Frauen in der russischen Oktoberrevolution

22.03.2015, Lesezeit 3 Min.
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// aus dem Flugblatt Brot und Rosen Nr. 4 // PDF //

Schon Marx und Engels sprachen von der Vergesellschaftung der Kindererziehung als notwendigem Schritt, um die Bindung der Frauen an häusliche Pflichten aufzulösen und eine bessere Versorgung zu ermöglichen. Auch für den Kapitalismus hat eine zum Teil vergesellschaftete Kindererziehung den Vorteil, dass Frauen dann leichter in den Produktionsprozess einzugliedern sind, doch ist für die Kapitalist*innen die Auflösung der Familie als Reproduktionseinheit und besonders als Institution des Privateigentums natürlich nicht erwünscht – denn durch unbezahlte Reproduktionsarbeit in der Familie werden die Kosten der Ware Arbeitskraft gesenkt.

Ein Beispiel für die Kollektivierung der Kindererziehung findet sich nach der russischen Revolution 1917, als die Bolschewiki Kinderkrippen und Ähnliches einrichteten, wodurch die Arbeiterinnen von einem Teil der häuslichen Last befreit wurden und somit auch Zeit für politische Aktivität in den Sowjets (Räten) gewannen. Ebenfalls wurden Kantinen und kollektive Wäschereien eingerichtet. Diese Maßnahmen waren allerdings nur begrenzt effektiv, da die materielle Grundlage durch die Schäden von BürgerInnenkrieg, militärischen Interventionen der kapitalistischen Staaten und einer allgemein geringen Industrialisierung schlecht war.

Mit dem Aufstieg der stalinistischen Bürokratie wurden die Errungenschaften in der Kollektivierung von häuslicher Arbeit fast vollständig zurück­gefahren. Die Idee der Kleinfamilie wurde erneut geprägt und mit ihr eine Verherrlichung der Mutterfigur. So kehrte ein Großteil der Kinder­erziehung zurück in den familiären Rahmen, die Doppelbelastung der Frau wurde nicht thematisiert. In der DDR war es ähnlich, wie dieser Ausschnitt aus dem Familiengesetzbuch von 1965 zeigt:

„Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellschaft. Sie beruht auf der für das Leben geschlossenen Ehe und auf den besonders engen Bindungen, die sich aus den Gefühlsbeziehungen zwischen Mann und Frau und den Beziehungen gegenseitiger Liebe, Achtung und gegenseitigen Vertrauens zwischen allen Familienmitgliedern ergeben.“

Auch wurden nach der russischen Revolution beschlossene progressive Gesetzgebungen, wie zum Beispiel das vereinfachte Eherecht und die Legalisierung von Abtreibungen, im Zuge der Stalinisierung der Sowjetunion wieder abgeschafft.

Obwohl der Stalinismus gewisse Verbesserungen für Frauen beibehielt, wie zum Beispiel die Garantie gleicher Bezahlung, verhinderte das „Steckenbleiben“ der Revolution ebenso ein Fortschreiten der Befreiung der Frauen. Trotzdem weisen die Errungenschaften in den ersten Jahren nach der Revolution die Richtung dafür, wie die vollständige Befreiung der Frauen im Sozialismus erreicht werden kann.

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