Es geht nach rechts…

04.11.2014, Lesezeit 5 Min.
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// Rechtstendenzen bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg //

Die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg am 31. August und am 14. September haben Tendenzen fortgesetzt, die auch im bundesdeutschen Parteiensystem zu beobachten sind: Der Niedergang der FDP, parallel zum Aufstieg der AfD, und die Rechtsentwicklung der Linkspartei, die sich mit sehr zahmen Wahlkämpfen auf eine Regierungsbeteiligung in Brandenburg und Thüringen vorbereitete. Diese Rechtstendenzen auf der Ebene der Wahlen fallen in eine Zeit, in der mit Streiks bei den LokführerInnen und bei Amazon das Paradigma der Sozialpartnerschaft erste Risse bekommt und der Klassenkampf an Fahrt gewinnt. Wir sehen also Tendenzen zur Polarisierung der Gesellschaft.

Gemeinsam war allen drei Landtagswahlen eine äußerst geringe Wahlbeteiligung von jeweils etwa 50%. Dahinter steht das Fehlen einer Alternative zu Kürzungen und Sozialabbau. Die Linkspartei wird kaum mehr als linke Alternative wahrgenommen. Dafür müsste sie soziale und demokratische Proteste sowie Arbeitskämpfe deutlich stärker unterstützen, anstatt sie in parlamentarische Bahnen zu lenken, und sie müsste eine klare Haltung gegen Regierungsbeteiligungen einnehmen. Die Logik des bürgerlichen Staates lässt eine Perspektive sozialer Kämpfe bei gleichzeitiger Regierungsbeteiligung nicht zu. Eine Regierung ist darauf angewiesen, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Im kapitalistischen Staat bedeutet das, die Profite sicherzustellen, also die Kosten der Krise auf die ArbeiterInnen abzuwälzen.

Da eine ernsthafte Perspektive fehlt, lassen sich viele von der „Alternative“ von rechts, der AfD, mit ihrer frauenfeindlichen, nationalistischen und rassistischen Hetze ködern. Bei den drei Landtagswahlen konnte sie so jeweils 10-12% der Stimmen auf sich vereinigen. Dies zeigt eine langsame Rechtsbewegung auf Wahlebene. Auch wenn die NPD Verluste verzeichnete, so lässt sich nicht sagen, dass die AfD nur auf Kosten der NPD gewachsen wäre. Ihre Stimmen kamen vor allem von enttäuschten WählerInnen der großen Parteien, darunter auch in nicht geringem Maße von der Linkspartei. Es ist allerdings anzumerken, dass die AfD momentan nahezu ausschließlich ein elektorales Projekt ist. Sie ist gegenwärtig nicht dazu in der Lage auf der Straße einen bedeutenden Einfluss auszuüben.

Zu ihrer Gründung stand bei der AfD die Skepsis gegenüber dem Euro und der EU im Vordergrund, vorangetrieben von bildungsbürgerlichen Schichten – allen voran dem Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke, dem eine Synthese aus Neoliberalismus und Protektionismus vorschwebt. Mittlerweile ist in der Außendarstellung der AfD das reaktionäre Wirtschaftsmodell hinter die reaktionären gesellschaftspolitischen Anliegen zurückgefallen. Ausdruck davon war zum Beispiel der Wahlslogan „Wir sind nicht das Weltsozialamt“, der sich nahezu wortgleich bei der NPD findet. Während der Staat mit Abschiebungen die Spaltung der Lohnabhängigen vertieft, kann die AfD von den dadurch geschürten rassistischen Ressentiments profitieren.

Der Aufstieg der AfD und die rassistische Stimmung liegen auch an der Schwäche und Anpassung der Linken. Die Linkspartei verlor in allen Bundesländern – absolut gesehen – an Stimmen, in Thüringen konnte sie einen leichten relativen Zuwachs an Prozenten verzeichnen, der allerdings auch dadurch zu erklären ist, dass die SPD sich eine Regierungsbeteiligung sowohl als Juniorpartner der CDU, als auch der Linkspartei offen ließ, weswegen viele traditionell sozialdemokratische WählerInnen lieber gleich die Linkspartei wählten. Trotz der Aussicht auf den ersten linken Ministerpräsidenten war das Ergebnis mager, gar mit einem Verlust von 23.000 Zweitstimmen. Kein Wunder, hat Bodo Ramelow doch auch nichts anderes im Gepäck als gewöhnliche bürgerliche Politik. Schon im Wahlkampf kündigte er an, dass all seine Projekte unter Finanzierungsvorbehalt stünden – ausgenommen immerhin die Schaffung von 5.000 neuen LehrerInnenstellen. Auch in den Koalitionsverhandlungen zeigte die Linkspartei, wie sehr sie bereit ist, sich für das Regieren anzupassen. Ihre Forderung nach der Abschaffung des Verfassungsschutzes gab sie ohne größeres Zögern auf. Hinzu kam das Zugeständnis an die Grünen, dass die DDR ein „Unrechtsstaat“ sei, womit die moralische Überlegenheit der BRD zum Ausdruck gebracht werden soll.

In Brandenburg wurde die Linkspartei für ihre Regierungsbeteiligung abgestraft. Dort hat sich die absolute Anzahl sowohl ihrer Erst-, als auch ihrer Zweitstimmen mehr als halbiert. Dies ist die Konsequenz für ihre Politik mit Stellenabbau im Öffentlichen Dienst, dem Sparkurs an den Unis und der Zustimmung zum Braunkohleabbau, die im Widerspruch zu ihrem eigenen Wahlprogramm steht. Trotzdem reichte es zusammen mit der SPD für die Mehrheit im Landtag, wodurch die Linkspartei weitere fünf Jahre als Juniorpartner Politik gegen die Jugend und ArbeiterInnen machen darf.

Ihre parlamentarische Praxis steht damit nur in einer kontinuierlichen Linie ihrer allgemeinen Rechtsentwicklung. Mit ihrer pro-EU-Haltung überließ sie der AfD das Feld der Kritik an den undemokratischen Institutionen der EU. In wichtigen gesellschaftlichen Fragen, wie den Kämpfen der Geflüchteten, mobilisiert sie kaum auf die Straßen. In Arbeitskämpfen befolgt sie eine sozialpartnerschaftliche Linie. Und zur Frage der deutschen Außenpolitik haben Teile der Linkspartei mit der Zustimmung zum Bundeswehr-Einsatz im Mittelmeer ihre Anpassungsbereitschaft demonstriert. Gravierender noch fordern einige, unter anderem Gregor Gysi und Stefan Liebich, einen Kampfeinsatz in Syrien, getarnt als „humanitäre UN-Intervention“. Damit bereitet sich die Linkspartei weiter auf eine Regierungsbeteiligung im Bund vor.

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