nicht anerkannt werden. Zwar hat die deutsche Regierung derzeit kein Interesse an einer militanten faschistischen Bewegung, die sie nicht kontrollieren kann und bezeichnet die Randalierer*innen von Heidenau als „Pack“. Jedoch scheuen sich Vertreter*innen der Regierungsparteien nicht, etwa „Verständnis“ für die „besorgten Bürger“ zu zeigen.
Wenn also Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) plötzlich Refugees Welcome ruft, so ist das nichts weiter als Zynismus und eine pure Heuchelei. Es sei nur daran erinnert, dass er dafür verantwortlich ist, dass sich die Rüstungsexporte auch in diesem Jahr gesteigert haben. So haben sich allein die Rüstungsexporte in die arabischen Länder – welche teilweise den Islamischen Staat finanzieren – mehr als verdoppelt.

Widerstand gegen Rassismus heißt Widerstand gegen die Regierung!

Eine klassenkämpferische Perspektive gegen die derzeitige Welle der rechten Gewalt muss notwendigerweise die Arbeiter*innenklasse im Mittelpunkt haben. Denn nur sie hat die soziale Kraft, mit Streiks Innenstädte lahmzulegen,
die Züge der Nazis massenhaft zu blockieren und echten Druck auf die Regierung auszuüben.

Aber diese Perspektive richtet sich nicht nur auf die Verhinderung vom „Tag der Patrioten“ oder anderer rechter Mobilisierungen, sondern ebenfalls gegen die Regierung, die versucht, die Hetze der Faschist*innen für ihre Zwecke zunutze zu machen. Einer großen rassistischen Mobilisierung auf der Straße folgt meistens eine weitere Asylrechtsverschärfung im Parlament. In diesem Sinne darf es nicht nur bei der Mobilisierung am heutigen Tag gegen die Faschist*innen bleiben, sondern muss durch antirassistische Komitees von Jugendlichen in ihren Schulen, Universitäten und möglichst auch in Betrieben vorangetrieben werden. Nur mit weiteren Massenaktionen und Streiks gegen die Regierung kann die rechte Gewalt bereits an ihrer Wurzel bekämpft werden. Solche Massenmobilisierungen müssen die historischen Forderungen der Geflüchtetenbewegung aufgreifen und sie um ein soziales Programm erweitern. Zentrale Forderungen dabei sind:

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit,
  • Bleiberecht für alle,
  • Verteilung der Arbeit auf alle vorhandenen Schultern und
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich,
  • Anerkennung aller demokratischen Rechte für Geflüchtete sowie
  • sofortiger und endgültiger Abschiebestopp.

Nur so kann die klassenkämpferische Antwort der Arbeiter*innen aussehen. Dies ist das Programm, welches den Kampf gegen die rechten Banden mit dem Kampf gegen den bürgerlichen Staat verbindet.

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