Für ein grenzenloses Asylrecht!

30.10.2012, Lesezeit 4 Min.
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Das Flüchtlingscamp am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg ist eine der größten Protestaktionen gegen die unmenschliche Behandlung von Asylsuchenden in der Geschichte der BRD. 6.000 Demonstrant*innen demonstrierten in Solidarität mit den Antragssteller*innen an einem sonnigen Herbsttag. Die Gründe für die Aktionen, wie die Demonstration am 13. Oktober, die Besetzung der Nigerianischen Botschaft am 15. Oktober und die darauf folgende Spontandemo zur Befreiung der politischen Gefangenen, sind vielfältig. Die entmündigende Art und Weise, wie die BRD – durch Residenzpflicht, “Heime”, Lebensmittelmarken, Essenspakete und Lern- und Arbeitsverbot – die Menschen traktiert, ist einfach nicht hinnehmbar!

Während die EU einen Friedensnobelpreis für die Erhaltung des Friedens bekommen hat, töten die Praktiken von EU-Institutionen wie Frontex jährlich Tausende von Menschen!

Die „Unholy Trinity“ Europas (die neokolonialen Mächte Deutschland, Frankreich und Großbritannien) hat ein Vertragswerk geschaffen, welches diesen Massenmord legitimiert. Es schafft Bedingungen, die zu einer äußerst unmenschlichen, für die imperialen Großmächte des Nordens jedoch durchaus vorteilhaften peripheralen Struktur innerhalb der EU geführt haben: Während in Griechenland bei einer Einwohner*innenzahl von circa zehn Millionen etwa eine Million „illegale“ Menschen leben, beschwert sich das deutsche Innenministerium über die mickrige Anzahl von 130.000 Asyl-Antragssteller*innen und etwa eine halbe Million „Illegale“. Wie kann so ein massives Ungleichgewicht zustande kommen?

Im Zuge der Verhandlungen zu den Maastrichter Verträgen von 1992 wurde der sogenannte „Dublin II“ Vertrag abgeschlossen. Damit hat die „Unholy Trinity“ dafür gesorgt, dass Flüchtlinge aus dem Mittelmeerraum im ersten Peripheriering des europäischen Imperiums (die so genanten PIIGS-Staaten) festsitzen und nur in dem Land, welches sie als erstes betreten, einen Antrag auf Asyl stellen können.

Daraus resultierende Probleme, wie die vollkommene Überforderung der Infrastruktur für Flüchtlinge und die zunehmende Brutalität faschistischer Gruppierungen, werden einfach ignoriert bzw. teilweise unterstützt. Entsprechende Vorfälle häufen sich in Griechenland um die faschistische Partei „Chrysi Avgi“ und deren Deckung durch Polizei und Justiz.

Auch 20 Jahre nach den Pogromen von Lichtenhagen finden regelmäßig Brandanschläge auf Asylheime in Deutschland statt, wie Teilnehmer*innen des Protestcamps am Oranienplatz erzählen. Jedoch verlaufen auch Ermittlungen in diesem Bereich – zugunsten Rechtsradikaler – im Sande.

Auffällig an der gesamten Situation ist die manipulative Haltung des Innenministers Friedrich (CSU), der kürzlich nach einer weiteren Verschärfung der Asylbedingungen gerufen hat, um potentielle Antragssteller*innen „abzuschrecken“. Das entspricht dem CDU/CSU-Credo, wonach es „keine Partei rechts der CDU“ geben dürfe. Offensichtlich verwendet diese Regierung die Asylbewerber*innen als Sündenböcke, um je nach populistischem Bedürfnis ihre Rechte zu beschneiden. Dies alles aus dem widerlichen Grunde den Faschist*innen und Nationalist*innen bei Wahlen die Sympathisant*innen abzujagen.

Also unterstützen wir unsere Klassengeschwister, die sich wie wir – jedoch unter viel schwierigeren Bedingungen – durchzuschlagen versuchen, bei ihrem Kampf für menschenwürdiges Leben innerhalb eines angeblich so „freien, demokratischen” Staates! Für die Abschaffung der Residenzpflicht, des degradierenden Markensystems und des Lern- und Arbeitsverbotes! Denn diese Gesetzte dienen nur dazu, verschiedene Teile der arbeitenden Bevölkerung gegeneinander auszuspielen und sie daran zu hindern, ihre Interessen als Klasse wahrzunehmen.

Während diese Ausgabe in Druck geht, befinden sich 20 bis 30 Illegalisierte im Hungerstreik am Brandenburger Tor. Seit dem 24. Oktober haben sie keine Nahrungsmittel zu sich genommen und werden von der Polizei schikaniert. Jetzt erst recht ist Solidarität nötig!

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