Chile: Was sind die Komitees für Notfälle und Schutz?

12.12.2019, Lesezeit 9 Min.
1

Die Repression in Chile geht unvermindert weiter. Viele Menschen organisieren sich dagegen in "Komitees für Notfälle und Schutz", wie sie von unseren Genoss*innen der Partei Revolutionärer Arbeiter*innen (PTR) vorangetrieben werden. Was sind und wie funktionieren diese Komitees? Alles dazu in diesem Video.

(Danke an Lena Milsch für die Untertitel!)

Transkript des Videos

— OFF —
Es sind nicht 30 Pesos, es sind 30 Jahre: Ausplünderung, Umweltverschmutzung und das Geschäft mit den Renten. Privatisierter Zugang zu Bildung, Gesundheit und Wohnrecht. 30 Jahre Verschuldung und Armut für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, während gleichzeitig die Gewinne großer Unternehmen und ihrer Politiker*innen gewährleistet werden.

Chile ist aufgewacht! Es begann, als Tausende von Jugendlichen die U-Bahn-Drehkreuze übersprangen und einen Funken entfachten, der bei uns den Wunsch geweckt hat, alles zu verändern.

In Antofagasta gründeten Arbeiter*innen aus dem öffentlichen und privaten Sektor, Anwohner*innen historischer Viertel, Künstler*innen, Studierende, Fachleute und Menschenrechtsgruppen das — strong –„Komitee für Notfälle und Schutz“– /strong –. Ein Raum der Selbstorganisation, der sich für die Forderung nach einem Generalstreik einsetzt, bis das, was Millionen von Menschen auf den Straßen fordern, erfüllt ist: Präsident Piñera muss weg! Damit eine freie und souveräne Verfassungsgebende Versammlung durchgesetzt werden kann, die ohne Einschränkungen die Lösungen für alle unsere Forderungen beschließt und organisiert.

In einer Versammlung von mehr als 500 Personen wurde beschlossen, das „Komitee für Notfälle und Schutz“ auf Arbeiter*innen in strategischen Sektoren auszudehnen, um den landesweiten Streik voranzutreiben. Es wurden Kommissionen für Kommunikation und Zusammenarbeit eingerichtet, die die in der Versammlung beschlossenen Aktionen koordinieren und sich mit anderen Regionen abstimmen.

— Daniel Vargas – Menschenrechtskommission —
Ich gehöre dem „Komitee für Notfälle und Schutz“ an und bin Mitglied der darin entstandenen Kommission für Menschenrechte und Justiz. In unserem jüngsten Treffen haben wir die Organisation einer demokratischen Kampagne gegen die Repression seitens der Regierung beschlossen: gegen eine Regierung, die uns die Augen wegschießt, uns Tränengas ins Gesicht sprüht, uns mit Schrotkugeln beschießt, die uns bei Demonstrationen vergast, die uns in unseren Städten, in unseren Klassen, in unseren Schulen vergast.

— Menschenrechtskommission —
Es gab also verschiedene Ereignisse, die ziemlich skandalös waren, und wir als Kommission halten es für wichtig, sie zu Protokoll zu geben und zu verurteilen.

— Kommission für Kommunikation —
Die Medien greifen den Diskurs der Regierung auf, wir hingegen wollen einen unabhängigen Diskurs aller Arbeiter*innen und Studierenden begründen, die wir gerade in diesem Komitee für Notfälle und Schutz organisieren.

— Hilfskommission —
Unsere Arbeit besteht hauptsächlich darin, Brigaden zu organisieren, die die Grundversorgung für Patient*innen mit Irritationen wegen Tränengas oder mit Schrotkugeln in verschiedenen Bereichen ihres Körpers gewährleisten.
Die Brigade ermöglicht eine sofortige und schnelle Erstversorgung und bringt den Patienten danach zum Colegio de Profesores, wo wir eine viel spezialisiertere Behandlung bieten können.

— Kunstkommission —
Wir sind von der Kommission der Stadtkünstler*innen, wir haben gerade eine Aktion zur Unterstützung des Generalstreiks gemacht, denn wir werden hier getötet, sie verletzen unsere Rechte in Zeiten der Demokratie…
Wir wollen alle Künstler*innen einladen, mitzumachen, denn wir sitzen alle im selben Boot, wir dürfen nicht getrennt sein.

— OFF —
Das Komitee bleibt seinen Grundsätzen treu und traut dem Friedensabkommen der Regierung nicht, da es sich um eine politische Falle handelt, unterzeichnet hinter verschlossenen Türen von der rechtskonservativen UDI bis hin zur linksreformistischen Frente Amplio.

— Präsident Piñera —
„Wir befinden uns im Krieg.“

— OFF —
Währenddessen wird die Bevölkerung von Antofagasta, Santiago, Valparaíso und Concepción von Spezialeinheiten und der Polizei brutal unterdrückt, mit Hunderten von Verwundeten, Gefolterten und Ermordeten im ganzen Land.

— Patricia Romo —
Im Moment gibt in Bonilla zwei Minderjährige, die mit Schrotkugeln am Auge verletzt wurden und nicht behandelt werden können, da auch die Erste Hilfe belagert wird.

— Hector Maturana —
Ich bin dem Aufruf zur Demonstration gefolgt, denn es muss weitergehen, wir müssen die Verbrechen und Folter anprangern und bekämpfen.

— Brigade Erste Hilfe —
Im Prinzip kämpfen wir für eine würdige Rente, für eine würdige Gesundheit. Es kann nicht sein, dass Polizei und Militär Luxuskrankenhäuser mit Maschinen haben, die durch Nichtbenutzung kaputt gehen, während wir 250.000 Menschen haben, die auf eine Behandlung im öffentlichen Gesundheitswesen warten.

— Lehrer*innen der Schule D-121 —
Wir glauben, dass die Entscheidung der Regierung, das Gesetz zur Inneren Sicherheit anzuwenden, völlig übertrieben ist, und deshalb fordern wir weiterhin die sofortige Freilassung von Roberto Campos [Lehrer, der wegen angeblichem Vandalismus in einer U-Bahn-Station in Untersuchungshaft sitzt].

— Hilfskommission —
Hier befinden wir uns in dem Komitee, das in Bonilla eingerichtet wurde.
Wir befinden uns fast in einer Kriegssituation. Es ist nicht normal, dass die Polizei uns so behandelt.

— Bewohnerin des Ortes „Cachimba del Agua“ —
Wir sind gegen dieses System. Wir werden weiter kämpfen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, damit der Bergbau seine Arbeit einstellt, und nicht nur für einen Tag. Wir werden dafür kämpfen, dass dies weiter geht. Das Einzige, worum ich alle von Herzen bitte, ist, dass dies nicht aufhört. Es ist klar geworden, dass wir viel mehr sind, dass unsere Macht als Volk viel größer ist, dass wir das Land wirklich bewegen können.

— Sekundarschülerin —
Es kann nicht sein, dass man mit der Angst leben muss, von den Carabineros erschossen zu werden, und man sich gleichzeitig darum sorgen muss, versetzt zu werden und Prüfungen abzulegen. Es kann nicht sein, dass man die Schule verlässt und noch in Schuluniform vor der Polizei wegrennen muss, dass man mit der Uniform demonstrieren gehen muss…

— Rosana Olivares – Kampagne gegen die Privatrente AFP – Antofagasta —
Was mich am meisten erschüttert hat, sind die Kugeln, die die Carabineros auf die jungen Leute schossen, sie haben ihre Wut an ihnen ausgelassen… das hat mich sehr mitgenommen, zu sehen wie ein Verwundeter nach dem anderen kam. Ich bitte die Carabineros, dass sie sich bewusst werden, was sie da tun, es ist höchste Zeit. Denn was sie tun, ist Mord. Sogar sehr junge Menschen kamen mit Wunden direkt neben ihren Augen an. Das ist es, was mich wirklich erschüttert hat. Ich bin Mitglied im Komitee für Notfälle und Schutz und sehr stolz darauf. Wir müssen es tun, wir müssen uns dem Komitee anschließen, denn die Jugend, die Kinder, sie brauchen es.

— Nachbarin aus Miramar —
Es gibt wenig junge Menschen hier. Unsere Bevölkerung besteht größtenteils aus älteren Menschen und Kindern, und selbst das respektieren sie nicht. Vor kurzem haben sie sieben Tränengasgranaten in den Hinterhof eines Hauses geworfen, sieben! In diesem Haus wohnen 4 Rentner*innen, zwei Kinder und zwei junge Erwachsene. Nicht einmal das berücksichtigen sie.

— OFF —
„Schluss mit der Repression durch die Regierung von Piñera, für das Demonstrationsrecht“ ist der Slogan der Kampagne des Komitees. Es fordert die Verurteilung und Bestrafung der Verantwortlichen der Repression, damit diese nicht straflos davonkommen. Im Komitee sind die wichtigsten Sektoren der Arbeiter*innenklasse, konzentriert in den Häfen, im Verkehr, im Bergbau, in der Industrie, in der Forstwirtschaft, zusammen mit den Nachbarschaften und organisierten armen Sektoren, Frauen, Jugendlichen und Studierenden repräsentiert.

Verteidigen wir unser Demonstrationsrecht gegen die Repression! Gegen die institutionellen Fallen, Täuschungen und Straflosigkeit!

— Minenarbeiter*innen von La Escondida —
Piñera, hör zu, geh zum Teufel!

— Alejandro Lilis – Gewerkschaft der Hafenarbeiter*innen Chiles —
Heute hat die Gewerkschaft der Hafenarbeiter*innen in Chile vereint die Häfen von Iquique bis Punta Arenas lahmgelegt. Genoss*innen, als Hafenarbeiter*innen dürfen wir uns heute nicht unterdrücken lassen. Heute wurden wir unterdrückt, weil wir unsere Kinder, unsere Familien verteidigen. Und die Gesellschaft sieht uns dabei…. Gemeinsam, Genoss*innen, gemeinsam als Volk werden wir dieses Land aufbauen, denn das ist es, was wir brauchen, wir müssen mehr denn je vereint sein.

Wir Hafenarbeiter*innen, Genoss*innen, wir werden streiken, wir werden jeden Kampf des Volkes begleiten. Weil wir es diesem Volk schuldig sind. Schaut euch die Straßen an, es fehlen viele; wir Arbeiter*innen machen einen entschiedenen Aufruf, damit wir morgen und an allen weiteren Tagen, an denen wir auf der Straße sind, alle anwesend sind: alle produzierenden Sektoren, alle Sektoren des Handels, wir alle werden hier auf der Straße sein. Antofagasta ist aufgewacht und wir stehen alle in dieser Situation zusammen.

— OFF —
Die Generalstreiks und die großen Mobilisierungen haben uns gezeigt, dass die Kraft zum Sieg vorhanden ist. Es ist wichtiger denn je, dass der „Tisch der Sozialen Einheit“ und alle Gewerkschaften einen ernsthaften Schlachtplan mit gestaffelten Streiks ausarbeiten, zur Beendigung der Repression und der 30 Jahre Elend.

Damit wir diejenigen sind, die über unsere Zukunft entscheiden und sie selbst organisieren (und nicht die Gleichen wie immer), lasst uns die Koordination verstärken und Komitees für Notfälle und Schutz in ganz Chile errichten!

Mehr zum Thema