Der kapitalistische Zauberlehrling: Die Nazis, die ich rief…

04.09.2018, Lesezeit 15 Min.
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AfD und Nazi-Hools verschmelzen in der früheren Karl-Marx-Stadt. Tausende stellen sich ihnen entgegen. Doch Neoliberale und Konzerne wollen das vereinnahmen.

Chemnitz am Samstag: Nazi-Tattoos, T-Shirts und Gespräche der Teilnehmer*innen des rechtsextremen „Trauermarsches“ bestätigten wieder, dass es sich nicht nur um „besorgte Bürger*innen“ handelt, sondern zu einen beachtlichen Teil auch um organisierte Neonazis. Die Jagden auf Linke und Migrant*innen, zu denen es auch Samstag Nacht wieder kam, sind schrecklich.

Nachdem der rechte „Trauermarsch“ gegen Migrant*innen nach nur 300 Metern von der Polizei beendet wurde, gingen rund 1.000 gewaltbereite Nazis und Hooligans an den Polizeiketten vorbei und schwärmten in kleine und größere Gruppen durch die Innenstadt. Glasflaschen und Feuerwerkskörper flogen auf linke Gegendemonstrant*innen. Nicht-weiße Menschen wurden von Nazigruppen angegriffen. Unter dem Karl-Marx-Denkmal rief ein kahlgeschorener Vierjähriger aus seinem Kinderwagen „Heil Hitler“. Und eine größere Gruppe Neonazis hielt sich noch bis spät in der Nacht an dem blumenüberdeckten Ort auf, an dem letzte Woche Sonntag der deutsch-kubanische Antifaschist Daniel Hillig in einem Handgemenge laut Ermittlungsbehörden vermeintlich von einem Iraker und einem Syrer mit einem Messer tödlich verletzt wurde. Sie skandierten immer wieder laute Parolen: „Wir sind das Volk“, „Widerstand, Widerstand“ und „Lügenpresse auf die Fresse“.

Auf der anderen Seite demonstrierten am Samstag nach unterschiedlichen Angaben bis zu 4.500 Menschen mit einer Kundgebung und mit Blockaden gegen die rechtsextreme Demo. Antifaschist*innen, die teilweise viel riskierten, um sich den rechten Horden entgegen zu stellen. Aber anders als bei den großen antirassistischen Demos in Berlin und Hamburg in den Vortagen, wollten sich am Samstag in Chemnitz auch diejenigen mit den Protesten zu schmücken, die eine entscheidende Verantwortung im Aufstieg der AfD haben. Denn neben Gewerkschaften, Linkspartei und SPD hatten auch die CDU und die Grünen, aber auch die Industrie- und Handelskammer, und eine Reihe lokaler Unternehmer*innen zu der Gegenkundgebung aufgerufen.

Am Montag mobilisierten sich noch mehr Menschen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Bei einem Gratiskonzert von Bands wie Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z., Toten Hosen und anderen unter dem Motto #wirsindmehr kamen 65.000 Menschen zusammen.

Die Zahl ist beeindruckend und sendet ein starkes Zeichen. Die Aufgabe ist es jedoch, diese Menschen auch zukünftig zu Demonstrationen und Blockaden zu mobilisieren und langfristig gegen den Rechtsruck und seine sozialen und ökonomischen Ursachen zu organisieren. Ansonsten bleibt das Konzert eine leere Geste, oder kann hinter den Karren der bürgerlichen Parteien gespannt werden, die sich einen moralischen Diskurs gegen Rassismus auf die Fahnen schreiben: Selbst Bundespräsident Steinmeier hatte zu dem Konzert aufgerufen. Der Zynismus des bürgerlichen „Antifaschismus“ blieb jedoch auch dort nicht weit, denn CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer hatte gemeinsam mit der Springer-Presse Steinmeier genau dafür kritisiert, weil an dem Konzert auch Feine Sahne Fischfilet teilnahm, die vom Verfassungsschutz bespitzelt wurden.

Die AfD fusioniert mit den faschistischen Milizen

Rund 6.000 Menschen waren am Samstag dem Aufruf von AfD und PEGIDA gefolgt, mit einem „Trauermarsch“ den vermeintlichen Opfern von Merkels Asylpolitik zu gedenken. Perfiderweise meinen sie damit nicht die tausenden Geflüchteten, die jährlich im Mittelmeer ertrinken oder auf anderen Fluchtrouten sterben, sondern die Opfer des angeblichen Anstiegs der „Ausländerkriminalität“ – aller anderslautender Statistiken zum Trotz. So wie sie den Tod des Antifaschisten Daniel – Kind von Gastarbeiter*innen – instrumentalisierten, eigneten sie sich auch ein Symbol des antifaschistischen Kampfes an: die weiße Rose.

Jugendlich war ihre Demonstration bei Weitem nicht. Geschätzter Altersdurchschnitt: 50 Jahre. Die Regeln, die die AfD von den Demonstrationsbesucher*innen erwartete: schwarze Kleidung – wenn möglich mit weißer Rose –, kein Essen, kein Trinken, kein Rauchen, keine Transparente und keine Fahne außer der Deutschlandfahne. Und tatsächlich schaffte es der AfD-Demonstrationsführer und sein Bataillon an Ordner*innen, während der Demo selbst die Freien Kamaradschaften und Hooligans zu disziplinieren. Kein Wort schepperte so oft über die Lautsprecheranlagen wie jenes: „Disziplin“. Und in der Tat: Nach einigen Ermahnungen wurden die Reichsfahnen, Schilder und Transparente eingesteckt und die Parolen verstummten. Zumindest, bis die Demonstration der Rechtsextremen aufgelöst wurde und für die Nazi-Hooligans die Stunde der Jagd begann.

Die gemeinsame erfolgreiche Mobilisierung von AfD und PEGIDA ist in der Tat ein Zeichen des Erstarken des „Flügels“ der AfD um den Thüringer Landeschef Björn Höcke. Vor einem halben Jahr noch war die Zusammenarbeit mit PEGIDA in der AfD verboten. Die sich vertiefende Allianz zwischen Björn Höcke und PEGIDA-Chef Lutz Bachmann, dem ein AfD-Beitritt zwar verwehrt bleibt, der jedoch schon seit Langem regelmäßiger Gast auf Treffen des „Flügels“ ist, zeigt zum ersten Mal ihre Kraft auf der Straße. Die Einheit von AfD und PEGIDA schaffte es, die Regionalpartei Pro-Chemnitz des Neonazis und Anwalts der „Gruppe Freital“, Martin Kohlmann, in ihre Front zu zwingen, und vereinigt die zersplitterte Neonazi-Szene hinter sich. Sie disziplinierten die Hooligans und Kameradschaften für den Zeitraum der offiziellen Demonstration und ließen diese nach der Beendigung durch die Polizei ihren Terror auf dem Straßen verbreiten.

Den Rechtsextremen zufolge sei der Staat vor den linken Blockierer*innen eingeknickt und hätte den Trauermarsch nicht zugelassen, da sie eine Opposition zu den herrschenden Verhältnissen nicht toleriere (Linksradikale sind für sie nur bezahlte Schergen der Regierung). Höcke wird nicht müde zu betonen, dass sie alle Mittel des Rechtsstaates für ihren Protest nutzen, aber auch selbst Hand anlegen, wenn die politischen Führungen nicht die law and order-Auffassung der AfD durchsetzen.

Höcke, der wohl unter dem Synonym „Landolf Ladig“ seine politische Karriere bei der NPD begann , genießt viel Vertrauen in der Kameradschaftsszene. Dieses Vertrauen und die Bündnispolitik Höckes kann die neofaschistischen Schlägermilizen in die AfD integrieren und diese perspektivisch so zu einer wirklichen faschistischen Partei aufsteigen lassen. In Chemnitz haben wir in diesen Tagen wichtige Schritte in diese Richtung gesehen.

Chemnitz und eine passive Polizei

Sechs Wasserwerfer, Räumpanzer, und 1800 Polizeikräfte aus Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, der Bundespolizei und BFE waren am Samstag im Einsatz. Mit dem Argument des Mangels an Einsatzkräften wurde das Fußballspiel zwischen Dynamo Dresden und dem HSV abgesagt. Das führte zu einer noch größeren Mobilisierung der rechten Hooligans von Dynamo, welche zu hunderten statt zum Fußball gleich zur „dritten Halbzeit“ nach Chemnitz fuhren.

Obwohl die Polizei visuell Stärke demonstrierte, war sie in alle Richtungen sehr zurückhaltend. Ein Teilnehmer der antifaschistischen Proteste berichtete Klasse Gegen Klasse gegenüber: „Ich habe in all den Jahren noch nie erlebt, dass so einfach war, bei Naziblockaden auf deren Route zu kommen und auch dort zu bleiben.“ Mit der Jugendorganisation Revolution reiste er aus Berlin an, um den Naziaufmarsch zu blockieren. „Nachdem Gegendemonstrant*innen in ihrer ‚Aktion Grundgesetz‘ viele Exemplare einmal quer über die Demoroute der Nazis gestellt hatten, sind wir mit nur 30 Personen auf die Straße gegangen, um uns den Nazis wirklich in den Weg zu stellen. Die Polizei hat uns nicht wie üblich von der Straße geprügelt. Wir haben ein bisschen mit ihnen diskutiert, es gab aber noch nicht einmal eine offizielle Aufforderung, dass wir die Straße verlassen sollten.“ Nichtsdestotrotz wurde eine andere Gruppe von ca. 300 Personen, die versuchte, eine mögliche Ausweichroute der rechtsextremen Demo zu blockieren, in einer Seitenstraße gekesselt und für Stunden festgehalten.

Zwar stellte die Polizei zum Ende des rechten Trauerspiels ihre Wasserwerfer auf, um für die hunderten Kameras aus dem In- und Ausland Stärke zu demonstrieren, doch waren die ganze Zeit wenig Polizeikräfte anwesend. Sie verhinderten nicht, dass die Nazis sich weiter in Richtung der linken Gegendemonstrant*innen bewegten, diese angriffen und mehrere Antifaschist*innen verletzten. Die Nazis spazierten durch die losen Polizeiketten hindurch, während sie den Einsatzkräften auf die Schulter klopften, oder umgingen die Kette zehn Meter weiter rechts. Den Neonazis erlaubte die Polizei, sich frei über die ganze Innenstadt zu verteilen und die ganze Nacht Attacken auf Migrant*innen und Linke zu verüben.

Der Schrei nach dem Polizeistaat

„Mehr Polizei“, „Ausbau der Geheimdienste“, „der Rechtsstaat muss durchsetzungsfähig bleiben“: Das waren in der vergangenen Woche die am lautesten artikulierten Lösungsvorschläge, die von allen Parteien und der bürgerlichen Presse diskutiert wurden. Selbst die Linkspartei fiel in diesen Chor mit ein und forderte, dass die AfD endlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte . Dabei kümmert sich der Verfassungsschutz ja schon um die AfD: in Form von Beratungen oder im persönlichen Auftrag von Gauland zur Bespitzelung von Parteikollegen .

Dass eine Überwachung durch den Verfassungsschutz meist nicht gerade zu einer Schwächung von Rechtsextremen führt, zeigen Beispiele wie der NSU, des Kameradschaftsnetzwerk „Thüringer Heimatschutz“ oder der NPD: Oft haben sie die extreme Rechte gestärkt und nicht geschwächt. Und auch die aktuellen Fälle wie die Veröffentlichung des Haftbefehls im Mordfall von Daniel H. oder der Fall des „Hutbürgers“ Maik zeigen, wie eng die Repressionsorgane des Staates mit der extremen Rechten verwachsen sind.

In Folge der Auseinandersetzungen in Chemnitz wird es wohl weitere Schritte der Militarisierung nach innen geben. Gegen wen sich stärkere Repressionsorgane vor allem richten, ist klar: gegen die Kräfte, die das Regime von links in Frage stellen.

Exkurs: „Wir sind das Volk“ - wie 1989?

„1989“, ruft ein älterer Teilnehmer der rechtsextremen Demonstration am Samstag in Chemnitz mit lauter Stimme, „ist die Revolution auch von Sachsen ausgegangen. Wie heute auch waren wir erst nur tausende. Dann aber zehntausende, hunderttausende und dann ist die Diktatur gefallen. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung haben wir wieder eine Diktatur unter Merkel. Aber auch diese werden wir zu Fall bringen.“ Die umstehenden Menschen stimmen ihn mit Jawuhl-Rufen und Beifall zu. Ob Lutz Bachmann oder Martin Kohlmann: Immer wieder ziehen fast alle Rechtsextreme eine Parallele zwischen den Demonstrationen 1989 und den aktuellen Demonstrationen in Chemnitz. Zwar fordert nur eine kleine Minderheit der Neonazis separatistische Lösungen wie Pro-Chemnitz, um sich von „der BRD-Diktatur“ zu befreien, doch spielen sie fast alle mit dem Ungerechtigkeitsempfinden der „Ossis“ über die Auswirkungen der kapitalistischen Restauration.

Doch sind es nicht die „Ausländer“, die den Osten auf Geheiß der Bundesregierung invadierten, um den deutschen „Volkskörper“ zu zerstören, sondern es war das westdeutsche Kapital, welches sich nach der Wende die ehemalige DDR aneignete. Sie eroberten sich neue Absatzmärkte und ein Reservoir an 16 Millionen Billigarbeitskräften. Die gesamte ostdeutsche Volkswirtschaft wurde in nur wenigen Jahren dem Erdboden gleich gemacht. Massive Arbeitslosigkeit, soziale Verelendung und eine Verödung weiter Teile der ehemaligen DDR waren die Folge.

Die schnelle imperialistische Annexion der DDR – als Methode der kapitalistischen Restauration – brachte jedoch langfristig auch Probleme für das Kapital. Die schnelle Zerschlagung der gesamten DDR-Belegschaft machte politisch für den Westen Sinn: So konnten sie doch verhindern, dass die Planwirtschaftserfahrungen der DDR-Belegschaften einen Einfluss auf die gesamtdeutsche Arbeiter*innenklasse entwickeln konnten. Doch durch die damit einhergehende Deindustrialisierung bildeten sich viele strukturelle Probleme und lösten große Wellen des Wegzugs aus. Chemnitz verlor beispielsweise seit 1989 20 Prozent seiner Einwohner*innen. Ein Loch, das Arbeitgeberverbände gerne mit neuen Billiglohn-Arbeitskräften auffüllen würden. Der Rassismus gegen Migrant*innen wird dadurch noch weiter geschürt.

Alle Demokrat*innen gegen Rechts?

Bis auf die AfD verurteilen alle Bundestagsparteien die Nazidemos in Chemnitz. Auch wenn der größte rechte Hetzer der Regierung – der Innen- und Heimatminister Seehofer – sich kaum zu den Vorfällen äußert, kommt auch er nicht darum herum, die gewaltsamen Angriffe von rechts zu verurteilen. Neben Forderungen nach einer schärferen inneren Militarisierung wird auch immer mehr über die Mobilisierung aller Demokrat*innen gegen Rechts gesprochen. Selbst der CDU-Ministerpräsident von Sachsen appeliert an die Zivilgesellschaft, sich den Rechten entgegen zu stellen:

Auch der ehemalige westdeutsche Ministerpräsident Sachsens, Kurt Biedenkopf, spricht über die Wichtigkeit, Kräfte gegen Rechts auf der Straße zu mobilisieren. Heuchlerisch erinnert er sich bei Maischberger, wie „die jahrelange Invasion“ von Nazis am Jahrestag der Bombardierung Dresdens durch eine „Bürgerkette“ beendet wurde. Wo doch die Antifaschist*innen, die durch Blockaden den jährlichen Naziaufmarsch stoppten, massivsten Repressionen durch Polizei und Justiz ausgesetzt waren. Auch letztes Jahr schickte die sächsische Landesregierung z.B. gegen 400 Antifaschist*innen mit Maschinenpistolen bewaffnete Spezialkräfte.

Freunde der Mobilisierung von Menschen auf den Straßen waren bürgerliche Politiker*innen noch nie. Dass jetzt selbst die rechten bürgerlichen Kräfte zumindest verbal zu der Mobilisierung auf den Straßen gegen Nazis aufrufen, zeigt vor allem die Sackgasse, in der sie ihre rassistische und neoliberale Politik selbst getrieben habt. Der kapitalistische Zauberlehrling: Ihre rassistische Politik, die sie nutzten, um die Restauration des Kapitalismus und neoliberale Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse durchzuführen, hat (nicht nur in Ostdeutschland) Kräfte geschaffen, die sie nicht mehr bändigen können. Kräfte, die auch zunehmend die Interessen der deutschen Bourgeoisie in Gefahr bringen.

Die AfD ist aktuell eine Bedrohung für die Profitinteressen der Mehrheitsfraktion der deutschen Bourgeoisie. Mit ihrer wirtschaftsprotektionistischen Politik stellt sie sich gegen die Interessen der Exportwirtschaft, welche sich in einer globalen Politik des Freihandels eine goldene Nase verdient hat. Und auch der sehr radikale Rassismus steht gegen die Interessen des deutschen Kapitals, welche z.B. eine Aussetzung der Abschiebung von Geflüchteten mit einem gültigen Arbeitsvertrag fordern. Im Umkehrschluss: Wenn sie eine Kündigung riskieren, riskieren sie auch eine Abschiebung. Die Mehrheit der deutschen Bourgeoisie möchte – in begrenzten Rahmen – Geflüchtete als Billigarbeitskräfte ausbeuten. Der radikale Rassismus der AfD bedroht diese Politik.

Nichtsdestotrotz gibt es kleinere Kapitalfraktionen, die auf die AfD setzen. 2015 erhielt die AfD über acht Millionen Euro an Spenden und Krediten. Hauptspender waren unter anderem Heinrich Weiss, Ex-BDI-Chef und Eigentümer des familiären Stahlriesen SMS-Groop, und die Außenwerberfirma Wall AG. Das sind noch keine großen Fraktionen des Kapitals. Wirtschaftlich könnte die AfD jedoch wichtig für größere Flügel des deutschen Kapitals werden, wenn Merkel es nicht schafft, gegen Trump eine Freihandelspolitik aufrecht zu halten, und sie nach Alternativen suchen, die eine stärker protektionistische und bilaterale Wirtschaftspolitik umsetzen. Ein Kapitalflügel, die dies bereits länger fordert, ist die Metallindustrie. Die Gesamtmetall-Verbände spendeten zum Wahlkampf 2017 der CSU 7,7 Mio Euro: mehr als an CDU, SPD und FDP zusammen. Wenn sich die CSU weiter als unfähig erweist, könnte die AfD wirklich zu einer Alternative für die Bourgeoisie werden. Und faschistische Schlägertrupps auf den Straßen sind auch gut, um Angriffe gegen die Arbeiter*innen in Deutschland durchzuführen. Aber zur Zeit sind wir noch weit entfernt von diesem Szenario, und die rechtsextremen Kräfte auf der Straße sind für die große Mehrheit der Bourgeoisie eine Bedrohung ihrer Kapitalinteressen.

Zur Gegenkundgebung am Samstag riefen neben Gewerkschaften, Arbeiter*innenparteien und migrantischen Verbände auch die CDU und Arbeitgeberverbände auf. Und für das gestrige Konzert gegen Rechts in Chemnitz #wirsindmehr nahmen Unternehmen viel Geld in die Hand, um diese Aktion zu sponsoren. Flixbus-Gründer Daniel Krauss stellte zum Beispiel kostenlose Fahrkarten zur Verfügung und Coca-Cola Freigetränke.

Der kleinste gemeinsame Nenner ist ein moralisierter Diskurs gegen Rassismus. Doch um die neue Rechte stoppen zu können, brauchen wir mehr als symbolische Aktionen zusammen mit Vertreter*innen der rassistischen Regierungsparteien und des Kapitals. Nur die Jugend und Arbeiter*innen, die Frauen und Migrant*innen gemeinsam können den Rechtsruck stoppen. Indem wir gemeinsam für die Rechte von Geflüchteten in unseren Betrieben, Schulen und Unis kämpfen und uns gegen die Politik des Kapitals stellen, das Geflüchtete als Billiglohnkräfte ausbeuten möchte. Wir müssen weiterhin in Betrieben, Schulen und Universitäten für antifaschistische, antirassistische und antisexistische Demonstrationen mobilisieren, um an den Erfolg von Berlin, Chemnitz und Hamburg anknüpfen zu können. Und gleichzeitig müssen wir diese Kämpfe verbinden mit den ökonomischen Kämpfen der Arbeiter*innen, Studierenden und Schüler*innen.

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